21.06.2023
Die Menschen, die in der Provinz Nampula in Mosambik leben, sind besonders stark von den gesundheitlichen Folgen der Klimakrise betroffen. Patricia Otuka-Karner, die Leiterin unserer Pressestelle, berichtet von vor Ort.

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Klima-Hotspot Mosambik
Patricia Otuka-Karner / MSF
Patricia Outuka-Karner vor unserem Gesundheitszentrum in Nampula

Angeblich ist es eine der besten Straßen, dennoch brauchen wir fast zwei Stunden für etwas über 40 Kilometer als wir frühmorgens aufbrechen, um von unserem Büro im Städtchen Nametil nach Muatua zu gelangen. Es geht auf einer unebenen Staubstraße vorbei an kleinen Lehmhütten. Nur ein paar Häuser stehen hier, eines davon ein kleines Gesundheitszentrum. Es ist eines von acht, die wir hier im Distrikt Mogolovas in der Provinz Nampula unterstützen. 

Mosambik ist unter den zehn Ländern, die weltweit besonders stark von den Auswirkungen der Klimakrise betroffen sind. Aufgrund der geografischen Lage und der langen Küstenlinie ist es anfällig für extreme Wetterereignisse. 

Überschwemmungen und Dürren

In den letzten Jahren war das Land nicht nur mit Überschwemmungen oder Dürren, sondern auch mit Wirbelstürmen konfrontiert, wobei letztere an Intensität und Häufigkeit zugenommen haben. Zuletzt hat im März der Zyklon Freddy ganze Städte und Dörfer zerstört. 1,2 Millionen Menschen waren allein in Mosambik betroffen.

Es ist wahnsinnig heiß, viel zu heiß dafür, dass eigentlich Winter sein sollte.

Als wir in Muatua ankommen herrscht in der Klinik bereits Hochbetrieb. Eine große Menschenmenge hat sich auf der kleinen schattigen Veranda und unter den umstehenden Bäumen versammelt und wartet geduldig darauf, dass die Ärzt:innen und das Pflegepersonal die Patient:innen nach der Reihe behandelt. 

Auch eine kleine Apotheke befindet sich am Gelände. Es sind viele Mütter mit ihren Kindern, die Kleinsten in bunten Tüchern am Rücken tragend, aber auch ältere Menschen. Es ist wahnsinnig heiß, viel zu heiß dafür, dass eigentlich Winter sein sollte. 

Schon mal von lymphatischer Filariose gehört?

Unsere mobilen Teams besuchen regelmäßig die acht Gesundheitszentren und betreiben Gesundheitsaufklärung. Als wir ankommen ist gerade eine Einheit im Gange: Während die Patient:innen warten, werden sie über unterschiedlichste Gesundheitsthemen informiert. Gerade ist es ein Vortrag zu HIV/AIDS-Prävention, später werden noch die Symptome von lymphatischer Filariose erläutert. Ich versuche den Ausführungen zu folgen, denn auch ich weiß – wie vermutlich viele Österreicher:innen – sehr wenig über diese Krankheit. 
 
Lymphatische Filariose ist eine vernachlässigte Tropenkrankheit und wird durch Fadenwürmer oder Bakterien ausgelöst, die durch Mückenstiche in die Haut gelangen. Eine Ausprägung der Krankheit wird auch Elephantiasis, Elefantenmann-Syndrom, genannt, weil sie in fortgeschrittenem Stadium zu einer abnormen Vergrößerung eines Körperteils, beispielsweise der Beine oder Arme aber auch der Genitalien, durch einen Lymphstau führt.  

Lymphatische Filariose tritt in der Region besonders häufig auf. Ihre Verbreitung wird durch die Folgen der Klimakrise befeuert. 

Trockenzeit wird länger

Die Patient:innen und Kolleg:innen mit denen ich spreche berichten außerdem, dass Malaria, die früher saisonal war und hauptsächlich während der Regenzeit aufgetreten ist, heute das ganze Jahr über Menschen krank macht. Die Regenfälle, sagen sie, haben sich im Laufe der letzten Jahre verändert. 

Insgesamt, so berichten die Menschen, regnet es weniger.

Die Trockenzeit wird zunehmend länger, es regnet aber in den kürzeren Zeiträumen dazwischen stärker. Dadurch bleiben Tümpel stehen, die Brutstätten für Moskitos sind, die Malaria übertragen. Die starken Regenfälle spülen aber auch Ernten weg und beeinträchtigen die Landwirtschaft. Eine Kettenreaktion, die wiederum die Nahrungsmittelproduktion und auch das Einkommen der Menschen verringert. Dadurch kann es zu Ernährungsunsicherheit kommen. 

Insgesamt, so berichten die Menschen, regnet es aber weniger. Der Zugang zu sauberem Wasser ist in der Region generell ein großes Problem. Das ist auch einer der Gründe, warum hier auch Bilharziose, eine der vernachlässigten Tropenkrankheiten, sehr verbreitet ist. Sie wird ebenfalls durch unsauberes Wasser übertragen. 

Krankheiten vermeiden durch Nachbarschaftshilfe

Über 100 Patient:innen, so erzählt mir Denise, eine unserer Ärzt:innen, hat das Team hier heute versorgt. Eine große Anzahl, die zeigt, wie notwendig die Arbeit in dieser Region ist. Das Schicksal eines kleinen Jungen hat es ihr besonders angetan: Er leidet an Albinismus, was bei der extremen Sonneneinstrahlung große Schmerzen für ihn bedeutet. Und schon überlegt sie, wie man ihm helfen und ihn bestmöglich mit Sonnenschutz versorgen kann. Ich werde meinen mitgebrachten Sonnenspray Schutzfaktor 50 jedenfalls schon mal da lassen, damit sie ihm diesen in der Zwischenzeit weitergeben kann. 

Wir gehen heute früh ins Bett, um morgen bei der Eröffnung einer Wasserstelle teilzunehmen, die für die Bevölkerung rund um das Guest House von Ärzte ohne Grenzen eingerichtet wurde. Nachdem wir für unseren eigenen Verbrauch ein Bohrloch geschlagen haben, teilen wir dieses mit der Schule und der Nachbarschaft. Damit leisten wir wichtige Präventionsarbeit: Wenn die Menschen Zugang zu sauberem Wasser haben, werden Krankheiten wie Bilharziose aber auch Durchfallerkrankungen wie Cholera, die in der Region häufig auftreten, vermieden werden. Eine wichtige Investition in eine gesunde Zukunft. 
 

Infos zum Land

Die Provinz Nampula im Norden von Mosambik hat eine Fläche von rund 79.000 Quadratkilometern (etwa so groß wie Österreich) und ist mit über 5,7 Millionen Menschen eine der am dichtesten besiedelten Gebiete in Mosambik.

Die Armutsraten sind sehr hoch. Die Infrastruktur und Straßenverhältnisse sind schlecht. Auch der Zugang zu Gesundheitsversorgung ist für viele Menschen nicht gegeben.  

Ärzte ohne Grenzen arbeitet in der Provinz Nampula eng mit den lokalen Gesundheitsbehörden zusammen. Der Fokus liegt dabei auf der Erkennung, Behandlung und Vermeidung vernachlässigter Tropenkrankheiten wie lymphatische Filariose und Bilharziose. Diese treten in der Region besonders häufig auf.  

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