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Niger: Erfolgreiche Malaria-Prävention für 200.000 Kleinkinder
Wien, am 24. April 2014 – Im Kampf gegen Malaria setzt die medizinische Hilfsorganisation Ärzte ohne Grenzen/Médecins Sans Frontières (MSF) in Niger auf sogenannte Malaria-Chemoprävention. Dabei erhalten besonders gefährdete Kleinkinder während der Regenzeit vorbeugend Anti-Malaria-Medikamente. Die Ergebnisse dieser neuen Strategie sind sehr ermutigend – auch wenn sie kein Wundermittel ist.
„Die Wirkung der Chemoprävention in der Sahelzone kann als sehr ermutigend bezeichnet werden“, sagt Dr. Alena Koscalova, Epidemiologin von Ärzte ohne Grenzen . „Studien, die kürzlich in westafrikanischen Ländern wie Senegal, Gambia, Burkina Faso oder Mali durchgeführt wurden, zeigten einen Rückgang der einfachen Malariafälle von bis zu 83 Prozent. Auch bei den Fällen schwerer Malaria gab es bei den unter fünfjährigen Kindern, die sich der präventiven Behandlung unterzogen hatten, eine ähnlich starke Abnahme.“
Vorbeugende Methode für saisonalen Anstieg der Fälle
Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) empfiehlt die „saisonale Malaria-Chemoprävention“ als neue vorbeugende Methode für die Sahelzone, wo die Krankheitsfälle saisonal stark ansteigen. Diese Form der präventiven Behandlung wird ausschließlich in Regionen angewendet, in denen Malaria saisonbedingt auftritt. In Niger ist die Krankheit endemisch, während der Regenzeit von Juli bis Oktober hat die Bevölkerung mit einem besonders starken Anstieg der Fälle zu kämpfen. Seit dem ersten Einsatz der neuen Präventionsmethode in Niger im Jahr 2013 ist sie nun ein fester Bestandteil des nationalen Anti-Malaria-Programms.
Ein Mutter aus dem Bezirk Magaria im Süden Nigers berichtet über ihre Erfahrungen mit der neuen Präventionsmethode: „In den vergangenen Jahren waren all unsere Kinder krank. Wir waren ständig unterwegs, um sie ins Spital zu bringen. Es gab auch viele Todesfälle.“ Zwischen Juli und Oktober 2013 erhielten ihre Kinder zum ersten Mal Sulfadoxin-Pyrimethamin und Amodiaquin. Die Behandlung mit diesen vorbeugenden Medikamenten erfolgte einmal monatlich während drei Tagen. „Dank dieser Therapie sind unsere Kinder dieses Jahr nicht erkrankt.“
Monatliche Dosen für mehr als 206.000 Kinder
Ihre Kinder erhielten die Malaria-Prophylaxe im Rahmen einer großen Kampagne, die Ärzte ohne Grenzen zwischen Juli und Oktober 2013 durchgeführt hat. Dabei wurden mehr als 206.000 Kinder im Alter zwischen drei Monaten und fünf Jahren in etwa 1.045 Dörfern erreicht, die sich über die Regionen Zinder, Maradi und Tahoua erstrecken. Die Organisation entsandte mehr als 2.000 ausgebildete Helfer in die Gemeinden, um die Bevölkerung zu sensibilisieren und die Eltern zu ermutigen, ihre Kinder zu den Abgabestellen zu bringen, damit sie die monatlichen Dosen an Medikamenten erhalten. Die Tabletten enthalten die Wirkstoffe Sulfadoxin-Pyrimethamin und Amodiaquin. Die Verabreichung erfolgte an 179 Abgabestellen in Gesundheitsposten und anderen öffentlichen Einrichtungen, sowie an 75 weiteren Standorten in den Häusern von Dorfvorstehern. Zudem waren 99 Teams im Einsatz, die mit den Medikamenten von Tür zu Tür gingen.
