Ebola-Epidemie: Übersicht der Aktivitäten von Ärzte ohne Grenzen und neuer Finanzbericht

24.03.2016
Ärzte ohne Grenzen startete zur Eindämmung des Ausbruchs im März 2014 eines der größten Nothilfe-Projekte in der 44-jährigen Geschichte der Organisation.

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Nubia At MSF Ebola Treatment Center In Conakry, Guinea.
Tommy Trenchard
Dr Sira Kabbah, who delivered baby Nubia, puts on her PPE equipment as she prepares to enter the isolation area at the Medecins Sans Frontiers (MSF) Ebola treatment center in Nongo.

Die Ebola-Epidemie in Westafrika nahm ein bis dahin unvorstellbares Ausmaß an, daher startete Ärzte ohne Grenzen zur Eindämmung des Ausbruchs eines der größten Nothilfe-Projekte in der 44-jährigen Geschichte der Organisation. Der heute veröffentlichte Finanzbericht macht die finanziellen Aufwendungen im Rahmen der Hilfsprogramme transparent. Doch auch nach dem Ende der Epidemie sind unsere Aktivitäten noch nicht vorbei: Unsere Teams sind weiterhin in den drei am schwersten betroffenen Ländern tätig, unterstützten Überlebende und helfen beim Wiederaufbau der geschwächten Gesundheitsversorgung.

Im März 2014 nahm eine Epidemie ihren Lauf, die zum bisher weltweit größten Ausbruch des Ebola-Virus werden sollte. Ärzte ohne Grenzen war ab diesem Zeitpunkt sowohl in den drei am schwersten betroffenen Ländern tätig – Guinea, Sierra Leone und Liberia – als auch in Nigeria, Mali und dem Senegal, wo Fälle auftraten. Am Höhepunkt der Epidemie beschäftigten wir knapp 4.000 einheimische und mehr als 325 internationale MitarbeiterInnen. Sie betrieben Ebola-Behandlungszentren, führten epidemiologische Überwachungsmaßnahmen und die Nachverfolgung von Kontaktpersonen durch, klärten die Bevölkerung über Gesundheitsthemen auf und leisteten psychologische Unterstützung.

Finanzbericht zeigt alle Aufwendungen

In unseren Behandlungszentren wurden insgesamt 10.310 PatientInnen aufgenommen, von denen 5.201 mit dem Ebola-Virus infiziert waren – das ist ein Drittel aller laut Weltgesundheitsorganisation WHO bestätigten Fälle. Während der ersten fünf Monate des Ausbruchs versorgte Ärzte ohne Grenzen in den betroffenen Ländern mehr als 85% aller stationär betreuten Ebola-Kranken. Insgesamt wurden im Kampf gegen die Ebola-Epidemie von März 2014 bis Dezember 2015 knapp 104 Millionen Euro aufgewendet. Mit dem heute veröffentlichten Finanzbericht macht Ärzte ohne Grenzen die finanziellen Aufwendungen während des schlimmsten Ebola-Ausbruchs der Geschichte transparent:

Finanzbericht Download

Heute leisten unsere Teams weiterhin Hilfe in Guinea, Liberia und Sierra Leone, wie die nachfolgende Übersicht unserer Aktivitäten zusammenfasst:

Guinea: Hilfe für Überlebende

In Guinea wurde die Ebola-Epidemie am 28. Dezember 2015 für beendet erklärt. Ärzte ohne Grenzen betreibt in der Hauptstadt Conakry weiterhin eine Klinik für Überlebende. Im Februar wurden dort 126 psychosoziale Beratungen und 181 medizinische Behandlungen angeboten. Zusätzlich führen unsere Teams Sensibilisierungsmaßnahmen in der Klink und in der Gemeinde durch.

