Haiti: Drei Monate nach dem Erdbeben

13.04.2010
Drei Monate nach dem Erdbeben geht die Hilfe weiter - Ärzte ohne Grenzen hat 92.000 Menschen behandelt und 5.000 Operationen durchgeführt

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Haiti 2010
Chip Somodevilla/Getty Images
Haiti, 01.03.2010: Ein Chirurg von Ärzte ohne Grenzen studiert eine Röntgenaufnahme in einem Zeltspital

Nach dem Erdbeben am 12. Januar 2010, bei dem Hunderttausende ums Leben kamen und weitere Hunderttausende verletzt wurden, konnte Ärzte ohne Grenzen sofort reagieren, da Teams bereits seit 1991 im Land arbeiteten. Die eigenen Einrichtungen der Organisation waren bei dem Beben beschädigt worden, und so wurde in provisorischen Strukturen gearbeitet. Die Mitarbeiter kümmerten sich um die Verletzten, entschieden, wer am dringendsten welche Behandlung bekommen musste und führten operative Eingriffe durch. Hunderte Tonnen von Material wurden ins Land geschickt, darunter ein aufblasbares Krankenhaus. All diese Aktivitäten machten den Einsatz in Haiti zu einem der größten in der Geschichte von Ärzte ohne Grenzen.

Inzwischen sind drei Monate vergangen, und Ärzte ohne Grenzen entwickelt weiterhin Strategien, um auf die sich verändernde Situation sowie die akuten und langfristigen Bedürfnisse der Menschen in Haiti reagieren zu können. Als medizinische humanitäre Organisation legt Ärzte ohne Grenzen den Schwerpunkt der Arbeit auf die Gesundheit der Menschen und bezieht dabei die Lebensumstände mit ein.

60 Prozent der Gesundheitseinrichtungen wurden zerstört

Es darf nicht vergessen werden, dass es zwar in der Zeit vor dem Erdbeben Verbesserungen im Gesundheitsbereich gegeben hatte, die medizinische Versorgung aber dennoch begrenzt und ungerecht war. Das Land hatte die höchste Müttersterblichkeit der westlichen Hemisphäre. Den öffentlichen Krankenhäusern fehlten Mitarbeiter, Medikamente und Ausstattung, und aus einer Reihe von Gründen war der Zugang zu vielen Hilfsleistungen nicht möglich. So machten zum Beispiel die Gebühren, die in Einrichtungen verlangt wurden, selbst grundlegende Leistungen für die Mehrzahl der Bevölkerung unerschwinglich.

Das Erdbeben verschlimmerte diese Situation, da von der Infrastruktur in Port-au-Prince großteils nur Schutt übrigblieb: Zahlreiche Gesundheitseinrichtungen wurden zerstört - das Gesundheitsministerium schätzt, dass mehr als 60 Prozent der Einrichtungen in den am meisten betroffenen Regionen entweder beschädigt oder zerstört wurden. Die Bevölkerung musste massenhaft in Übergangslagern unterkommen, wo Wasserversorgung, Hygieneverhältnisse und medizinische Hilfe nur äußerst unzureichend oder überhaupt nicht zur Verfügung standen.

Mehr als 92.000 Patienten wurden inzwischen von den Teams behandelt

Anfang des Jahres und noch vor dem Erdbeben betrieb Ärzte ohne Grenzen vier Gesundheitseinrichtungen in Port-au-Prince. Die Teams leisteten Basisgesundheitsversorgung und arbeiteten in Krankenhäusern. Sie leisteten Notfallhilfe, behandelten Verletzte, führten Operationen und Geburtshilfe durch. Nach dem Erdbeben stieg die Zahl der Einrichtungen auf 26, darunter Krankenhäuser, Nachsorgeeinrichtungen, Rehabilitations- und allgemeinmedizinische Zentren. Nachdem sich Prioritäten verändert haben und einige Einrichtungen zusammengelegt wurden, sind es inzwischen noch 19 Einrichtungen - zudem ist die Organisation mit drei mobilen Kliniken unterwegs. Ärzte ohne Grenzen betreibt 19 OPs und verfügt in verschiedenen Einrichtungen über 1.200 Betten. Ingesamt wurden seit dem Beben 92.000 Patienten versorgt und 5.000 Operationen durchgeführt.

Die Aktivitäten nach dem Erdbeben im Einzelnen:

Während der akuten Nothilfephase:

  • Die Gesundheitsversorgung für die Bedürftigsten aufrechterhalten
  • Chirurgische Eingriffe bei extrem hohem Bedarf ermöglichen
  • Mit Physiotherapie, Reha, psychologischer Beratung und anderen Maßnahmen eine umfangreiche operative Nachsorge ermöglichen
  • Die Wiederaufnahme von Hilfe für Menschen mit chronischen Krankheiten, schwangere Frauen, Menschen mit traumatischen Erfahrungen und Opfer sexueller Gewalt
  • Verteilung von Zelten und Material, Hilfe bei der Wasser- und Sanitärversorgung von Vertriebenen
  • Erkundung der Bedürfnisse außerhalb von Port-au-Prince

Nach der akuten Nothilfephase:

  • Den Zugang zu medizinischer Versorgung für die Mehrzahl derjenigen Haitianer aufrechterhalten, die dafür nichts bezahlen können
  • Auf den Ausbruch von Krankheiten und mögliche weitere Naturkatastrophen vorbereitet sein
  • Vorbereitungen treffen, um die gegenwärtigen provisorischen Einrichtungen in langfristigere zu überführen, in denen Ärzte ohne Grenzen während der kommenden Zeit sinnvoll weiterarbeiten kann und die irgendwann in der Zukunft möglicherweise an das haitianische Gesundheitsministerium übergeben werden können
  • Mit der haitianischen Regierung, Nichtregierungsorganisationen, der Zivilgesellschaft und anderen Akteuren zusammenarbeiten, um die Aufrechterhaltung der Hilfe zu ermöglichen