85 Prozent der AIDS-Kranken in der DR Kongo ohne Behandlung

26.01.2012
Ärzte ohne Grenzen ist äußerst beunruhigt über diese Situation

Themengebiete:

Demokratische Republik Kongo 2012
Mario Travaini/MSF
Kinshasa, Demokr. Republik Kongo, 26.01.2012: 85 Prozent der Aids-Kranken in der Demokratischen Republik Kongo sind ohne Behandlung.

Kinshasa/Wien, 26.  Januar 2012 – Ärzte ohne Grenzen (MSF) ist äußerst beunruhigt über die Lage HIV/AIDS-kranker Menschen in der Demokratischen Republik Kongo und beklagt ihre Vernachlässigung durch die kongolesischen Behörden sowie den Rückzug der Geldgeber –  und dies zum 10-jährigen Gründungsjubiläum des Globalen Fonds zur Bekämpfung von Aids, Tuberkulose und Malaria am 28. Januar.

Die medizinische Versorgung HIV/AIDS-kranker Menschen in der DR Kongo ist katastrophal. Laut Ärzte ohne Grenzen leiden viel zu viele der Kranken, die das medizinische Zentrum Kabinda  aufsuchen, wegen der mangelnden Behandlung unter schweren Komplikationen. Ihre HIV/AIDS-Infektion ist bereits weit fortgeschritten und führt zu einem Elend, das nicht hingenommen werden kann. 

Mehr als eine Million Betroffene

„Ich habe in vielen Ländern Zentral- und Südafrikas mit HIV-positiven Patienten gearbeitet, aber was ich hier in der DR Kongo sehe, gibt es anderswo seit vielen Jahren nicht mehr", beteuert Anja De Weggheleire, medizinische Koordinatorin von Ärzte ohne Grenzen in der Demokratischen Republik Kongo. „Die Lage in der erinnert mich an die Zeit, als es noch keine antiretrovirale Behandlung gab. Unsere Ärzte sehen Tag für Tag schwerste Komplikationen, die mit einer rechtzeitigen ARV-Therapie leicht zu vermeiden wären.“

Derzeit schätzt man, dass es in der DR Kongo mehr als 1 Million HIV-positiver Menschen gibt und dass 350.000 von ihnen eine antiretrovirale (ARV) Behandlung benötigen. Doch nur 44.000 Patienten werden tatsächlich behandelt. Dies bedeutet, dass nur 15% der HIV/AIDS-Kranken die notwendige Therapie erhalten. Die Versorgungsrate  mit ARV-Medikamenten ist eine der niedrigsten der Welt. Auf dem afrikanischen Kontinent entspricht sie denjenigen von Somalia und des Sudans.

Kritische Lage auch für Schwangere

Auch hinsichtlich der Prävention der Mutter-Kind-Übertragung von HIV/Aids ist die Lage kritisch: Nur ein Prozent der vermutlich HIV-positiven Schwangeren wird in einem Präventionsprogramm betreut. Wenn die Mütter aber unbehandelt bleiben, wird etwa ein Drittel der Kinder mit HIV geboren. 

Trotz dieser katastrophalen Zahlen behandeln die Geldgeber die Demokratische Republik Kongo nicht mit der nötigen Priorität. Schlimmer noch: manche von ihnen – wie der Globale Fonds – reduzieren ihre Mittel beträchtlich oder ziehen ihre Gelder gänzlich zurück. Die Staaten, die ihn finanzieren, hielten ihre Zusagen nicht ein, sodass diese Finanzinstitution, die derzeit der Hauptlieferant von ARV-Medikamenten in der DR Kongo ist, gezwungen war, ihr finanzielles Engagement zu verringern. 

Rückzug der Geber gefährdet viele Leben

Der Rückzug der Geldgeber gefährdet aber ganz unmittelbar das Leben von tausenden Kongolesen und Kongolesinnen. Anja  De Weggheleire warnt: „Wenn nichts geschieht, sind in drei Jahren 15.000 Menschen, die dringend auf eine ARV-Behandlung warten, sehr wahrscheinlich tot.  Und so erschreckend diese Zahl auch sein mag, sie ist nur der Gipfel des Eisbergs, denn die allermeisten Menschen, die in der DR Kongo mit HIV/AIDS leben, wissen ja noch gar nichts von ihrer Infektion. Viele von ihnen werden in aller Stille sterben und niemand wird davon erfahren.“

Es ist von entscheidender Bedeutung, dass die kongolesischen Behörden ihre Verpflichtung einlösen und Menschen, die mit  HIV/AIDS leben, eine kostenlose Prävention und Behandlung ermöglichen. Ebenso dringlich ist es, dass die Geldgeber sehr rasch die nötigen Mittel mobilisieren, um das Leben jener Menschen zu retten, die derzeit auf eine ARV-Behandlung warten. 

Ärzte ohne Grenzen ist seit mehr als 30 Jahren in der DR Kongo aktiv und führt dort seit 1996 HIV/AIDS-Programme  durch. Vor allem war   Ärzte ohne Grenzen die erste Hilfsorganisation, die im Oktober 2003 in der DR Kongo HIV/AIDS-Infizierte mit antiretroviralen Medikamenten behandelte. In Vorsorge- und Behandlungsprogrammen und im AIDS-Projekt in Kinshasa behandelt Ärzte ohne Grenzen mehr als 5.000 Personen in 6 Provinzen. Dies sind 10% aller mit ARV-Medikamenten behandelten Patienten in der DR Kongo. In Kinshasa betreut Ärzte ohne Grenzen 20% aller Personen, die in der kongolesischen Hauptstadt zurzeit  eine ARV-Therapie erhalten.

Ärzte ohne Grenzen startet ab sofort eine Kommunikationsinitiative, die sich über das ganze Jahr 2012 erstrecken soll und in deren Rahmen die Öffentlichkeit über die äußerst ernste Lage der HIV/AIDS-Kranken in der DR Kongo aufgeklärt und die Geldgeber aufgefordert werden sollen, sich verstärkt dafür zu engagieren, dass die Versorgung mit ARV-Medikamenten ausgedehnt wird.

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