Am 17. März gab die guineische Regierung zwei weitere bestätigte Todesfälle und drei Verdachtsfälle bekannt – das erste Wiederauftreten des Virus, seit der Ausbruch im Dezember für beendet erklärt worden war. Ärzte ohne Grenzen ist bei der Betreuung dieser Fälle nicht involviert, kann aber im Bedarfsfall Unterstützung leisten.

Liberia: Wiederaufbau des Gesundheitssystems

Am 4. Dezember 2015 konnte der letzte Ebola-Patient negativ getestet und aus der Behandlung entlassen werden. In Liberia wurde daraufhin am 14. Januar 2016 die Epidemie für beendet erklärt. Laut Weltgesundheitsorganisation WHO war nach heutigem Wissensstand die letzte Gruppe von Fällen eine Folge des Wiederausbruchs, nachdem das Virus in einer zuvor infizierten Einzelperson überdauert hatte.

Das liberianische Gesundheitssystem, das bereits vor dem Ausbruch zu den schwächsten der Welt zählte, wurde durch die Epidemie empfindlich getroffen: Knapp 200 liberianische Gesundheitsfachkräfte starben laut offiziellen Angaben an dem Virus – das sind 8% aller Fachkräfte im gesamten Land. Ärzte ohne Grenzen konzentriert sich daher darauf, die Wiederherstellung der Gesundheitsversorgung zu unterstützen, vor allem durch ein pädiatrisches Krankenhaus in der Hauptstadt Monrovia. Vor der Ebola-Epidemie gab es 220 Betten zur stationären Betreuung von Kindern in Monrovia – doch im April 2015, als Ärzte ohne Grenzen sein Kinderspital eröffnete, waren bereits alle pädiatrischen Stationen geschlossen. Mit Ende 2015 standen wieder 122 Betten für stationäre Aufenthalte zur Verfügung, jedoch immer noch weitaus zu wenig für eine Stadt mit 1,4 Millionen Einwohnern, von denen geschätzte 17% im Alter von unter fünf Jahren sind.

Die pädiatrische Klinik von Ärzte ohne Grenzen im „Barnesville Junction Hospital“ (BJH) in Monrovia hat eine Kapazität von 91 Betten und beinhaltet zusätzlich eine Intensivstation für Neugeborene mit 22 Betten. Ziel der Einrichtung ist es, nun nach der Ebola-Epidemie den Zugang zu Nothilfe und sekundärer medizinischer Versorgung für Kinder wieder zu ermöglichen. Im Jahr 2015 wurden in der Notaufnahme des Spitals mehr als 3.400 Behandlungen durchgeführt, und mehr als 3.000 Kinder wurden stationär aufgenommen.

Ärzte ohne Grenzen betreibt auf dem Gelände des Krankenhauses auch eine Klinik für Ebola-Überlebende. Ehemalige PatientInnen sind Stigma und Diskriminierung ausgesetzt, wenn sie medizinische Hilfe aufsuchen, und kämpfen mit sozialen und ökonomischen Problemen (Verlust des Arbeitsplatzes, Verlust der Unterkunft, etc.). Ärzte ohne Grenzen bietet ambulant allgemeine Beratungen an und kümmert sich um die psychosozialen Bedürfnisse einer Gruppe von mehr als 500 bekannten Betroffenen – geschätzt ein Drittel aller Ebola-Überlebenden im Landkreis Montserrado. Unsere Teams versorgen aber auch PatientInnen, die nicht als Überlebende identifiziert werden können, da sie kein Zertifikat über die Entlassung aus einem Behandlungszentrum besitzen. Im Vergleich zu dokumentierten ehemaligen Ebola-Kranken ist für sie der Zugang zu medizinischer und sozialer Unterstützung noch schwieriger. Häufige Beschwerden sind Gelenkschmerzen und Probleme mit den Augen. Für letzteren Fall bietet Ärzte ohne Grenzen in Kooperation mit einer liberianischen Augenklinik Hilfe an.

