Tausende nigerianische Flüchtlinge suchen Schutz im Tschad

19.03.2015
Tausende Menschen sind infolge der Angriffe von Boko Haram im Nordosten Nigerias über die Grenze in den Tschad geflohen. <i>Ärzte ohne Grenzen</i> leistet Hilfe für die Flüchtlinge in der Region um den Tschadsee.
Chad - Distribution of hygiene and shelter kits to people displaced by Boko Haram attacks
JM Whiky Van Laere/MSF
Tschad, 28.02.2015: Teams von Ärzte ohne Grenzne verteilen Hilfsgüter an die Menschen, die durch die Übergriffe von Boko Haram aus Nigeria in den Tschad flüchten mussten.

Tausende Menschen sind infolge der Angriffe von Boko Haram im Nordosten Nigerias über die Grenze in den Tschad geflohen, wo sie sich in einem Flüchtlingslager und innerhalb der einheimischen Bevölkerung niedergelassen haben. Ärzte ohne Grenzen leistet Hilfe für die Flüchtlinge in der Region um den Tschadsee.

Laut offiziellen Schätzungen haben rund 18.000 Flüchtlinge in der Region um den Tschadsee Schutz gesucht. Doch seit einem Angriff auf die Stadt Ngouboua, 25 Kilometer von der nigerianischen Grenze entfernt, ist auch die Lage innerhalb Tschads angespannt. Tausende Einwohner und nigerianische Flüchtlinge haben in der Folge die Flucht ergriffen.

Notfall-Team erhebt humanitären Bedarf

Ärzte ohne Grenzen hat deshalb ein Notfall-Team in das Gebiet entsandt, das die humanitären Bedürfnisse ermitteln soll. Dem Team gelang es, die grö.ten Städte sowie das Flüchtlingslager Dar as Salam zu erreichen, das gegenwärtig rund 3‘700 Menschen beherbergt. Doch wegen der unsicheren Lage waren mehrere kleine Inseln nicht erreichbar, wo zahlreiche Flüchtlinge festsitzen.

„Die Menschen leben unter prekären Bedingungen“, warnt Stéphanie Giandonato, Landeskoordinatorin von Ärzte ohne Grenzen im Tschad. „Die tschadische Bevölkerung leidet ebenfalls unter der instabilen Lage; viele waren gezwungen, ihre Häuser zu verlassen. Die nigerianischen Flüchtlinge ihrerseits kamen praktisch ohne Hab und Gut an. Die medizinischen Einrichtungen in den Dörfern sind wegen des Zustroms von tausenden Menschen in den vergangenen Monaten überlastet.“

Psychologische Betreuung und medizinische Versorgung

Psychologische Betreuung wird ein Schwerpunkt der Aktivitäten von Ärzte ohne Grenzen sein. In den kommenden Tagen werden Psychologen und Psychologinnen von Ärzte ohne Grenzen den Menschen im Lager Dar as Salam, in Bogasola sowie in Ngouboua Einzel- und Gruppenberatungen anbieten. Auch Opfer sexueller Gewalt können psychologische und ärztliche Hilfe in Anspruch nehmen.

„Die Menschen haben große Angst nach diesen Angriffen zuerst in Nigeria, dann im Tschad“, so Giandonato. „Viele haben Familienangehörige verloren, sie fürchten sich und wissen nicht, wie es jetzt weitergeht.“

Da die Gesundheitseinrichtungen den großen Bedarf kaum abdecken können, versorgt Ärzte ohne Grenzen das Gesundheitszentrum in Ngouboua mit Medikamenten und Bedarfsmaterial, das für 1.000 Personen reichen soll. Diese Woche werden in den am stärksten betroffenen Gebieten Kliniken eingerichtet, die grundlegende medizinische Dienstleistungen anbieten.

Verteilung von Hilfsgütern

Gemeinsam mit den lokalen Behörden versorgten die Teams in Ngouboua, Bagasola und im nahegelegenen Forkouloum rund 6.000 Menschen mit verschiedenen Hilfsgütern. Die verteilten Sets beinhalten Decken, Plastikplanen sowie Moskitonetze zum Schutz vor Malaria, die in dieser Region endemisch ist.

Der Zugang zu sauberem Wasser ist ein großes Problem, insbesondere in Anbetracht der hohen Zahl von Durchfallerkrankungen in dieser Region. Ein Team von Ärzte ohne Grenzen führte deshalb Informationsveranstaltungen zum Thema sauberes Wasser durch und verteilte an Flüchtlinge und Bewohner in Ngouboua und Forkouloum Material zur Wasseraufbereitung.

Ärzte ohne Grenzen beobachtet die Entwicklung der Lage am Tschadsee genau und hält sich bereit, bei einem weiteren Zustrom die medizinischen Aktivitäten und Hilfsmaßnahmen weiter auszubauen.

Ärzte ohne Grenzen ist seit über 30 Jahren im Tschad tätig. Die Organisation leitet langfristige Projekte in Abéché, Am Timan, Massakory, Moissala und Tissi. 2014 startete Ärzte ohne Grenzen außerdem Nothilfe-Projekte in Bokoro aufgrund eines erhöhten Auftretens akuter Mangelernährung. Weitere Projekte in Sido und Gore im Süden Tschads widmen sich der Unterstützung von Flüchtlingen aus der Zentralafrikanischen Republik.