Sonntag in Kalémie

Kommentar von Reinhard Lassner
14.07.2014
Sonntag in Kalémie

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Start meines 6-monatigen Einsatzes am 8. April in Wien und via Paris am 12. April in Lubumbashi im Süden der République Démocratique de Kongo gelandet. Briefing und Weiterflug ins Projekt in Kalémie am 15. April – für die rund 1.100 km würde man hier aufgrund der schlechten Straßen mit dem Jeep rund 7 bis 10 Tage brauchen. Die Straßen sind eine Zumutung, Schlaglöcher wie auf einer Rally-Piste, große Wasserlöcher und alles nur mit Geländewagen zu meistern.

Lubumbashi liegt auf ca. 1.200m Seehöhe und ist recht angenehm vom Klima. Kalémie und der See „Lac Tanganyika“ liegen auf ca. 800m und etwas sind etwas wärmer. Der See gleicht einem Meer wenn Sturm und hohe Wellen anrollen. Heute ist er idyllisch ruhig und ich hatte erstmal einen Blick von einem nahen Hügel über Stadt und See bis ans andere Ufer nach Tansania.

Die Stadt hat rund 250.000 Einwohner, wächst sehr rasch und das Wassernetz reicht aktuell gerade für gut die Hälfte; daher holen viele Bewohner ihre Wasser vom See – bewundernswert, wie die Mädchen die Wasserkanister mit 15 oder mehr Liter auf dem Kopf balancieren. Daneben wird im See gewaschen und gebadet, alles nicht förderlich für sauberes Wasser.

Abschnittsweise stehen die Hauser sehr dicht am Wasser und zwischen den Häusern Wassertümpel mit Algen, Insekten und Müll, eine Brutstätte von Krankheitserregern. Anstatt an stabilen und trockenen Wegen zu arbeiten wird großteils mit Steinen, Brettern und einzelnen Sandsäcken eine minimale Passage ermöglicht. Am Strand waren dann viele Frauen und Männer beim Wäsche waschen oder der morgendlichen Körperpflege. Baden, Waschen, Zähneputzen – alles spielt sich hier in Kalémie im See ab.

Das Projekt von Ärzte ohne Grenzen umfasst hier mehrere Bereiche:

  • Errichtung einer ca. 7 km langen Wasserleitung samt Reservoir mit 500 Kubikmeter, um die Wasserversorgung der Stadt zu meistern - damit verbunden ergänzende WATSAN-Aktivitäten wie Wasseraufbereitung, Filter für Haushalte die nicht am Netz sind und Aufklärungskampagnen für die Verwendung von sauberem Wasser. Derzeit sind rund 300m fertig, es wird händisch gegraben, die Rohre geschweißt, verlegt und wieder zugeschüttet, 40m am Tag, in der Trockenzeit soll es besser laufen; der Regen verursacht immer wieder Verzögerung und Verschüttung.
  • Evaluierung der Malaria im Einzugsgebiet, Studie und Strategie zur Eindämmung, parallel das selbige für Masern, die hier auch immer wieder auftreten.

Meine Aufgabe ist hier eine gute Organisation in der Administration und Finanzen zu installieren, speziell auch im Hinblick auf die Dokumentation. Im Projekt ist jetzt quasi Neustart mit aktuell 4 internationalen Mitarbeitern inklusive mir: Ein Techniker von der Elfenbeinküste, der die ganzen Arbeiten der Wasserleitung und Reservoir über hat – dazu Projektleiter, Logistiker und Administrator, zusätzlich rund 40 lokale MitarbeiterInnen.

Anbei ein Foto, damit es eine Vorstellung gibt, wie hier gearbeitet wird. Gegraben wird alles händisch, im Moment verläuft die Wasserleitung parallel neben der Hauptstraße, die im Übrigen die einzig asphaltierte Straße hier in der Stadt ist.

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Die AEP-Baustelle von Ärzte ohne Grenzen: „Adduction eau potable“ – Wasserleitung und Reservoir für die Trinkwasserversorgung der Bevölkerung © Reinhard Lassner 2014

Leben und Wohnen ist hier sehr einfach, nach 2 Wochen hab ich den Rhythmus gefunden, Arbeit von 7-19 Uhr, auch Samstag, zeitig ins Bett. Sonne geht hier etwas südlich vom Äquator um 6 Uhr auf und um 6 Uhr unter. Bleibt quasi die Morgenstunde für Bewegung draußen.

Essen ist besser als erwartet: Reis, Kartoffel, Fleisch und Fisch – dazu Bananen in allen Varianten (eine Sorte wird wie Kartoffel als Beilage gegessen), außerdem Obst und Gemüse. Milch in Pulverform… Käse, Wurst, Butter gibt es nicht; Brot nur Toastbrot.

Was mich hier positiv stimmt sind die fröhlichen Kinder, wenn sie mich mit “djambo muzungu”, also „hallo Weißer“ begrüßen! Heute früh bin ich alleine durch ein Wohnviertel am Hügel über der Stadt gewandert und konnte leicht in Kontakt mit der Bevölkerung kommen, unser Projekt erklären und das Thema sauberes Wasser ansprechen.

Reinhard Lassner
April 2014

Der Niederösterreicher Reinhard Lassner hat sowohl eine kaufmännische Ausbildung im Bereich Finanzen und Buchhaltung als auch Erfahrung in der Mitarbeiterführung. Er war im Finanz- und Versicherungssektor tätig und zuletzt Vertriebsleiter einer Bank. Die Suche nach einer sinnstiftenden Arbeit und ein „Blick über die Grenzen“ haben ihn in seiner Entscheidung bestärkt, auf Einsatz zu gehen: Nach seinem ersten Einsatz in Pakistan bloggt er nun mit monatlichen Rückblicken über seine Tätigkeit in der Demokratischen Republik Kongo. 

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16.07.2014
23:15
Robert Ofner

Sie leisten großartige Arbeit. Vielen Dank!

17.07.2014
12:29
Reinhard Lassner

merci beaucoup! ich freue mich über diesen positiven Zuspruch, es bestärkt mich an schwierigen tagen hier weiter zu machen.

Reinhard

17.07.2014
08:51
Dieter

Unglaublich, dass es gelingen kann aus unserem Wohlstand auszubrechen. Schön, dass es solche Menschen wie Reinhard gibt.
Danke und liebe Grüße in den Kongo
Dieter

18.07.2014
08:20
Ilse Beham

Hallo Reinhard!
Finde ich ganz toll- deine Art zu Leben und zu Helfen! Auch das du die Konsumgesellschaft hinter dir gelassen hast und so denke ich deine "Mitte" gefunden hast. Denke oft- das möchte ich auch zumindest mal einige Zeit- aber dann fehlt mir der
Mut. Vielleicht auch gut so. Du bist auf alle Fälle dort angekommen..
Viel Energie, Erfolg und Gesundheit

Ilse

18.07.2014
12:10
Karin Giel

lieber Reinhard!
ich bewunder dich für deinen einsatz, ehrgeiz und mut! einfach großartig! ich wünsche dir weiterhin viel erfolg bei deiner mission und schöne sonntage in Kalémie :-)
liebe grüße von daheim,
Karin

18.07.2014
12:06
Reinhard Lassner

danke liebe ilse, auf ein wiedersehen im herbst

reinhard

09.08.2014
22:29
Susanne Kopica-Rickl

Ich kann mich allen vorherigen Kommentaren nur voll anschließen! Schön, dich als Freund zu haben!
Liebe Grüße von Susi

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