Seit April 2015 wurden von uns rund 400 Überlebende versorgt, 168 werden weiterhin aktiv betreut. 32 Überlebende befinden sich in psychiatrischer Behandlung und 35 PatientInnen werden derzeit aufgrund von Augenproblemen versorgt. Ärzte ohne Grenzen leistet auch psychosoziale Hilfe für die Angehörigen von Überlebenden sowie für Menschen, die an vorderster Front gegen die Epidemie gekämpft haben – darunter MitarbeiterInnen von Ebola-Behandlungszentren, Bestattungsteams, etc.

Sierra Leone: Mutter-Kind-Gesundheit im Fokus

In Sierra Leone wurde die Ebola-Epidemie am 7. November 2015 für beendet erklärt – doch am 14. Januar wurde ein neuer Todesfall in Zusammenhang mit dem Virus bestätigt, gefolgt von einem weiteren Fall am 20. Januar. Infolgedessen wurde am 17. März der Ausbruch im Land erneut für beendet erklärt.

Ärzte ohne Grenzen nahm eine tragende Rolle bei der Versorgung von Ebola-Kranken ein und leistet auch heute noch medizinische und psychosoziale Hilfe in der Hauptstadt Freetown und im Bezirk Tonkolili für einige der rund 4.000 Überlebenden. In verschiedenen Städten des Landes wurden neue Projekte mit Fokus auf Mutter-Kind-Gesundheit eröffnet, nachdem das ohnehin fragile Gesundheitssystem von Sierra Leone durch die Last der Ebola-Epidemie noch weiter geschwächt worden war. Ärzte ohne Grenzen hält auch weiterhin ein kleines Einsatzteam für Nothilfe-Aktivitäten bereit.

Die Klink für Ebola-Überlebende in Freetown wird seit Februar 2015 betrieben und leistet primäre Gesundheitsversorgung und psychosoziale Unterstützung für Betroffene. Derzeit werden monatlich rund 140 Behandlungen pro Monat angeboten, sowie zusätzlich Maßnahmen zur Sensibilisierung und Verringerung der Stigmatisierung Überlebender durchgeführt.

Mit Ende Februar 2016 wurden die Aktivitäten von Ärzte ohne Grenzen zur Betreuung Überlebender in Magburaka, Bezirk Tonkolili, in das primäre Versorgungssystem des Gesundheitsministeriums integriert. Wir kümmern uns immer noch mit medizinischer und psychologischer Unterstützung sowie Überweisungen um eine kleine Gruppe Überlebender – doch die Großzahl der PatientInnen wurde aus unserem Programm entlassen. Während der Versorgung der Betroffenen beobachteten unsere Teams einen Rückgang bei den medizinischen Beschwerden und eine Verbesserung des psychischen Zustandes.

Im Krankenhaus in Magburaka im Bezirk Tonkolili unterstützen wir weiterhin die pädiatrische Abteilung sowie die Geburtshilfe-Station. Zehn Tage nach dem Beginn unserer Aktivitäten wurde in Magburaka ein neuer Ebola-Fall identifiziert. Das Team führte trotz dieses neuen Ausbruchs, der rasch eingeschränkt werden konnte, die medizinische Hilfe im Spital weiter. Ärzte ohne Grenzen hilft in der Klinik auch beim Screening und der Isolation von Verdachtsfällen. Im Februar wurden 152 Kinder in der Pädiatrie sowie 83 Frauen in der Geburtshilfe stationär betreut.

Im Kabala-Krankenhaus im Bezirk Koinadugu wird Ärzte ohne Grenzen ein neues Mutter-Kind-Projekt eröffnen. So soll der Zugang zu kostenloser medizinischer Versorgung in den Bereichen Geburtshilfe, Neonatologie und Pädiatrie verbessert werden. Gleichzeitig soll auch für Ebola-Überlebende im Bezirk weiterhin medizinische Hilfe zur Verfügung stehen und im Fall eines Neuausbruchs in der Region eine rasche Reaktion möglich sein.