08.07.2021
Der jüngste Staat der Welt feiert am 9. Juli seinen 10. Unabhängigkeitstag. Trotz seines jungen Alters blickt der Südsudan auf eine schwere Kindheit zurück.

Der Südsudan ist der jüngste Staat der Welt. Am 9. Juli feiert er seinen 10. Unabhängigkeitstag. Trotz seines jungen Alters hatte der Südsudan keine leichte Kindheit: ein 5-jähriger Bürgerkrieg und anhaltende Konflikte sorgten für hunderttausende Tote und Millionen Vertriebene. 

Ärzte ohne Grenzen ist seit 1983 im südlichen Sudan präsent. Seit der Unabhängigkeit im Jahr 2011 sind unsere Teams bei humanitären und medizinischen Krisen im Südsudan vor Ort und leisten Nothilfe. 

10 Geschichten von Menschen, Ereignissen und unsere Arbeit vor Ort - eine Timeline von Südsudans Unabhängigkeit bis heute:

2011: Die Unabhängigkeit

Der Südsudan erklärt nach einem Referendum und über 20 Jahren Krieg offiziell seine Unabhängigkeit vom Sudan.

Q. Sakamaki
Q. Sakamaki

Sudanes:innen kehren vom Norden in den Süden zurück. Vielen von ihnen sind auf humanitäre Hilfe und Lebensmittelverteilungen angewiesen.

2012: Der "Wasser-Esel"

Der lange Krieg zwischen Norden und Süden hat vielen Menschen die Lebensgrundlage genommen. Lager für Geflüchtete und Vertriebene wachsen täglich. Ärzte ohne Grenzen leistet medizinische Nothilfe. 

Yida, Refugee Camp
Eddy McCall/MSF

Unser „Wasser-Esel“ sorgt dafür, dass genug sauberes Wasser im Lager zur Verfügung steht, um medizinische Versorgung sicher zu stellen. 

2013: Beginn des Bürgerkriegs

Ein Bürgerkrieg bricht aus - geprägt von Massakern, brutalen und gezielten Tötungen von Zivilist:innen, weit verbreiteten Vergewaltigungen, der Rekrutierung von Kindersoldaten und anderen Gräueltaten.

MSF Clinic: inpatient department and surgical capacity, Gogrial, Warrap State. South Sudan
Isabel Corthier/MSF

Unsere Teams behandeln vermehrt Schuss- und andere Verletzungen von Gewaltverbrechen.

2014: 1,4 Millionen Vertriebene

Vacci in Leitchuor refugee camp
MSF

Der Krieg zwingt Südsudanes:innen zur Flucht. Das Land zu verlassen ist für viele unmöglich, die meisten fliehen innerhalb des Landes. Laut UNHCR sind es über 1,4 Millionen Vertriebene. Viele finden nur Zuflucht in überfüllten Lagern. 

2015: Seit zwei Tagen zu Fuß ...

Nakoch ist eine von ihnen. Wegen der extremen Gewalt in ihrer Heimat musste sie fliehen. Seit zwei Tagen ist sie zu Fuß unterwegs, ihre eineinhalb jährige Tochter auf dem Arm und ihren sechs Monate alten Sohn am Kopf in einem Korb balancierend. 

Dec 2013 - 2015: Relentless violence in Unity State, South Sudan
Dominic Nahr/MAPS

2016: Der "fliegende Bauunternehmer"

Pasquale ist Südsudanese, der ursprünglich aus dem Osten des Landes stammt. Seit einigen Jahren arbeitet er bei Ärzte ohne Grenzen. Man nennt ihn den „fliegenden Bauunternehmer“. Er ist dort im Einsatz, wo er gebraucht wird und baut, was gebaut werden muss. Der Ausbau der Infrastruktur und von Schutzvorrichtungen in den Lagern liegt ihm besonders am Herzen. 

Pasquale Alimu Lokanga, 'flying contractor'
Tom Barnes

2017: Ein Wiener im Südsudan

Als Logistiker sorgt der Wiener Georg Geyer dafür, dass eine medizinische Infrastruktur sichergestellt werden kann. Fünf Monate lang ist er im Südsudan und sieht mit eigenen Augen, was der Krieg dort anrichtet:

Georg Geyer Vorstandsmitglied Ärzte ohne Grenzen

Unsere Arbeit als Gesundheitspersonal ist gefährlich. Wir folgen den Menschen überall hin. Einmal habe ich zusammen mit anderen acht Stunden im Sumpf verbracht. Wir mussten uns vor bewaffneten Männern verstecken. Trotz allem liebe ich diesen Job. Ich liebe es, den Menschen hier zu helfen. 

Georg Geyer
Outdoors support clinics, Thaker. Leer, South Sudan
Siegfried Modola

2018: Der Bürgerkrieg ist zu Ende

Ein neues Friedensabkommen beendet fünf Jahre Bürgerkrieg, bei dem etwa 400.000 Menschen ums Leben kamen und Millionen aus ihren Häusern vertrieben wurden.

Emin Ozmen, MSF in Bentiu, Thaker & Dhorjak
Emin Ozmen/Magnum Photos

Wie kann ich an Frieden glauben? Ich weiß nicht, wann ich das Lager verlassen kann und ich weiß nicht, was passiert, wenn ich in mein Zuhause zurückkehre, wenn es noch da ist.

Thuoy, 50, lebt in einem Vertriebenenlager

2019: Schlangenbisse

In Agok, im Norden des Landes, sind Schlangenbisse eine häufige Todesursache. Viele arbeiten ohne Schuhe in den Feldern oder schlafen im Freien und sind Schlangen so hilflos ausgesetzt. 

Sketches of the daily life of Agok Hospital
MSF/Lucille Favre

Unsere Teams behandeln Schlangenbisse in einer Klinik in Agok. 

2020: Ein zusätzliches Problem - der Klimawandel

Responding to Severe Flooding in Old Fangak - South Sudan
Tetiana Gaviuk/MSF

Die Regenzeit wird immer unberechenbarer. Es kommt vermehrt zu großflächigen Überschwemmungen. Ernteausfälle, der Verlust von Zuchtvieh und Ausbrüche von Epidemien sind die Folgen. Ein zusätzlicher Grund für viele, neben Gewalt und Konflikten, ihre Häuser zu verlassen. 

2021: Die Gegenwart

Bentiu Internally Displaced Persons Camp
MSF/Lauren King

Der Blick auf das größte Vertriebenenlager im Südsudan. Über hunderttausend Menschen leben hier. 

Insgesamt leben heute 1,6 Millionen Südsudanes:innen als Vertriebene im Land. 

Die Gesundheitsversorgung ist nach wie vor unzureichend. Patient:innen müssen teilweise tagelange Fußmärsche auf sich nehmen, um das nächstgelegene Gesundheitszentrum zu erreichen. 

Geschätzte zwei Drittel der Bevölkerung sind auf humanitäre Hilfe angewiesen. 

Unsere Hilfe in Zahlen

Im Jahr 2020 leisteten wir:

  • 688.000 ambulante Sprechstunden
  • 195.300 Malaria-Behandlungen
  • 1.460 Masern-Behandlungen
  • 54.300 stationäre Neuaufnahmen
  • 13.400 Entbindungen
  • 5.100 chirurgische Eingriffe
  • 820 Behandlungen infolge sexueller Gewalt
  • 2.050 stationäre Aufnahmen von Kindern ins Ernährungsprogramm