Japan: Psychologenteam arbeitet mit Tsunami- und Erdbeben-Opfern

05.04.2011
Bewältigung des Erlebten wird bearbeitet
Japan 2011
Yozo Kawabe/MSF
Kesennuma, Japan, 17.03.2011: Dr. Yoshitaka Nakagawa von Ärzte ohne Grenzen untersucht eine Patientin.

Ein Team von sechs japanischen Psychologen und Psychologinnen hat seine Arbeit mit Überlebenden des schweren Erdbebens und der Tsunami im Nordosten des Landes aufgenommen.

Ärzte ohne Grenzen hatte einen Tag nach dem Beben und den Flutwellen ein Team in die betroffenen Gebiete geschickt und arbeitet seither kontinuierlich in diesem Gebiet. Mithilfe kleiner und sehr mobiler Teams ermittelte Ärzte ohne Grenzen Menschen, die die massive nationale Hilfe noch nicht erreicht hatte und errichtete mobile Kliniken. Hauptanliegen des zwölfköpfigen Teams war die Behandlung chronischer Krankheiten bei Menschen, deren übliche Behandlung durch die Naturkatastrophe am 11. März unterbrochen worden war.

Zusätzlich zum Betrieb der mobilen Kliniken in Minami Sanriku in der Präfektur Miyagi und in Taro in der Präfektur Iwate evaluierte das Team den weiteren Bedarf an Hilfe. Die Evaluierung ergab, dass der medizinische Bedarf von den nationalen Ärzten und Ärztinnen weitgehend abgedeckt wurde, aber Ärzte ohne Grenzen im Bereich der psychologischen Hilfe verstärkte Unterstützung anbieten konnte.

Erinnerungen, Flashbacks, Alpträume

„Obwohl einige Menschen über Bewältigungsstrategien verfügen und mit der Situation, in der sie sich plötzlich befinden, umgehen können, gibt es andere, für die diese Bewältigung schwieriger ist“, erklärte Ha Young Lee, Koordinatorin des psychologischen Teams von Ärzte ohne Grenzen, das am Dienstag die betroffene Region erreichte.

„Die Menschen haben eindringliche Erinnerungen an das Ereignis, Flashbacks, Alpträume. Es passiert, dass Menschen sich zurückziehen und sich nicht mitteilen. Manche von ihnen können nicht schlafen und essen. All diese Dinge können sie sehr verändern und großes Leid verursachen“, so Ha Young.

Kinder besonders verwundbar

Ha Young hat bereits nach dem Tsunami 2005 in Banda Aceh und in einem Projekt für Flüchtlinge aus Nordkorea in Seoul für Ärzte ohne Grenzen gearbeitet. Sie wird ein Team bestehend aus sechs Psychologen des japanischen Verbands klinischer Psychologen koordinieren. Zu Beginn plant das Team seine Aktivitäten auf Kinder und ältere Menschen zu konzentrieren. Das erste Team, das am Dienstag ankam, bleibt zwei bis drei Wochen.

„Kinder sind besonders verwundbar. Für sie kann es schwierig sein zu verstehen, was vor sich geht. Sie haben nur eingeschränkt Raum, ihre Gefühle frei auszudrücken. Sie haben die Möglichkeit verloren, zu lernen und zu spielen“, sagt Ha Young. „Wir werden uns ansehen, welche Art von Bewältigungsmechanismen bereits in der Gemeinschaft selbst entstanden sind und werden unsere Aktivitäten darauf aufbauen“, erklärt die psychologische Koordinatorin.

Seit dem Start des Nothilfeeinsatzes am Tag nachdem Japan von Erdbeben und Tsunami getroffen wurde, hat Ärzte ohne Grenzen mehr als 1000 medizinische Behandlungen durchgeführt. Die Mehrheit der Patienten war über 60 Jahre alt und litt vor allem unter Bluthochdruck und Infektionen der oberen Atemwege. Ärzte ohne Grenzen wird die Evaluierungen in den Provinzen Miyagi und Iwate, wo die MSF-Teams arbeiten, fortsetzen und die Hilfsaktivitäten laufend an die Bedürfnisse der Bevölkerung anpassen.