Syrien: Ärzte ohne Grenzen kritisiert ungleiche Verteilung der humanitären Hilfe

30.01.2013
Nur minimaler Anteil der Hilfe erreicht Gebiete der Opposition

Wien/Paris, 30. Januar 2013. Die internationale Hilfe für Syrien wird nicht gleichmässig zwischen von der Regierung und von der Opposition kontrollierten Gebieten aufgeteilt. Während die Gebiete, die unter der Kontrolle der Regierung sind, den Großteil der Hilfeleistungen erhalten, fällt auf die Gebiete der Opposition nur noch ein minimaler Anteil. Die internationale medizinische Hilfsorganisation Médecins Sans Frontières / Ärzte ohne Grenzen (MSF) fordert Geldgeber auf, grenzübergreifende humanitäre Einsätze zu unterstützen, um auch Gebiete, die sich in den Händen der Opposition befinden, zu erreichen.

Am 30. Januar treffen sich Geldgeber auf einer Konferenz in Kuwait City, um 1,5 Milliarden Dollar für humanitäre Hilfeleistungen zugunsten der Opfer des syrischen Konflikts bereitzustellen. Bis jetzt wurden Hilfseinsätze des IKRK und von UN-Agenturen hauptsächlich von Damaskus aus durchgeführt, die in Partnerschaft mit dem syrischen Roten Halbmond arbeiten, der einzigen von der Regierung zugelassenen Organisation, die Hilfe leisten darf. Aus diesem Grund erreicht nur ein minimaler Teil der internationalen Hilfe die von der Opposition kontrollierten Gebiete. Neutrale Hilfe ist in Syrien auf beiden Seiten der Front und in den angrenzenden Ländern unzureichend.

Hilfe nicht ausreichend

„Die gegenwärtig geleistete Hilfe reicht nicht aus, um auf die zusehends schlechteren Lebensbedingungen der Menschen in Syrien einzugehen“, erklärt Dr. Marie-Pierre Allié, Präsidentin von Ärzte ohne Grenzen Frankreich. „Die Teilnehmer der Konferenz in Kuwait City müssen die Rechtmässigkeit von grenzübergreifenden humanitären Einsätzen zugunsten von Syrien anerkennen und ihnen die erforderliche finanzielle, administrative und logistische Unterstützung gewähren.“Seit Juni 2012 hat die bewaffnete syrische Opposition ihren Einfluss auf große Teile des Landes erweitert und verstärkt. Während die genaue Zahl der Syrer in diesen Regionen nicht ermittelt werden kann, weist die starke Präsenz der Opposition sowohl in den Städten, als auch im ländlichen Raum von Damaskus, Aleppo und Idlib darauf hin, dass mindestens einer von drei befragten Syrern (ca. sieben Millionen Menschen) in Gebieten lebt, die nicht von der Regierung kontrolliert werden.

Wenige Organisationen unterstützen Bevölkerung in Gebieten der Opposition

Syrer organisieren in diesen Regionen selbst die Hilfe für die Zivilbevölkerung, unterstützt von Syrern in der Diaspora, den Nachbarländern und von Solidaritäts-Netzwerken. Diese Hilfe ist unzureichend. Wesentliche Hilfsgüter wie Unterkünfte, Decken, Treibstoff, Mehl sowie Säuglingsnahrung sind Mangelware. Die inoffiziellen Gesundheitseinrichtungen geraten zur Zielscheibe staatlicher Kräfte und ringen darum, die Bedürfnisse der vielen Verwundeten und chronisch Kranken zu erfüllen.Wenige Hilfsorganisation, darunter Ärzte ohne Grenzen, unterstützen die Zivilbevölkerung in den von der Opposition kontrollierten Gebieten. Seit 2011 stellt die Organisation medizinische Geräte und Medikamente für syrische Ärzte zur Verfügung, die Verwundete im Verborgenen behandeln. In den letzten sechs Monaten hat Ärzte ohne Grenzen die Hilfe weiter ausgedehnt.

Drei Krankenhäuser im Nordwesten eröffnet

Im Nordwesten des Landes eröffnete die Organisation drei Krankenhäuser, in denen mehr als 900 Operationen durchgeführt worden sind. Dennoch ist diese Unterstützung angesichts des Ausmaßes der Bedürfnisse der Menschen in Syrien nicht ausreichend.

Die Bereitstellung humanitärer Hilfe in Kriegszeiten erfordert Flexibilität und Reaktionsfähigkeit, sowohl auf Seiten der Helfer als auch auf Seiten der institutionellen Geldgeber, sonst bleibt die Hilfe nur ein passiver Zeuge des Leids, das sie eigentlich lindern sollte.