Anschläge im Tschad: Ärzte ohne Grenzen versorgt Verletzte

09.12.2015
Dreifacher Selbstmordanschlag auf der Insel Koulfa im Tschadsee fordert 30 Todesopfer und rund 200 Verletzte. Unsere Teams arbeiteten rund um die Uhr, um Leben zu retten.
Chad: Deadly attack in Koulfoua Island, Lake Chad
MSF
MSF teams providing support to the Chadian Ministry of Health A triple suicide attack that took place on the island of Koulfoua in the Lake Chad area in Chad on Saturday morning has reportedly killed 30 people and wounded up to 200. Médecins Sans Frontières (MSF) teams present in the area have immediately mobilised to provide support to the Chadian Ministry of Health.

Bei einem dreifachen Selbstmordanschlag auf der Insel Koulfa in der Tschadsee-Region am vergangenen Samstagmorgen kamen Berichten zufolge 30 Menschen ums Leben, rund 200 weitere wurden verletzt. Unsere Teams unterstützten umgehend das tschadische Gesundheitsministerium bei der Versorgung der Verletzten.

Die Anschläge fanden am vergangenen Samstag, 5. Dezember 2015, gegen 10 Uhr morgens auf belebten Märkten statt. Die Verletzten mussten per Boot von der abgelegenen Insel evakuiert werden. Sie wurden zuerst nach Guitté gebracht, einer Stadt am Ufer des Tschadsees. 42 Patienten und Patientinnen wurden anschliessend in das Spital in Mani nahe der Grenze zu Kamerun überstellt. Schwerverletzte, die eine spezialisierte chirurgische Behandlungen benötigten, wurden per Ambulanz in die Hauptstadt N’djamena gebracht. Es handelte sich dabei um 36 Personen, darunter 14 Kinder.

Teams arbeiteten rund um die Uhr, um Leben zu retten

„Das war einer der größten Angriffe, die wir in den vergangenen Monaten in dieser Gegend erlebt haben“, berichtet Federica Alberti, Landeskoordinatorin von Ärzte ohne Grenzen im Tschad. „Im Spital in Mani gab es weder genug Platz noch Arzneimittel oder medizinisches Material, um mit einer so hohen Zahl von Verletzten fertigzuwerden. Eines unserer Teams, bestehend aus einem Chirurgen, Arzt, Pfleger und zwei Logistikern traf am Sonntagnachmittag ein, um das Personal des Gesundheitsministeriums zu verstärken. Die Teams arbeiten rund um die Uhr, um lebensrettende Behandlungen durchzuführen.“

Um die Kapazitäten des Spitals von Mani zu erhöhen, stellte Ärzte ohne Grenzen drei Zelte mit insgesamt 30 Betten auf. Am Sonntagnachmittag unterstützte unser Team das Spitalpersonal bei der chirurgischen Versorgung von 37 Verwundeten. Die Logistiker stellten die Strom- und Wasserversorgung sicher.

Bereitstellung von Medikamenten und chirurgischem Material

In N’djamena, wohin 36 Schwerverletzte gebracht wurden, unterstützt Ärzte ohne Grenzen zurzeit das Allgemeinspital und das Liberty Hospital. Zusätzlich sind Teams in einer Mutter-Kind-Klinik im Einsatz, wo sich elf Kinder in ernstem Zustand befinden. In allen drei Spitälern hat Ärzte ohne Grenzen wichtige Medikamente und chirurgisches Bedarfsmaterial zur Verfügung gestellt.

Ärzte ohne Grenzen ist seit 1981 im Tschad tätig. Die Organisation leitet zurzeit medizinische Projekte in Abéché, Am Timan und Moissala. Im März 2015 startete Ärzte ohne Grenzen in der Tschadsee-Region einen Notfall-Einsatz, um Menschen zu helfen, die vor der massiven Gewalt fliehen. Als es am 15. Juni und am 11. Juli 2015 in der Hauptstadt N’djamena zu mehreren Selbstmordanschlägen kam, unterstützte Ärzte ohne Grenzen das Personal in staatlichen Spitälern. Seit April dieses Jahres werden für die Mitarbeitenden des Gesundheitsministeriums Schulungen für den Umgang mit vielen Verletzten angeboten. Ähnliche Ausbildungen wurden kürzlich auch im Spital in Abéché durchgeführt, zudem wurde chirurgisches Material gespendet.

Aktuell sind Teams von Ärzte ohne Grenzen an verschiedenen Orten in den vier an den Tschadsee angrenzenden Ländern im Einsatz. In den Bundesstaaten Borno und Yobe im Norden Nigerias bietet Ärzte ohne Grenzen medizinische Grundversorgung für Vertriebene und die einheimische Bevölkerung an. Im Norden Kameruns betreibt Ärzte ohne Grenzen Gesundheitseinrichtungen in Minawao, Mora, Mokolo und Kousseri. Außerdem gewährleistet die Organisation lebensrettende medizinische Versorgung in der Region Diffa in Niger.

Lesen Sie hier das Interview mit Dr. Silas Adamou Moussa, unserem stv. Einsatzleiter im Tschad, der vor Ort bei der Versorgung der Verletzten half: „Unfassbar, dass solche Verletzungen absichtlich zugefügt werden.“