Kommentar von Fabian Havlik
10.01.2022
Fabian Havlik ist Logistiker. Sein erster Einsatz mit Ärzte ohne Grenzen hat ihn in die Demokratische Republik Kongo geführt. Hier erzählt er von seinen ersten Wochen.

Ich sitze am Balkon und lausche dem Geräusch der Regentropfen, wie sie sanft auf das Wellblechdach prasseln. Ich genieße die durchgehende Frische in der Luft, die die Regenzeit hier mit sich bringt. Alles blüht und die Landschaft ist wunderschön grün. Außerdem bedeutet Regenzeit nicht, dass es durchgehend nass und bewölkt ist. Die Sonne kommt oft durch und lässt die Landschaft in saftigsten Grüntönen leuchten. Solche Farben kennt man bei uns gar nicht.  

Es ist mein erster Einsatz mit Ärzte ohne Grenzen. Deswegen wusste ich vorher nicht so wirklich, was mich erwarten wird.

Ich bin jetzt seit mehr als zwei Monaten in Bukavu, im Osten der Demokratischen Republik Kongo. Als Logistiker betreue ich vier Hauptaufgaben, bei denen ich von Kolleg:innen aus dem Kongo unterstützt werde. Ich kümmere mich um den Fuhrpark, also um unsere Autos, deren Chauffeur:innen und die Planung der Fahrten in die Projekte. Ich bin verantwortlich für die Instandhaltung unserer Gebäude, deren Energie- und Wasserversorgung. Ich stelle sicher, dass die Kommunikation über Funk, Telefonnetz und sogar über Satellit funktioniert und vor allem achte ich auf die Anwendung unserer Sicherheitsprotokolle und das Managen unseres Sicherheitspersonals. Das ist viel zu tun, aber inklusive der Chauffeur:innen und Wächter:innen sind es immerhin 55 Mitarbeiter:innen, mit denen ich zusammenarbeite.  

Ich lebe mit den anderen Mitarbeiter:innen von Ärzte ohne Grenzen in einem Haus. Wir verbringen viel Zeit beim gemeinsamen Essen oder Plaudern. Wir sind um die 20 Personen aus der ganzen Welt. Es gibt also immer Gesprächsstoff.  

Mit dem Flugzeug ins Projekt

Bukavu, wo ich wohne und arbeite, ist eine größere Stadt im Osten des Landes. Ungefähr eine Million Menschen leben hier. Die Stadt gilt im Vergleich zu den umliegenden, entlegeneren Gebieten als relativ sicher. Das ist auch ein Grund, warum wir die Stadt nur zu bestimmten Anlässen verlassen können.  

Letztens war so ein Anlass. Wir mussten zum Flughafen, der etwa 40 Kilometer außerhalb der Stadt liegt. Für die 40 Kilometer über Feldwege und nicht asphaltierte Straßen haben wir zweieinhalb Stunden gebraucht. Warum sind wir überhaupt zum Flughafen gefahren?  

28 Mal so groß wie Österreich

Habt ihr euch schon mal einmal gefragt, wie medizinische Hilfsgüter zu den Einsatzprojekten, die über das ganze Land verteilt sind, kommen? Die Demokratische Republik Kongo ist ungefähr 28 Mal so groß wie Österreich.

Das heißt viele Transporte, vor allem wenn es schnell gehen muss, werden mit dem Flugzeug gemacht.

Da auch unsere medizinische Nothilfe vor allem in entlegeneren Gebieten gebraucht wird, bringen wir von Bukavu und anderen größeren Städten Material und Personal mit dem Flugzeug in die Projekte. Wir reden hier aber nicht von großen Linienflugzeugen und einem internationalen Flughafen, sondern kleinen Maschinen und einer Rollbahn - dafür ist das aber sehr effizient.  

Diesmal haben wir unser Projekt in Salamabila, ungefähr 45 Minuten mit dem Flugzeug entfernt, beliefert. An Bord waren Medikamente für unser Krankenhaus, einige logistische Güter, wie Werkzeuge und Ersatzteile aber auch Lebensmittel für unsere Kolleg:innen. Lebensmittel kann man natürlich auch vor Ort kaufen, allerdings ist die Auswahl sehr beschränkt.  

Mein Potential voll ausschöpfen

Es ist mein erster Einsatz mit Ärzte ohne Grenzen. Deswegen wusste ich vorher nicht so wirklich, was mich erwarten wird. Aber je länger ich hier bin, desto mehr merke ich, wie viel Verantwortung ich eigentlich trage. Nach der ersten Eingewöhnungsphase bin ich voll angekommen. Und das haben auch meine Kolleg:innen bemerkt.

Ich merke, dass viel von mir erwartet wird und ich bin auf ganzer Linie gefordert. Und ich muss sagen, ich liebe es. 

Ich fühle mich, als würde ich hier mein volles Potential ausschöpfen. Auch sehe ich hier jeden Tag, wie sehr sich die Ausbildung, mein Maschinenbaustudium, ausgezahlt hat. Das ganze theoretische Wissen und auch das vernetzte Denken, das ich mir während des Studiums angeeignet habe, machen sich hier voll bezahlt. Aber natürlich auch meine Sprachkenntnisse, vor allem Französisch und Englisch, werden hier auf die Probe gestellt. 

Und schön ist es natürlich zu wissen, dass ich meine Fähigkeiten hier für eine gute Sache einsetzen kann. Und, dass ich Menschen hier wirklich helfen kann – auch wenn ich nicht direkt mit Patient:innen in Kontakt bin.  

Ich bin schon sehr gespannt, was die nächsten Wochen bringen werden und freue mich schon auf neue Herausforderungen. Ich werde euch am Laufenden halten.