30.06.2022
Am Montag, den 27. Juni 2022, war im zentralen Mittelmeer ein Schlauchboot gekentert. Mindestens 30 Menschen sind seitdem vermisst, 71 konnten wir retten.

Update: Am 2. Juli, nach fast 5 langen Tagen des Wartens, verabschiedete sich unser Team von den Überlebenden im Hafen von Taranto, der uns zuvor zugeordnet wurde. Auch die schwangere Frau, die ums Leben kam, wurde gestern ebenfalls an Land gebracht. Wir vergessen nicht die über 30 Menschen, die am selben Tag ebenfalls starben. Unsere Gedanken sind auch bei den 30 Vermissten und all den anderen, die sich weiterhin auf diese tödliche Route begeben werden, um aus Libyen zu fliehen. Der Verlust von Menschenleben in der Zentral- und Mittelmeerregion wird nicht aufhören, wenn die europäischen Regierungen weiterhin die Augen davor verschließen.

Die Geo Barents - unser Such- und Rettungsschiff im Mittelmeer - ist auf dem Weg Richtung italienischer Küste. Bei den italienischen und maltesischen Behörden haben wir bereits um einen Hafen angefragt, wo die Geflüchteten nach ihrer dramatischen Rettung im Mittelmeer so bald wie möglich von Bord gehen können. Ihr psychischer Zustand soll sich nicht noch weiter verschlechtern. Die EU-Mitgliedsstaaten müssen die Such- und Rettungskapazitäten im Mittelmeer ausweiten, um zu verhindern, dass dort weitere Menschen sterben.  

 

Bilder vom 27. Juni

Rotation 12 - Rescues 1
Anna Pantelia/MSF

Rotation 12 - Rescues 1
Anna Pantelia/MSF

Rotation 12 - Rescues 1
Anna Pantelia/MSF

Eine Schwangere starb trotz umfassender Wiederbelebungsversuche unseres medizinischen Teams. Drei weitere Menschen, darunter ein vier Monate altes Baby, brauchten Notversorgung. Das Baby musste gemeinsam mit seiner Mutter noch in der Nacht per Helikopter medizinische evakuiert werden. Unser Team betreut die übrigen Überlebenden der Rettungsaktion an Bord der Geo Barents. Die meisten von ihnen sind sehr schwach und stehen unter Schock. Wir sammeln derzeit Informationen zu den Vermissten. Fünf Frauen berichteten, dass sie ihre Kinder im Meer verloren haben, eine weitere junge Frau verlor ihren kleinen Bruder. Unter den Vermissten sind auch Kinder, drei davon einjährige Babies.

Evakuierung mit dem Hubschrauber

Rotation 12 - Rescues 1
Anna Pantelia/MSF

Rotation 12 - Rescues 1
Anna Pantelia/MSF

Rotation 12 - Rescues 1
Anna Pantelia/MSF

Stimmen der Einsatzmitarbeiter:innen

Juan Matias Gil, HoM in Colombia

Dieses traumatische Ereignis ist eine direkte Folge der Untätigkeit europäischer Staaten.

Juan Matias Gil, Leiter unseres Such- und Rettungseinsatzes

„Die Mittelmeer-Anrainerstaaten wie Italien und Malta ziehen sich immer weiter zurück. Tragödien vor Europas Haustür kosten Tausende Menschenleben, während die EU-Staaten gleichgültig schweigen. Eigentlich läge es an den Regierungen, diesen Menschen zu helfen. Organisationen wie Ärzte ohne Grenzen können die große Lücke in der Seenotrettung nicht füllen.” 

Geo Barents staff: Stefanie Hofstetter

Die Überlebenden sind erschöpft.

Stefanie Hofstetter, medizinsche Teamleiterin auf der Geo Barents

„Viele von ihnen haben viel Meerwasser geschluckt, einige litten nach Stunden im Wasser an Unterkühlung. Mindestens zehn Menschen, vor allem Frauen, haben sich zudem mittelschwere bis schwere Verätzungen mit Treibstoff zugezogen und müssen dringend im Krankenhaus behandelt werden.” 

Jetzt helfen!