Chirurgische Behandlungen für irakische Gewaltopfer

30.04.2014
Projekt für rekonstruktive Chirurgie in jordanischer Hauptstadt Amman - tausende Gewaltopfer behandelt
Irak MSF135175 Jared Koher web
Jared Koher / Médecins sans Frontières
Amman, Jordanien, 29.07.2012: Der 13-jährige Omar Qassim Yass verlor bei einer Explosion in der irakischen Provinz Diyala beide Arme. Ein Jahr nach dem Vorfall wurde er in das Projekt von Ärzte ohne Grenzen in Amman aufgenommen, wo unser Team ihn drei Mal operierte. Nun kann er wieder schwimmen und Fußball spielen - doch die seelischen Wunden bleiben. Daher erhält er auch psychosoziale Unterstützung.

In Jordanien betreibt Ärzte ohne Grenzen ein Projekt für rekonstruktive Chirurgie. In der Hauptstadt Amman werden Gewaltopfer aus der Provinz Anbar und dem gesamten Irak chirurgisch versorgt. Tausende verwundete Iraker konnten bereits behandelt werden. Die desolate Sicherheitslage stellt die Teams dabei vor große Herausforderungen.

Der seit 2003 andauernde Konflikt hat das Leben vieler Iraker nachhaltig geprägt. Das Projekt von Ärzte ohne Grenzen für rekonstruktive Chirurgie in der jordanischen Hauptstadt Amman hilft seit Beginn des Projekts im Jahr 2006 Gewaltopfern aus dem ganzen Irak. Die chirurgische Eingriffe für oftmals hoch komplexe Fälle decken drei Bereiche ab: orthopädische Chirurgie, plastische Chirurgie und Kieferchirurgie. Zudem stehen den Patienten Physiotherapie, eine psychosoziale Betreuung sowie während der gesamten Behandlungsdauer eine Unterkunft zur Verfügung.

Ein Netzwerk irakischer Ärzte im Irak überweist die Patienten an das Programm in Amman und bereitet die Patientenakten vor. Die Patienten werden anhand von chirurgischen Kriterien ausgewählt. Zudem organisieren die Ärzte die Reise für die ausgewählten Patienten über die Grenze nach Amman und gewährleisten die postoperative Nachbehandlung.

Sicherheitslage verhindert Zugang zu Projekt

Seit 2006 wurden in diesem Projekt für rekonstruktive Chirurgie mehr als 2.000 Patienten aus dem Irak aufgenommen, darunter allein 297 aus Anbar. Die Warteliste der Patienten aus dieser Provinz wird unterdessen immer länger.  „Die aktuelle Sicherheitslage in Anbar ist komplex und ziemlich schwierig. Der Konflikt hat zur Vertreibung unzähliger Familien aus Falludscha, Ramadi und den angrenzenden Gebieten geführt. Zehntausende Familien wurden in andere Provinzen vertrieben“, erklärt einer unserer Ärzte in Anbar.  

„Die unsichere Lage hindert die Patienten, das Projekt von Ärzte ohne Grenzen aufzusuchen. Sie erschwert außerdem die Nachbehandlung von Patienten, die in den Irak zurückgekehrt sind. Die strikten Sicherheitsmassnahmen wie Strassensperren führen dazu, dass Zivilpersonen nur schwer in die Städte hinein- und wieder hinausgelangen können. Auch wenn es uns im Moment noch möglich ist, Patienten aus Anbar in das Chirurgie-Projekt in Jordanien zu überweisen, muss ich doch die meisten Patienten außerhalb von Anbar besuchen. Um die Patienten sehen zu können, muss ich schon in die weitere Umgebung wie Salah El Din und Bagdad fahren.“

Nur noch Notoperationen

„Die Ärzte in Anbar arbeiten alle unter erschwerten Bedingungen und geben ihr Bestes, sich neutral zu verhalten und allen Seiten in diesem bewaffneten Konflikt die nötige Hilfe zu leisten“, betont der Arzt weiter. „In Anbar wurden speziellere Eingriffe vorübergehend sistiert, und es werden nur Notoperationen durchgeführt. In einigen Spitälern herrschen immer wieder Engpässe bei medizinischem Material und Personal.“

Bisher konnten Tausende von Verwundeten vom Ärzte ohne Grenzen -Projekt für rekonstruktive Chirurgie in Amman profitieren. Im Irak befinden sich jedoch noch Tausende weitere Patienten, die keinen Zugang zu der von ihnen benötigten Behandlung haben. Durch die sich verschlechternde Sicherheitslage wird es auch für die Patienten, die aus Amman nach Hause zurückgekehrt sind, immer schwieriger, die nötige Nachbehandlung und Unterstützung zu erlangen.