Klimakrise verursacht zunehmende Mangelernährung

27.01.2023
Im Südosten Madagaskars zeichnet sich eine alarmierende Situation für die Bevölkerung ab.

Themengebiet:

Die Nothilfeorganisation Ärzte ohne Grenzen registriert in ländlichen Gemeinden in Südosten von Madagaskar eine zunehmende Zahl an Menschen, die von Mangelernährung betroffen sind. Der Grund ist eine akute Nahrungsmittelknappheit, nachdem die Ernten im vergangenen Jahr durch Wirbelstürme zerstört wurden.   

Ärzte ohne Grenzen unterstützt derzeit 24 Gesundheitseinrichtungen im schwer zugänglichen Distrikt Ikongo und behandelt in fünf Gesundheitszentren Patient:innen wegen Mangelernährung. Bis Anfang Jänner behandelten Teams der Organisation dort insgesamt 2.072 Kinder unter fünf Jahren wegen schwerer akuter Mangelernährung. Fast die Hälfte von ihnen wurde in das stationäre Ernährungsprogramm von Ärzte ohne Grenzen aufgenommen. Es wird erwartet, dass diese Zahl in den kommenden Monaten aufgrund des Mangels an Nahrungsmitteln in Verbindung mit der Malaria-Hochsaison noch steigen wird.

Madagaskar ist eines der am stärksten durch die Klimakrise gefährdeten Länder und wird regelmäßig von extremen Wetterereignissen heimgesucht. Im Südosten der Insel gab es Anfang 2022 zwei Wirbelstürme, die eine Spur der Verwüstung hinterließen, Bäume entwurzelten und Ernten zerstörten. Die meisten Menschen in diesem Gebiet leben von der Landwirtschaft, vor allem vom Anbau von Nelken, Kaffee, Vanille und Bananen. Da die meisten Ernten zerstört wurden, verloren die Menschen sowohl ihre Nahrungsmittelvorräte als auch ihre Einkommensquellen. In den Regionen Vatovavy-Fitovinany und Atsimo-Atsinanana ist fast die gesamte landwirtschaftliche Nutzfläche betroffen, einschließlich mehr als der Hälfte der Nahrungsmittelernte. Der Analyse der „Integrated Food Security Phase Classification“ (IPC) vom Januar 2023 zufolge ist mehr als ein Viertel der Bevölkerung in diesen beiden Regionen derzeit von akuter Ernährungsunsicherheit betroffen.  

„In diesen Gebieten gab es bereits vorher sehr viel chronische Mangelernährung. Die Wirbelstürme haben die Situation noch verschärft", sagt Brian Willett, Leiter des Einsatzes von Ärzte ohne Grenzen in Madagaskar. „Wiederholte Klimaschocks verschlimmern die Not der Gemeinschaften“. Neben den Wirbelstürmen haben auch unregelmäßige Regenfälle, der eingeschränkte Zugang zur Gesundheitsversorgung und die Auswirkungen der COVID-19-Pandemie die bestehende Ernährungsunsicherheit verschärft.

„Es gibt nur wenige humanitäre Organisationen, die im Südosten des Landes tätig sind. Wir versuchen daher, unsere Aktivitäten auszuweiten“, sagt Willett. „Viele Menschen berichten uns, dass ihre Vorräte an Grundnahrungsmitteln trotz sorgfältiger Rationierung im Februar völlig aufgebraucht sein werden. Dies ist besorgniserregend, da die Ernte in diesem Jahr aufgrund der geringen Niederschläge zu Beginn der Saison voraussichtlich gering ausfallen wird. Sollte in dieser Saison ein weiterer Wirbelsturm auftreten, würde sich die ohnehin schon schlimme Situation in eine Katastrophe größeren Ausmaßes verwandeln.“

Ärzte ohne Grenzen war erstmals 1987 in Madagaskar tätig und kehrte 2021 zurück, um während der Mangelernährungskrise im Süden des Landes zu helfen. Heute unterstützt Ärzte ohne Grenzen insgesamt 29 lokale Gesundheitseinrichtungen im Distrikt Ikongo bei der Ernährungsversorgung, liefert therapeutische Nahrungsmittel und schult das Gesundheitspersonal in der Diagnose und Behandlung von Mangelernährung. Die Teams von Ärzte ohne Grenzen stellen außerdem die medizinische Grundversorgung der Gemeinden im Küstengebiet von Nosy Varika sicher und kümmern sich um die Abwasser- und Wasserinfrastruktur in der Region Androy.