31.03.2025
Im Südsudan und in Äthiopien bahnt sich auf beiden Seiten der Grenze eine humanitäre Krise an. Die eskalierende Gewalt, Vertreibung und Cholera treiben die Menschen an den Abgrund, warnt Ärzte ohne Grenzen.

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Die Zusammenstöße zwischen Regierungstruppen und bewaffneten Gruppen, die im Bundesstaat Upper Nile im Südsudan begonnen haben, drohen auf andere Landesteile überzugreifen. Währenddessen bekommt die äthiopische Region Gambella bereits die Auswirkungen dieser Gewalt zu spüren. Nach Angaben der Vereinten Nationen sind seit Anfang März etwa 10.000 Vertriebene in Äthiopien angekommen. 

„Wir sehen, wie diese Gewalt bereits die Ausbreitung der Cholera in mehreren Gebieten vorangetrieben hat. Ein größerer, eskalierender Konflikt könnte das ganze Land in eine noch nie dagewesene humanitäre Katastrophe stürzen“, sagt Zakaria Mwatia, Landeskoordinator von Ärzte ohne Grenzen im Südsudan. „Wir rufen alle Konfliktparteien dringend dazu auf, den Schutz der Zivilbevölkerung, des medizinischen Personals und der medizinischen Einrichtungen zu gewährleisten und ungehinderten Zugang für humanitäre und medizinische Hilfe zu gewähren.“  

Der Südsudan hat seit dem vergangenen Jahr mit Choleraausbrüchen in verschiedenen Teilen des Landes zu kämpfen. Die jüngste Welle breitet vom Bundesstaat Upper Nile weiter in den benachbarten Regionen Jonglei und Greater Pibor Administrative Area sowie in der äthiopischen Region Gambella aus. Ärzte ohne Grenzen behandelt dort Betroffene, während die Fallzahlen stetig steigen. Seit Anfang März haben die Teams der Organisation im Südsudan mehr als 1.000 Cholera-Patient:innen behandelt und über 30 Patient:innen aufgenommen, die durch die Gewalt verwundet wurden. 

In der äthiopischen Gambella-Region haben Mitarbeitende von Ärzte ohne Grenzen in Zusammenarbeit mit dem Gesundheitsministerium seit März mehr als 560 Patient:innen mit Cholera behandelt. Teams der Organisation kümmern sich auch um Wasser- und Sanitärversorgung. Mit ihrer Aufklärung zu Schritten gegen Cholera und zur Wasseraufbereitung haben sie bereits mehr als 5.000 Menschen erreicht.  

„In Nasir, wo ich herkomme, werden Menschen getötet. Deshalb bin ich hierhergekommen“, sagte eine südsudanesische Mutter, die vor Kurzem im äthiopischen Burbeiye angekommen ist. „Wir hatten nichts zu essen und als wir eine Pause einlegten, wurden meine Kinder krank. Nirgends gab es eine Gesundheitseinrichtung, in die wir hätten gehen können.“  

Die Lage wird stetig schlimmer. Tausende überqueren auf der Flucht vor der Gewalt im Südsudan die Grenze. In Burbeiye im Gebiet Wanthoa Woreda ist fast über Nacht ein neues Lager entstanden. Den Behörden zufolge leben hier mehr als 6.500 Neuankömmlinge, darunter viele Frauen, Kinder und ältere Menschen. 

Ausgerechnet jetzt drohen große Teile der finanziellen Hilfe für Äthiopien und Südsudan wegzufallen, unter anderem aufgrund der jüngsten Streichungen bei USAID. Ärzte ohne Grenzen nimmt selbst keine Mittel von der US-Regierung an. Jedoch werden sich die Kürzungen stark auf die Kapazitäten anderer humanitärer und medizinischer Organisationen auswirken, auf Krisen wie diese zu reagieren.  

„In Akobo im südsudanesischen Bundesstaat Jonglei und andernorts beeinträchtigen die Mittelkürzungen die Cholera-Hilfe bereits jetzt“, so Zakaria. „Nachdem die US-Mittel gekürzt wurden, mussten mehrere mobile Kliniken schließen. Auch einige Organisationen und Gesundheitseinrichtungen mussten ihre Arbeit komplett einstellen. Was sich hier zeigt, ist Teil eines breiteren Trends im ganzen Land.“ 

Inmitten größter Schwierigkeiten, den eigenen medizinischen und humanitären Bedarf zu decken, belastet die Ankunft von mehr als einer Million sudanesischer Kriegsvertriebener das südsudanesische System zusätzlich. Es droht eine weitere Ausbreitung der Cholera.  

„Wir fordern die Geber:innen dringend auf, angesichts dieser eskalierenden Krise Mittel für die Nothilfe im Südsudan und im benachbarten Äthiopien bereitzustellen“, sagt Zakaria. 

Werner Reiter | Ärzte ohne Grenzen

Werner Reiter

Press Officer