Liberia: Ebola in Lofa County eingedämmt, Ärzte ohne Grenzen übergibt Aktivitäten

11.12.2014
Keine neuen Erkrankten seit 30.10. - Vorzeigemodell mit starker Einbindung der lokalen Gemeinden

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Deddeh hat Ebola überlebt - aus Solidarität hatte sie entschieden, im Bereich für bestätigte Ebola-Erkrankte im Behandlungszentrum zu bleiben und sich um einen dreijährigen Buben Elijah zu kümmern, dessen Mutter verstorben war.
Martin Zinggl/MSF
Foya, Liberia, 07.10.2014: Deddeh hat Ebola überlebt - aus Solidarität hatte sie entschieden, im Bereich für bestätigte Ebola-Erkrankte im Behandlungszentrum zu bleiben und sich um einen dreijährigen Buben Elijah zu kümmern, dessen Mutter verstorben war.

Die Situation in Lofa County hat sich hinsichtlich der Ebola-Epidemie deutlich verbessert – Ärzte ohne Grenzen hat sich daher dazu entschlossen, das Gebiet zu verlassen. Seit 30. Oktober wurden keine neuen Ebola-Erkrankten mehr im Behandlungszentrum in Foya registriert. Auch sind neue Organisationen eingetroffen, um zu helfen. Der Erfolg der Hilfsaktivitäten von Ärzte ohne Grenzen zur Eindämmung des Ebola-Ausbruchs im Norden Liberias ist ein Vorzeigemodell, dessen Erfolg auf einem allumfassenden Ansatz und der kontinuierlichen Einbindung der betroffenen Gemeinden basiert.

Als Ärzte ohne Grenzen im August 2014 die Leitung des Ebola-Behandlungszentrums in Foya übernahm, waren die Teams nicht nur mit einem Ansturm von bis zu 130 neuen Patientinnen und Patienten pro Tag konfrontiert, sondern auch mit der Angst, Verleugnung und Desinformation der Bevölkerung, die noch nie zuvor einen Ebola-Ausbruch erlebt hatte. Rasch wurde klar, dass sich die Hilfsaktivitäten nicht nur auf die Isolation von Erkrankten konzentrieren durften, sondern ein umfassender und transparenter Ansatz zur Eindämmung des Virus notwendig war. Daher begannen die Teams, in allen sechs Bereichen der Ebola-Hilfe aktiv zu werden: Isolation von Erkrankten, Aktivitäten in entlegenen Gebieten, sichere Bestattungen, Gesundheitsaufklärung, psychosoziale Unterstützung und Identifikation der Kontaktpersonen von Infizierten. Ebola greift massiv in familiäre und soziale Strukturen ein und zwingt Menschen, die natürlichsten Gesten und Tätigkeiten einzustellen – von der Pflege ihrer erkrankten Angehörigen bis zur traditionellen Bestattung der Verstorbenen.

Vertrauen und Verständnis als Schlüssel zum Erfolg

„Wir sind davon überzeugt, dass unser allumfassender Ansatz in Verbindung mit einer offenen und transparenten Zusammenarbeit mit Gemeinden, lokalen Behörden und Partnern zu diesem deutlichen Rückgang der Fälle in Lofa County geführt hat“, so Ettore Mazzanti, Projektkoordinator von Ärzte ohne Grenzen in Foya. „Vertrauen und das Verständnis der Gemeinden waren sehr wichtig, um Akzeptanz für unsere medizinischen Aktivitäten zu erreichen und letztendlich den Virus einzudämmen. Ohne diesem Verständnis und einem entsprechend angepassten Verhalten ist es unmöglich, die Ausbreitung zu stoppen.“

Seit 30. Oktober 2014 wurden im Ebola-Behandlungszentrum in Foya keine neuen Ebola-Erkrankten mehr registriert. Andere Organisationen haben mittlerweile die Region erreicht und sind bereit, weiterführende Aktivitäten und die fortlaufende Beobachtung der Situation vor Ort zu übernehmen. Ärzte ohne Grenzen hat sich daher dazu entschlossen, sich aus Lofa County zurückzuziehen und seine Anstrengungen auf jene Gebiete zu konzentrieren, wo ein größerer dringender Bedarf herrscht. In den vergangenen Monaten wurde die Abreise bereits vorbereitet – das Team strukturierte das Behandlungszentrum um und verringerte die Kapazität sukzessive von 85 auf 10 Betten. Auch die Anzahl der nationalen und internationalen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter vor Ort wurde laufend reduziert.

