DR Kongo: Sexuelle Gewalt in den Vertriebenenlagern in Goma ufert aus

17.01.2013
Sicherheitslage in den Lagern muss verbessert werden
DRC 2012
Aurelie Baumel/MSF
Goma, Demokr. Republik Kongo, 06.12.2012: Vertriebene und Flüchtlinge im Lager Mugunga III.

Goma/Wien, 17. Januar 2013. Angesichts der starken Zunahme sexueller Übergriffe im Vertriebenenlager Mugunga III nahe Goma, im Osten der Demokratischen Republik Kongo, verurteilt die internationale Nothilfeorganisation Ärzte ohne Grenzen/Médecins Sans Frontières (MSF) die Untätigkeit der Verantwortlichen beim Schutz der Zivilbevölkerung. Ärzte ohne Grenzen fordert die Zuständigen auf, größere Anstrengungen zu unternehmen um die prekäre Sicherheitslage in den Lagern zu verbessern.

Nur im Zeitraum zwischen 3. Dezember 2012 und 5. Januar 2013 registrierte und behandelte das Ärzte ohne Grenzen-Team im Lager Mugunga III, einige Kilometer westlich von Goma, 95 Betroffene sexueller Gewalt. Ende Dezember stellten die medizinischen Teams eine Steigerung bei den Behandlungen aufgrund von Verletzungen fest, die in direktem Zusammenhang mit sexueller Gewalt stehen. Die durchschnittliche Zahl der medizinischen Behandlungen stieg auf sechs pro Tag an.

"Eklatanter Sicherheitsmangel"

Trotz der offensichtlichen Verletzbarkeit der Menschen und der prekären Lebensbedingungen in den Lagern sorgt niemand für die Sicherheit der Vertriebenen. „In den Lagern und den umliegenden Dörfern herrscht ein eklatanter Sicherheitsmangel“, sagt Thierry Goffeau, der Einsatzleiter von Ärzte ohne Grenzen in Goma. „Sowohl die zuständigen Obrigkeiten als auch die unterschiedlichen bewaffneten Gruppierungen behaupten ausnahmslos, die Zivilbevölkerung zu verteidigen. Dann sollten sie nun auch ihre Verantwortung übernehmen und sicherstellen, dass die am meisten gefährdeten Personen nicht zu Opfern von Gewalt oder Repressalien werden.“

Die erhöhte Präsenz von Soldaten und bewaffneten Gruppen in der Nähe der Vertriebenenlager hat zu einer chronischen Unsicherheit geführt, in der Vergewaltigungen alltäglich sind. „Alle Konfliktparteien müssen dem Problem der Vergewaltigungen mehr Aufmerksamkeit  schenken“, sagt Goffeau. „Vergewaltigungen sind alltäglich geworden, und die Verantwortlichen werden selten bestraft. Nur sehr wenige Betroffene erstatten Anzeige, weil sie Angst vor Repressalien haben."

Vergewaltigung oder Tod

„Ich ging raus, um auf den Feldern nach Nahrung zu suchen. Zwei bewaffnete Männer in Uniform kamen und sagten mir, ich hätte die Wahl zu sterben oder mit ihnen Sex zu haben“, erzählt eine der Vertriebenen. Die Berichte ähneln einander stark und beschreiben immer wieder die gleiche Situation: Die Überfälle ereignen sich rund um die Lager oder in den benachbarten Dörfern, wenn die Frauen auf der Suche nach Holz oder Essen sind.

Oft passiert es auch, dass die Frauen innerhalb der Lager angegriffen werden. Die behelfsmäßig aus Holzstücken und Plastikplanen gebauten Unterkünfte geben keinen ausreichenden Schutz und können die Täter nicht abhalten. „Gewalt ist allgegenwärtig“, sagt Marie Jacob, Psychologin von Ärzte ohne Grenzen. „Es ist die Gewalt der Macht - eine Art Recht des Stärksten; das Recht der Person, die bewaffnet ist.“

Mehr als 100.000 Menschen haben in den Vertriebenenlagern rund um Goma Schutz gesucht, nachdem es im vergangenen November zu Kämpfen zwischen Rebellengruppen und Regierungstruppen gekommen war. Ärzte ohne Grenzen arbeitet seit Ende November im Lager Mugunga III und leistet Basis-Gesundheitsversorgung, organisiert Überstellungen von medizinischen Notfällen und behandelt Menschen, die von sexueller Gewalt betroffen sind. Die Organisation arbeitet auch in den Lagern Lac Vert, Mugunga I und Bulenga.