Ärzte ohne Grenzen ermöglicht Therapie gegen Hepatitis C für ein Tausendstel des ursprünglichen Preises

02.11.2017
Zum Auftakt des Welt-Hepatitis-Gipfels im brasilianischen São Paolo erklärte Ärzte ohne Grenzen, durch Generika sei der Preis für eine Behandlung um ein Vielfaches gesunken.
Cambodia Hep-C
Todd Brown
MSF Pharmacy Technician Toueng Sreymon distributes Hepatitis C meds at the Preah Kossamak Hospital in Phnom Penh, Cambodia, 18, April 2017.

Zum Auftakt des Welt-Hepatitis-Gipfels im brasilianischen São Paolo erklärte die Hilfsorganisation Ärzte ohne Grenzen/Médecins Sans Frontières (MSF), durch Generika sei der Preis für eine Behandlung um ein Vielfaches gesunken. Die Organisation stellte Vereinbarungen vor, die sie mit Generika-Herstellern ausgehandelt hat. Diese sehen für die entscheidenden Medikamente Sofosbuvir und Daclatasvir einen Preis von nur 1,40 US-Dollar pro Tagesdosis oder 120 US-Dollar für eine zwölfwöchige Behandlung vor. Die 12-Wochen-Behandlung kostete mit den ursprünglichen Preisen der Pharmahersteller Gilead und Bristol-Myers Squibb (BMS) für die USA 147.000 US-Dollar. 2015 musste Ärzte ohne Grenzen den Unternehmen noch bis zu 1.800 US-Dollar pro 12-Wochen-Therapie bezahlen. Die Preissenkungen könnten Millionen Patienten eine Behandlung ermöglichen.

Gilead bot Sofosbuvir in den USA seit 2013 zu einem Preis von ursprünglich 1.000 US-Dollar pro Tablette an. Der Preis für eine Pille Daclatasvir von BMS lag 2015 bei 750 US-Dollar. Die Gesamtkosten für die 12-wöchige Behandlung eines Patienten in den USA summierten sich somit ursprünglich auf 147.000 US-Dollar. Auch in vielen Entwicklungsländern verlangten die Firmen exorbitante Preise, was Behandlungsprogramme lähmte und dazu führte, dass nur wenige Patienten behandelt werden konnten.

„Was bringen bahnbrechende neue Medikamente, wenn die Patienten sich die Behandlung nicht leisten können?” fragt Jessica Burry, Pharmazeutin der Medikamentenkampagne von Ärzte ohne Grenzen. „Pharmaunternehmen verlangen für ihre Hepatitis-C-Medikamente so hohe Preise, dass sie kaum ein Patient aus eigener Tasche bezahlen kann. Auch für viele Regierungen wird es schwierig, die Behandlung im öffentlichen Gesundheitssystem zu gewährleisten. Dagegen fallen die Preise für generische Präparate stetig.“ Sie fordert: „Die Regierungen müssen alle ihre Möglichkeiten ausschöpfen, um Zugang zu bezahlbaren Generika zu bekommen, sodass sie für die Behandlung von Millionen Menschen sorgen können, die diese benötigen. Sie sollten sich an Vorreitern wie Malaysia ein Beispiel nehmen und Zwangslizenzen ausstellen, wenn Patente den Zugang zu lebensnotwendigen Behandlungen verhindern.“

Dank Generika Behandlung heute um 120 US-Dollar möglich

Im Jahr 2015 musste Ärzte ohne Grenzen für die Medikamente Sofosbuvir und Daclatasvir von Gilead und BMS noch Preise zwischen 1.400 und 1.800 US-Dollar für eine Therapie bezahlen. Heute kostet die Behandlung mit 120 US-Dollar nur noch einen Bruchteil, dank qualitativ absolut gleichwertiger Generika.

Weltweit sind schätzungsweise 71 Millionen Menschen mit chronischer Hepatitis C infiziert, 72 Prozent von ihnen leben in Ländern mit niedrigem und mittlerem Einkommen. Die Einführung von direkt wirkenden antiviralen Medikamenten (direct-acting antiviral medicines, DAA) ist ein Behandlungsdurchbruch für Menschen mit Hepatitis C, mit Heilungsraten von bis zu 95% und mit weit weniger Nebenwirkungen, verglichen mit früheren Behandlungsmethoden. Der Zugang zu DAAs ist jedoch wegen der hohen Preise begrenzt. Das führt dazu, dass viele Länder die Behandlung nur Menschen in weit fortgeschrittenen Stadien der Erkrankung ermöglichen. Bis Ende 2016, drei Jahre nach der Einführung von Sofosbuvir, wurden weltweit lediglich schätzungsweise 2,1 Millionen Menschen mit diesen Medikamenten behandelt, so dass 69 Millionen Menschen noch immer keinen Zugang hatten.

Die hohen Preise sind auch für die Gesundheitssysteme reicher Länder eine große Belastung, insbesondere für Länder mit öffentlich finanzierter allgemeiner Gesundheitsversorgung. Die Behandlung mit DAA wird außer in Entwicklungsländern auch in Ländern wie Australien, Kanada, Italien und den USA beschränkt, was stark an die Anfänge der HIV-Behandlung erinnert.

„Vor fast zwei Jahrzehnten haben Ärzte ohne Grenzen und andere hart dafür gearbeitet, Zugang zu Generika zu erhalten und die Preise für HIV-Medikamente zu senken", sagt Mickael Le Paih von Ärzte ohne Grenzen in Kambodscha, wo Patienten mit Hepatitis C behandelt werden. „Die Geschichte wiederholt sich mit Hepatitis C – die Medikamente, die wir benötigen, sind wieder zu teuer, aber wir finden Wege, um die Behandlung erschwinglich zu machen, damit unsere Patienten geheilt werden können.“

Ärzte ohne Grenzen behandelt in elf Ländern Patienten mit Hepatitis C. Seit 2015 hat die Organisation fast 5.000 Patienten mit direkt wirkenden antiviralen Medikamenten (DAA) behandelt. 94,9 Prozent derjenigen, die die Therapie abgeschlossen haben, wurden dadurch geheilt.

Den Bericht „Not Even Close“ von Ärzte ohne Grenzen, der einen Überblick über Diagnostika und Medikamente gegen Hepatitis C sowie ihre Preise gibt, können Sie hier herunterladen:

www.msfaccess.org/hep-c-not-even-close