Unterstützung bei der Wiedereröffnung von Gesundheitseinrichtungen

Zur Unterstützung des lokalen Gesundheitssystems hat Ärzte ohne Grenzen Ebola-Schutzkits an medizinische Einrichtungen gespendet. Darüber hinaus wurden Gesundheitsfachkräfte in den Bezirken Foya, Kohalun und Vahun im Umgang mit Ebola-Erkrankten geschult – von der Diagnose über die Isolation und medizinische Betreuung bis zu vorbeugenden Maßnahmen und Infektionskontrolle. In Lofa County ist wie auch im Rest des Landes das Gesundheitssystem auf Grund der Epidemie kollabiert. Viele Gesundheitsfachkräfte sind verstorben, zahlreiche Krankenhäuser bleiben geschlossen. Die sichere Wiederaufnahme von wichtigen Gesundheitsleistungen ist momentan eine der dringlichsten Aufgaben.

“Die Anzahl der medizinischen Fachkräfte wurde durch die Epidemie drastisch reduziert – wir müssen daher sicherstellen, dass die übrigen Menschen genug Vertrauen haben, um wieder zu ihrer Arbeit zurückkehren zu können“, erklärt Mazzanti.

Auch die Tätigkeiten in den Bereichen Gesundheitsaufklärung und psychosozialer Unterstützung wurden langsam reduziert, nachdem mehrere lokale NGOs aktiv geworden waren. Mit dem 10. Dezember wurden alle Aktivitäten von Ärzte ohne Grenzen in diesen Bereichen eingestellt, nachdem sie abgeschlossen und an das Gesundheitsministerium und seine Partner übergeben worden waren.

Leben nimmt wieder seinen normalen Lauf

„Es ist wunderbar zu sehen, dass das Leben hier fast wieder seinen normalen Lauf nimmt, auch wenn es definitiv gemischte Gefühle innerhalb der Gemeinden in Lofa gibt“, beobachtet Mazzanti. „Einerseits sind die Menschen nach dem Rückzug von Ärzte ohne Grenzen zuversichtlich, dass sich die Situation verbessert hat. Doch andererseits sind die Menschen besorgt über die Situation im benachbarten Guinea und Sierra Leone, wo die Epidemie weiter anhält. Mit dem bevorstehenden Weihnachten werden die Menschen viel reisen und es wird zu größeren Versammlungen kommen, was wiederum das Risiko einer Ansteckung erhöht. Wir dürfen auf jeden Fall nicht unsere Wachsamkeit verlieren, und müssen weiterhin aufmerksam bleiben.“

 Ärzte ohne Grenzen betreibt in der liberianischen Hauptstadt Monrovia ein Ebola-Behandlungszentrum mit 240 Betten sowie ein Übergangszentrum in der Nähe des staatlichen Redemption-Krankenhauses. In die Bezirke River Cess und Grand Bassa wurden mobile Notfallteams entsendet, wo sie Aufklärungsarbeit leisten und Malaria-Medikamente verteilen.

Seit März 2014 arbeitet Ärzte ohne Grenzen in Westafrika an der Eindämmung der Ebola-Epidemie. Derzeit ist die Organisation in Guinea, Liberia, Sierra Leone und Mali tätig. Die Organisation betreibt sechs Ebola-Behandlungszentren mit einer Gesamtkapazität von mehr als 600 Betten. Seit März hat Ärzte ohne Grenzen mehr als 6.500 Menschen stationär aufgenommen, von denen rund 4.100 positiv auf Ebola getestet wurden – knapp 1.800 haben sich erholt. Derzeit arbeiten rund 300 internationale und mehr als 3.100 nationale Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den betroffenen Gebieten.

Zur Aufklärung der lokalen Bevölkerung in Foya hat die Gruppe "TYB Boyz" einen Song mit dem Titel "Ebola is real" komponiert - zum Ansehen auf YouTube: