Demokratische Republik Kongo: Gewalt gegen Frauen in Nord-Kivu alarmierend hoch

09.05.2023
Innerhalb von nur zwei Wochen haben die Teams in den Vertriebenenlagern rund um Goma mehr als 670 Opfer sexueller Gewalt behandelt.

Innerhalb von nur zwei Wochen haben die Teams von Ärzte ohne Grenzen in den Vertriebenenlagern rund um Goma, der Provinzhauptstadt von Nord-Kivu, mehr als 670 Opfer sexueller Gewalt behandelt: Pro Tag  derzeit rund 48 neue Patient:innen . Der Großteil, fast 60 Prozent der Opfer, wurden weniger als 72 Stunden, bevor sie sich bei Ärzte ohne Grenzen meldeten, angegriffen.

Die Zusammenstöße zwischen der kongolesischen Armee, der M23-Bewegung und den zahlreichen bewaffneten Gruppen, die in Nord-Kivu ansässig sind, haben seit März 2022 mehr als eine Million Menschen zur Flucht gezwungen. Über 600.000 Menschen haben in oft überfüllten Lagern mit schlechten hygienischen Bedingungen am Rande der Stadt Goma Zuflucht gefunden.

Vom 17. bis 30. April 2023 behandelten die Teams von Ärzte ohne Grenzen 674 Überlebende sexueller Gewalt in Bulengo, Lushagala, Kanyaruchinya, Eloime, Munigi und Rusayo. 360 davon allein in Rusayo, einem der neuesten und am dichtesten besiedelten Lager westlich von Goma.

„Das sind durchschnittlich 48 neue Opfer von sexueller Gewalt pro Tag, die von unseren Teams behandelt werden", sagt Jason Rizzo, Notfallkoordinator von Ärzte ohne Grenzen in Nord-Kivu. „Seit Monaten behandeln unsere Teams eine hohe Patient:innenanzahl, doch dieses katastrophale Ausmaß der letzten Wochen wurde noch nie erreicht. Fast 60 Prozent der Opfer melden sich innerhalb von 72 Stunden nach dem Überfall bei uns.“

Fast alle von Ärzte ohne Grenzen behandelten Opfer sind Frauen. Die meisten von ihnen berichten, dass sie angegriffen wurden, während sie außerhalb der Lager auf der Suche nach Feuerholz und Nahrungsmitteln waren. In Rusayo, Bulengo und Kanyaruchinya berichteten mehr als die Hälfte der Opfer , von bewaffneten Männern angegriffen worden zu sein.

Lebensbedingungen in den Lagern erhöhen Risiko

Die Lebensbedingungen in den Vertriebenenlagern um Goma sind katastrophal. den dort lebenden Menschen fehlt es an allem: Nahrung, Latrinen, Wasser und Unterkünften. Die nach wie vor unzureichende humanitäre Hilfe erhöht die Verwundbarkeit der Vertriebenen und das Risiko, Opfer von Gewalt zu werden.

„Es ist dringend notwendig, die Lebensbedingungen der Menschen zu verbessern. Die Grundbedürfnisse, wie der Zugang zu Nahrung, Wasser und sanitären Einrichtungen, müssen gedeckt werden.  Außerdem braucht es Schutz, insbesondere um Frauen vor Gewalt zu schützen", betont Jason Rizzo.

Ärzte ohne Grenzen bietet Opfern sexueller Gewalt in den Vertriebenenlagern rund um Goma kostenlose und vertrauliche medizinische und psychologische Betreuung an. Um medizinische Komplikationen aufgrund von sexuellen Übergriffen zu vermeiden, ist es unerlässlich, dass sich die Opfer innerhalb von 72 Stunden nach dem Vorfall in einer Gesundheitseinrichtung melden, um eine entsprechende medizinische Versorgung zu erhalten.

Seit Mai 2022 arbeiten die Teams von Ärzte ohne Grenzen in den Vertriebenenlagern rund um Goma. Sie bieten kostenlose medizinische Versorgung an, stellen sauberes Wasser zur Verfügung und bauen Latrinen und Duschen. Ärzte ohne Grenzen reagierte auch auf Cholera- und Masernepidemien und führte Impfkampagnen durch. Außerdem sind die Teams von Ärzte ohne Grenzen auch in Sake und Kayna in der Provinz Nord-Kivu sowie in Minova in Süd-Kivu im Einsatz, um den Zugang zu medizinischer Versorgung in diesen Gebieten zu verbessern, da auch dort Zehntausende Vertriebene Zuflucht gefunden haben. In Nord-Kivu bietet Ärzte ohne Grenzen außerdem weiterhin kostenlose medizinische Grundversorgung in Rutshuru, Kibirizi, Bambo, Binza, Mweso, Masisi und Walikale an.