Spezial-Klinik für Kriegsverletzte in Amman wiedereröffnet

10.09.2015
Nach Monaten intensiver Arbeit wurde nun unser Projekt für rekonstruktive Chirurgie in einem neuen Krankenhaus in Amman wiedereröffnet.
Spezial-Klinik für Kriegsverletzte in Amman wiedereröffnet
MSF
Amman, Jordanien, 08.09.2015: Das neue Krankenhaus im jordanischen Amman ist nun fertig. In der Klinik wird spezielle rekonstruktive Chirurgie für Kriegsverletzte im arabischen Raum angeboten.

Nach Monaten intensiver Arbeit wurde am 8. September unser Projekt für rekonstruktive Chirurgie in einem neuen Krankenhaus in Amman, Jordanien, wiedereröffnet. Die Klinik versorgt Kriegsverletzte aus der ganzen Region, die in ihren Heimatländern keinen Zugang zu spezialisierter chirurgischer Hilfe haben. Seit dem Jahr 2006 wurden mehr als 8.200 Operationen durchgeführt. Auch Physiotherapie und psychosoziale Unterstützung können nun angeboten werden.

Erfahren Sie mehr darüber von unseren Patienten und MitarbeiterInnen!

Das neue Gebäude unseres Projekts für rekonstruktive Chirurgie im jordanischen Amman. Seit einem halben Jahr war hier an der Renovierung und dem Ausbau der Einrichtung gearbeitet worden. Dr. Ashraf Al Bostanji, Spezialist für Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie: „Wir als chirurgisches Team sind sehr glücklich über die Entscheidung von Ärzte ohne Grenzen, in ein neues Krankenhaus zu übersiedeln. So konnten die Qualität unserer medizinischen Versorgung und das Arbeitsumfeld deutlich verbessert werden.“

Die Spezial-Klinik von Ärzte ohne Grenzen bietet Hilfe für Kriegsverletzte in drei Bereichen an: orthopädische und plastische Chirurgie sowie Gesichtschirurgie. Die Arbeitsbedingungen, die Sterilisation und die gesamte Einrichtung konnten mit dem Umzug verbessert werden. Damit ist die Möglichkeit geschafften, zukünftig auch neue chirurgische Leistungen anbieten zu können. Auch können in dieser Umgebung Patienten und Patientinnen mit Infektionen besser betreut werden.

Ahmad Khalifa  ist 15 Jahre alt und kommt aus Diyala im Irak. Er erlitt schwere Verletzungen, als im Oktober 2010 wenige Meter von seiner Schule entfernt ein Auto explodierte. Er erzählt nur ungern von dieser Erfahrung – das einzige, woran er sich erinnert, sind die Sirenen der Rettungswägen und das Feuer rund um ihn. Ahmad kam 2011 zum ersten Mal zum Projekt von Ärzte ohne Grenzen in Amman und unterlief seitdem 22 Operationen: Er hatte schwere Verbrennungen in seinem Gesicht, Nacken an den Armen und anderen Körperteilen. Seine nächste Operation wird in der dritten September-Woche stattfinden. „Dieses Krankenhaus ist mein zweites Zuhause geworden. Ich habe hier mehr Freunde als im Irak. Es ist ein sehr angenehmer Ort und wir können Fußballs-Spiele im TV ansehen. Ich bin Fan von Real Madrid, und das wird immer so sein“, erzählt er.

Der kleine Mustafa Abdullah ist erst vier Jahre alt und stammt aus Dair Az-Zour in Syrien. Eine Fassbombe traf sein Zuhause im August 2014 – dabei erlitt er schwere Verletzungen an seiner Hüfte, seinen Beinen und am Kopf. Seine beiden Eltern wurden getötet, sowie eine seiner Schwestern und ein Cousin. Mustafa wurde 17 Tage lang in einer provisorischen Klinik in seinem Dorf behandelt. Danach überquerte er mit seiner Großmutter die Grenze von Syrien nach Jordanien.

Vier Monate später wurde er von einem unserer Ärzte im Flüchtlingslager Zaatari wiedererkannt und in das Projekt für rekonstruktive Chirurgie in Amman überstellt. An seinem Bein wurde ein orthopädischer Eingriff vorgenommen – jetzt wird er bis zu seiner nächsten Operation physiotherapeutisch betreut. Der kleine Patient kam in einem Rollstuhl in unser Projekt, doch nach einigen Einheiten seiner Physiotherapie-Sitzungen kann er nun bereits mit einer Gehilfe aufstehen.

Der 14-jährige Mustafa Irshaid stammt aus dem Dorf Sayda in Syrien. Er war am 29. September 2013 schwer verletzt worden, als eine Bombe in der Nähe des Restaurants einschlug, wo sein Vater arbeitete. Nach der Schule ging Mustafa immer in das Lokal, um seinen Vater zu helfen. Einer der beiden Arme des Jungen wurde amputiert, auch eines seiner Beine musste unter dem Knie abgenommen werden. Mustafa kam zum ersten Mal im Jahr 2014 nach Amman, wo bei mehreren operativen Eingriffen Knochentransplantationen vorgenommen wurden. Auch erhielt er von unseren Teams auch Physiotherapie, um wieder Kraft aufzubauen, damit er selbständig aufstehen und seinen Rollstuhl hinter sich lassen kann. In einigen Wochen wird er seine Gelenkprothesen erhalten. „Ich mag das neue Krankenhaus“, erzählt Mustafa. „Mein Vater ist bei mir und sagt mir immer, dass ich geduldig sein muss, bis ich endlich eines Tages die Behandlung abschließen kann. Ich habe mit meinen Freunden in Syrien immer Fußball gespielt. Ich hoffe, nach meiner Betreuung hier bei Ärzte ohne Grenzen in Amman wieder Fußball spielen zu können.“

Unsere Mitarbeiterin Khawla Farahna kümmert sich in unserem Projekt um die Patientenbetreuung: “Diese Patienten und Patientinnen hier haben sehr spezielle Bedürfnisse im Vergleich zu anderen Kranken, die eine Krankenschwester oder ein Pfleger in einer anderen Gesundheitseinrichtung betreuen würden. Wir haben hier Kriegsverletzte, und jedes Mitglied unsere Teams kann zu ihrer psychologischen Unterstützung beitragen. In diesem Sinne ergänzt die Rolle der Patientenbetreuerin die Arbeit der psychologischen Teams.“

Dr. Rasheed Fakhri ist unser chirurgischer Koordinator im neu eröffneten Spital im jordanischen Amman: „Das rekonstruktive Chirurgie-Projekt von Ärzte ohne Grenzen ist für mich etwas sehr Eeinzigartiges. Sein Auftrag geht über die rein physische Versorgung von Kriegsopfern weit hinaus: Ziel ist es, die Lebensqualität der Betroffenen so weit wie möglich zu verbessern. Daher steht ein umfassendes Angebot psychologischer Hilfe zur Verfügung, damit Patienten und Patientinnen nach der Behandlung wieder in ihre Heimatgemeinden integriert werden können. Der Umzug in das neue Krankenhaus ist ein wichtiger Schritt dieses Projekts – so kann die Qualität der medizinischen Versorgung verbessert werden, die wir in den nächsten Jahren unseren Patienten und Patientinnen anbieten. Es werden auch neue Horizonte eröffnet, die uns erlauben, neue chirurgische Spezial-Behandlungen anzubieten, und natürlich die Möglichkeit, ein gesundes Arbeitsklima zu entwickeln.“

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