20.03.2023
Wie reagieren Menschen auf traumatische Ereignisse, wie etwa Erdbeben? Welche Hilfe brauchen sie? Die wichtigsten Fragen und Antworten zur psychischen Gesundheit nach einem Trauma.

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Mehrere Wochen nach den schweren Erdbeben in Syrien und der Türkei brauchen die Menschen vor Ort immer noch Hilfe - in Form von Unterkünften, Nahrungsmittel und Medikamenten. Sie brauchen aber auch dringend psychologische Hilfe.

Unerwartete, lebensbedrohliche Ereignisse, wie Erdbeben, lösen Traumata aus, die das Leben und Wohlbefinden der Betroffenen stark einschränken – manchmal sogar gefährden. Doch es gibt Möglichkeiten, die psychischen Wunden zu heilen. 

Welche psychologische Betreuung brauchen Betroffene von Erdbeben? 

Ein Erdbeben ist ein traumatisches Ereignis. Es ist lebensbedrohlich, unerwartet und unvorstellbar. Die natürliche Reaktion darauf ist Angst und Panik.

Bei solchen Ereignissen spricht man von kritischen Vorfällen. Dabei ist eine andere Art der psychologischen Betreuung notwendig, als bei anderen psychischen Erkrankungen.

Der erste und allerwichtigste Schritt in der psychologischen Hilfe nach traumatischen Ereignissen ist es, die betroffenen Menschen in Sicherheit zu bringen. Sie müssen an einen sicheren Ort gebracht werden und es muss sichergestellt werden, dass sie Nahrung, Wasser, Unterkunft und die benötigten Medikamente haben. 

Wie reagieren Menschen auf traumatische Ereignisse wie Erdbeben?

Menschen reagieren unterschiedlich auf ein und dasselbe traumatische Ereignis, je nachdem, was sie erlebt haben und wie es ihnen vor dem traumatischen Ereignis ging. In Syrien und der Türkei sind die Menschen unterschiedlich stark betroffen, je nachdem, ob sie dem Trauma direkt oder indirekt ausgesetzt waren. Es macht einen Unterschied, ob man sich selbst im einstürzenden Haus befindet oder Zeug:in ist, wie Häuser einstürzen.

Die Hauptreaktion auf beide Situationen ist Angst. Reaktionen auf die Angst können Flashbacks sein. Das Szenario wiederholt sich in der Erinnerung, entweder mit einem Auslöser - wie einem Geräusch oder Bild - oder ohne. Eine andere Reaktion auf die Angst ist die Vermeidung, zum Beispiel das Meiden des Orts, an dem das traumatische Ereignis stattgefunden hat.

Wir sehen viele Menschen, die sich mehrere Wochen nach dem Erdbeben weigern, in ihre Häuser zurückzukehren, obwohl die Behörden sagen, dass es sicher ist.   

Wie werden Traumata überwunden?

Traumatisierte Menschen sind oft dauerhaft in höchster Alarmbereitschaft. Dies kann sich auf die Fähigkeit auswirken, sich zu konzentrieren oder den Tag zu organisieren, und kann die Leistung am Arbeitsplatz oder das Leben zu Hause beeinträchtigen.

Wie kann man Menschen in einer solchen Situation helfen? Wir verwenden verschiedene Instrumente. Die gebräuchlichste Methode ist die kognitive Verhaltenstherapie - eine psychosoziale Behandlungsmethode, die darauf abzielt, den Stress zu verringern, indem ungewollte, aber hartnäckige Denkmuster durchbrochen werden.

Wir beginnen damit, diese nicht hilfreichen, hartnäckigen Gedanken zu besprechen und sie in Frage zu stellen. Dann wird eine Verbindung zwischen den Gedanken und Verhaltensweisen hergestellt, die die Patient:innen ändern wollen. 

Welche Rolle spielen Gruppensitzungen für den Heilungsprozess?

Die andere - und vielleicht wichtigste - Maßnahme, die wir durchführen, sind Gruppensitzungen mit Menschen, die von demselben Ereignis betroffen sind. Zum Beispiel eine Gruppe, die in einem bestimmten Gebiet gelebt hat, als das Erdbeben stattfand. Wir schaffen eine sichere Umgebung, in der sie uns erzählen können, was passiert ist. Ein Ziel ist es, Solidarität zwischen den Menschen zu schaffen. Das andere Ziel ist, die Auswirkungen des Traumas zu verringern.

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