„Durch diese Abgabe auf drei Ebenen konnte eine Abdeckung von über 85 Prozent erreicht werden, was sehr zufriedenstellend ist“, bilanziert Dr. Koscalova. „Wir haben die örtlichen Obrigkeiten miteinbezogen und festgestellt, dass das Bewusstsein der Bevölkerung für die verheerenden Auswirkungen von Malaria, insbesondere bei den kleinen Kindern, deutlich zugenommen hat. Diese Aktion hat gezeigt, dass es durchaus machbar ist, in einem Umfeld wie in Niger eine solche Präventionsmaßnahme umzusetzen. Sie hat sich auch als sicher und wirksam erwiesen.“
Ermutigende Ergebnisse - aber kein Allheilmittel
„Die Chemoprophylaxe ist jedoch kein Allheilmittel“, betont Séverine Ramon, die stellvertretende Projektleiterin der Hilfsprogramme von Ärzte ohne Grenzen in Niger. „Es handelt sich um eine präventive Maßnahme. Sie ergänzt andere Strategien zur Vorbeugung und Behandlung von Malaria.“
Besonders im Zusammenhang mit Mangelernährung und der damit einhergehenden Blutarmut hat sich die saisonale Malaria-Chemoprävention jedoch bewährt. In einem Land wie Niger, in dem die Gesundheitsversorgung eingeschränkt ist, ermöglicht die Prophylaxe, die Anzahl der Komplikationen zu reduzieren. Allerdings können nicht alle Malariafälle dadurch verhindert werden. „Es ist weiterhin unverzichtbar, dass die Bevölkerung sich testen und frühzeitig mit artemisinhaltigen Kombinationstherapien (ACT) behandeln lassen kann. Auch die Verteilung und Anwendung von imprägnierten Moskitonetzen und Insektensprays muss gefördert werden. Parallel dazu müssen gefährdete Bevölkerungsgruppen weiterhin umfassend über Malaria informiert und aufgeklärt werden.“
Zweite Anti-Malaria-Kampagne in Vorbereitung
Die Teams von Ärzte ohne Grenzen in Niger bereiten derzeit eine zweite Anti-Malaria-Kampagne vor, bei der ab Juli in denselben Regionen wie im Vorjahr mehr als 400.000 Kinder Malaria-Prophylaxe erhalten sollen. Dieses Jahr werden auch andere Organisationen und Behörden diese Strategie anwenden und die Malaria auf diese Weise auch in anderen Gebieten bekämpfen.
Ärzte ohne Grenzen wird die Kampagne indes auch für die systematische Erfassung und die Behandlung von Mangelernährung bei Kindern nutzen. Denn die Bevölkerung Nigers hat neben Malaria auch regelmäßig mit Ernährungskrisen zu kämpfen. Die Regenzeit fällt mit der „Hungerzeit“ zusammen – einer Periode, in der die Vorräte der Familien zur Neige gehen und die Lebensmittelpreise auf dem höchsten Stand sind. „Malaria und Mangelernährung bilden für Kinder unter fünf eine tödliche Kombination“, betont Séverine Ramon. „Wie bereits 2013 werden wir die Kampagne deshalb dazu nutzen, um neben den Malariapatienten auch schwer mangelernährte Kinder zu erfassen und frühzeitig zu behandeln.“
Ärzte ohne Grenzen ist seit 1985 in Niger tätig. Die Aktivitäten der Organisation zielen hauptsächlich darauf ab, den Zugang zu medizinischer Versorgung für unter fünfjährige Kinder und Schwangere zu verbessern. Ärzte ohne Grenzen unterhält ambulante Ernährungsprogramme in 38 Gesundheitszentren in den Regionen Zinder, Maradi und Tahoua. Sie gewährleisten zudem die stationäre Behandlung akut unterernährter Kinder in den Ernährungszentren der Spitäler von Zinder, Magaria, Madarounfa, Guidan Roumdji, Madaoua und Bouza.