Nach dem Hurrikan: Verteilung von Hilfsgütern für Familien in Süd-Haiti

25.01.2017
Logistische Herausforderung in entlegener Berg-Region: Baumaterial und Hygienekits werden via Helikopter zu den Menschen transportiert - mit Fotos.
Aid Drops In Remote Areas Of Haiti
Jeanty Junior Augustin
A Medecins Sans Frontieres (MSF) team arrive at Planton during a recce before a day of distribution where MSF will distribute aid to the most remote areas of Jérémie and Cayes. Haiti.

Vor drei Monaten, im Oktober 2016, fegte Hurrikan „Matthew“ über Haiti hinweg: Hunderte Menschen starben, tausende Häuser wurden zerstört. Ärzte ohne Grenzen leistete vor Ort dringende medizinische Nothilfe und startete nun eine große Verteilaktion von Hilfsgütern. Diese kommen rund 10.000 Familien zugute, die in der bergigen Region Sud-Ouest leben – im südwestlichen Teil der Insel, der durch den Wirbelsturm besonders schwer getroffen wurde.

Baumaterial, Hygienekits, Behelfsmittel für die Wasserspeicherung, Reinigungstabletten, Decken und Energieriegel – all das verteilen derzeit unsere Teams an 9.530 Familien in einer der entlegensten Regionen Haitis. Jede dieser Familien erzählt auch zehn Wellblech-Platten, mit denen das Dach für eine 12m²-Unterkunft gebaut werden kann. So haben die Menschen eine Behausung mit einem Mindestmaß an Würde.

Jeanty Junior Augustin
Die Menschen in Douillette sehen zu, wie der Helikopter ein Netz mit Hilfsgütern von Ärzte ohne Grenzen ablädt.

Menschen haben kaum Schutz vor Wind und Wetter

„In dieser entlegenen Bergregion waren die Menschen gezwungen, ihr Zuhause schnellstmöglich wiederaufzubauen – und zwar mit Material, das vom Wind angetrieben worden war; oft zerbrochen und löchrig. Die schlechte Substanz der Häuser schützt die Bevölkerung nicht ausreichend vor den Elementen, besonders den schweren Regenfällen. Das wiederum hat direkte Auswirkungen auf ihre Gesundheit“, erklärt Lily Caldwell, die unsere Nothilfeteams vor Ort koordiniert.

Die Logistik der Verteilaktion, die mit Unterstützung des WFP (World Food Programme) durchgeführt wird, ist eine riesige Herausforderung. Denn diese Region zu erreichen, ist besonders schwer – es gibt oft keine richtigen Straßen und es herrscht eine schwierige Sicherheitslage. „Das schlechte Wetter schränkt oft unser Zeitfenster ein, in dem wir aktiv werden können. Manchmal haben selbst unsere Helikopter Flugverbot, und sie sind unsere einzige Möglichkeit, diese isolierten Gebiete zu erreichen. Die langen Verzögerungen sind äußerst frustrierend, deshalb müssen unsere Einsatzteams oft viel Zeit darauf verwenden, unsere Hilfsaktivitäten zu erklären, bevor wir fortfahren können – damit die Verteilung unter den richtigen Rahmenbedingungen stattfinden kann. All das braucht dann nochmals mehr Zeit!“ so Lily Caldwell.  

Jeanty Junior Augustin
Unser Logistik-Manager Abdoulaye Chaibou hilft im Dorf Bollosse bei der Verteilung der Hilfsgüter.

„Wir sind sehr dankbar für die Hilfe.“

„Welche Freude, all diese Dinge von Ärzte ohne Grenzen zu bekommen! Es ist wie ein Schluck frisches Wasser, nachdem man tagelang nichts zu essen oder zu trinken hatte. Wir brauchen mehr, sind aber wirklich sehr dankbar für diese Hilfe“, so Jean Marc, Bewohner des Dorfes Chardonnières. Ärzte ohne Grenzen hat die Aktivitäten tatsächlich auf einer Partnerschaft mit Einheimischen aufgebaut, um den Erfolg der Hilfsaktion zu gewährleisten.

„Die Verteilung funktioniert wirklich gut. Während ein Team von Ärzte ohne Grenzen anwesend ist, holt ein Familienmitglied die Hilfsgüter für ihre oder seine Familie – meist rund sieben Menschen – von einem Dorf-Repräsentaten ab. Dieser wiederum hat all die Dinge vorab nach ihrer Lieferung entgegengenommen“, erklärt François Giddey erfreut. Er koordiniert die Verteilaktion vor Ort für Ärzte ohne Grenzen.

Jeanty Junior Augustin
Unser Aufklärungsteam informiert die Einwohnern des Dorfes Dibaras, wie die Verteilaktion abläuft.

Soforthilfe nach der Naturkatastrophe

Im Rahmen der Hilfe nach Hurrikan Matthew sind immer noch 250 nationale und 39 internationale Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen von Ärzte ohne Grenzen in Haiti im Einsatz. Zusätzlich arbeiten unsere regulären Teams in sechs Gesundheitseinrichtungen im Land.

Nach dem Wirbelsturm versorgte Ärzte ohne Grenzen die Gebiete Grande Anse, Sud und Nippes mit medizinischer Soforthilfe. Auch die Krankenhäuser in Nord, Artibonite und Ouest wurden unterstützt, damit sie besser auf den Bedarf der Menschen reagieren konnten. Die Organisation versorgte während des Hurrikans 832 Verletzte und betreute 6.341 PatientInnen, darunter 458 Cholera-Kranke. Auch wurden 26 Wasserstellen gereinigt und mehr als 10 Millionen Liter sauberes Trinkwasser mittels Tankwagen bereitgestellt. Gleichzeitig wurden in Zusammenarbeit mit dem Gesundheitsministerium 13.800 Menschen in den am schwersten betroffenen Gebieten gegen Cholera geimpft, vor allem in Sud und in der Stadt Coteaux. Im Jahr 2017 wird Ärzte ohne Grenzen weiterhin laufend in Port-à-Piment präsent sein, um die dort angebotenen Gesundheitsleistungen zu verstärken.

Ärzte ohne Grenzen ist seit dem Jahr 1991 laufend in Haiti tätig. Heute ist die Organisation in sechs Krankenhäusern der Region Port-au-Prince aktiv: Im auf Verbrennungsopfer spezialisierten Drouillard-Spital, im Notfallzentrum Martissant, im chirurgischen Traumaspital Nap Kenbe, im CRUO Referenzzentrum für geburtshilfliche Notfälle, in der Pran Men'm Klinik für Betroffene sexueller Gewalt sowie im Rahmen einer Cholera-Soforthilfe-Einrichtung, die innerhalb weniger Stunden einsatzbereit ist. Ärzte ohne Grenzen unterstützt auch das Gesundheitsministerium im Rahmen des Diquini-Zentrums bei der Versorgung von Cholera-Kranken.