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Griechenland: „Ich lebe in der Hölle und habe nur noch Alpträume“
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Ein betroffener Migrant schildert die Zustände in der griechischen Polizeistation Evros.
Ich bin nun bereits seit 64 Tagen in dieser Polizeigrenzstation inhaftiert und die Bedingungen sind unvorstellbar.
Im Moment befinden sich 124 Menschen in meiner Zelle. Die Zelle ist sehr, sehr klein, sie ist eigentlich nur für 35 Personen gedacht. Es ist nicht genug Platz, um sich hinzulegen und zu schlafen, man kann nicht auf die Toilette gehen, nicht einmal die einfachsten Dinge tun. Wenn Essen verteilt wird, dauert es zwei Stunden, bis jeder seinen Anteil bekommt, die Menschen kämpfen gegeneinander. Wir sind so viele hier, dass wir uns nicht bewegen können, wir können kaum atmen. Jede Nacht träumen wir von einem erholsamen Schlaf. Aber am Morgen erwachen wir mit Schmerzen am ganzen Körper.
Alle Menschen, die hier inhaftiert sind, erreichen einen Punkt, an dem sie nicht mehr wissen, wie all das ihren Körper und ihre psychische Verfassung beeinflusst. Ich weiß nicht, wie wir weiter mit diesen Lebensbedingungen umgehen können und wie es mit uns weitergeht. Wir haben Angst, dass wir hier drinnen verrückt werden.
"Wir werden wie Tiere behandelt"
Wir werden wie Tiere behandelt, schlimmer als Tiere, und das macht uns furchtbar müde. Es interessiert sie nicht, dass wir auch Menschen sind. Ein menschliches Wesen sollte zwei Meter Platz haben, um sich bewegen zu können, sollte in den Hof gehen können, ein wenig Freiraum haben – warum werden wir wie Tiere behandelt? Ich weiß, ich bin ohne Papiere hierher gekommen, aber warum muss ich auf diese unmenschliche Art und Weise dafür bezahlen? Ich habe nie einer anderen Person etwas in der Art angetan. Sie sollten nicht über mich urteilen; sie kennen mich überhaupt nicht.
Die Lebensbedingungen hier sind sehr schlimm, aber was mich noch fertiger macht, ist unsere Behandlung. Niemand redet mit uns, sagt uns, wann wir diesen Ort verlassen werden, wann wir entlassen werden. Sie sagen nur: „Ich weiß es nicht, vielleicht heute, vielleicht morgen…“ Ich würde wirklich gerne wissen, wo die Person ist, die uns sagen kann, was mit uns passieren wird.
Wir haben hier all unsere Hoffnung verloren. Vor einigen Monaten habe ich davon geträumt, mein Heimatland zu verlassen, weil die Lage dort sehr, sehr schwierig ist. Ich habe davon geträumt, nach Frankreich zu gehen, um bei meiner Familie zu sein. Ich habe gehofft, mit ihnen zu leben, aber jetzt habe ich jegliche Hoffnung verloren.
Ich wollte nicht nach Griechenland kommen und hier bleiben. Es war für mich nur ein Zwischenstopp auf dem Weg nach Frankreich. Als ich noch in meiner Heimat war, hatte ich in verschiedenen europäischen Ländern ein Visum beantragt. Ich habe jedoch keines bekommen, obwohl ich Tausende Euro bezahlt habe. Dann hörte ich von Freunden, dass einige Leute über Griechenland nach Europa gekommen waren und, dass es nur zwei Tage gedauert hatte, ins Land zu kommen. Deshalb habe ich mich entschlossen, ebenfalls diese Reise anzutreten. Aber ich hatte keine Vorstellung davon, wie schrecklich die Situation hier sein würde.
Jedes Mal, wenn ich nun mit meiner Familie in Frankreich telefoniere, kann ich ihnen nicht erzählen, was ich durchmache. Ich kann ihnen nicht sagen, was hier passiert. Was soll ich ihnen sagen? Dass ich in dieser Hölle lebe? Und wenn ich das Telefon auflege, möchte ich vergessen, dass ich eine Familie habe. Ich möchte alles vergessen, weil ich befürchte, dass ich verrückt werde und durchdrehe, wenn ich an meine Vergangenheit und meine Familie denke.
Ich kann nicht mehr von meiner Zukunft träumen. Ich lebe in der Hölle und habe nur noch Alpträume. Es muss sich dringend etwas ändern. Ich weiß nicht, wie ich diese Situation weiter ertragen kann. Ich sehe keine Zukunft. Ich will nur bei meiner Familie sein. Niemand hier sieht eine Zukunft. Niemand kann an etwas anderes denken, als an diese Hölle, die wir hier durchleben. Wann werde ich entlassen?
Das einzige, was uns hier drinnen Hoffnung gibt, ist die Präsenz von Ärzte ohne Grenzen. Ich weiß nicht, was ich tun würde, wenn das Team nicht hier wäre. Der Psychologe von Ärzte ohne Grenzen hat mir sehr geholfen, mit dieser Situation umzugehen. Deshalb habe ich diesen Brief an Ärzte ohne Grenzen geschrieben, um dem Psychologen und dem Team zu danken und meine Wertschätzung für ihre Arbeit hier zu zeigen. Aber ich habe vier Stunden gebraucht, um diesen Brief zu schreiben. Mir sind die Wörter nicht eingefallen, ich habe sie vergessen. Wenn du hier eingeschlossen bist, dann verlierst du dich selbst, du verlierst die Worte. Die einzigen Wörter, die ich anfangs schreiben konnte, waren „Helft uns, helft uns, helft uns, helft uns…“