Syrien: Massive Vertreibungen nach eskalierender Gewalt im Norden des Landes

29.10.2015
Syrien
Nach vermehrten Luftangriffen auf Krankenhäuser im Norden Syriens wurden mindestens 35 syrische Patienten und medizinisches Personal getötet und 72 Menschen verwundet. Seit der Eskalation der Angriffe Ende September wurden den ganzen Oktober hindurch zwölf Krankenhäuser gezielt angegriffen. Darunter waren sechs von Ärzte ohne Grenzen unterstützte Krankenhäuser.
Al Karameh cluster in Atmeh, Idlib
governorate.
MSF
As a result of the wider attacks in the region, tens of thousands of people have been forced to flee their homes. Some have sought refuge in fields and nearby villages. According to MSF community health workers, others have fled further with some 1,700 families joining an existing 110,000 internally displaced Syrians in four cluster camps spread around Atmeh, located in Idlib governorate. Two hundred and twenty five additional families alone have arrived over the past week alone.

Infolge einer signifikanten Zunahme der Luftangriffe auf Krankenhäuser im Norden Syriens wurden mindestens 35 syrische Patienten und medizinisches Personal getötet und 72 Menschen verwundet. Das berichten Gesundheitsmitarbeiter, die von Ärzte ohne Grenzen/Médecins Sans Frontières (MSF) in Syrien unterstützt werden. Seit der Eskalation der Angriffe Ende September wurden den ganzen Oktober hindurch zwölf Krankenhäuser in den Provinzen Idlib, Aleppo und Hama gezielt angegriffen. Darunter waren sechs von Ärzte ohne Grenzen unterstützte Krankenhäuser. Insgesamt mussten sechs Krankenhäuser schließen, von denen drei von Ärzte ohne Grenzen unterstützt wurden. Zudem wurden vier Krankenwagen zerstört. Nur ein Krankenhaus ist bisher wieder für Notfälle geöffnet. Doch die medizinische Versorgung für Mütter und Kinder und die primäre Gesundheitsversorgung sind dort weiter schwer beeinträchtigt.

Aufgrund der ausgedehnten Angriffe in der Region waren Zehntausende Menschen gezwungen, ihre Häuser zu verlassen. Einige haben Zuflucht auf den Feldern und in umliegenden Dörfern gesucht. Laut Gesundheitsmitarbeitern von Ärzte ohne Grenzen sind andere gemeinsam mit rund 1.700 Familien weiter geflohen und haben sich 110.000 intern vertriebenen Syrern in einem bereits bestehenden Camp angeschlossen, das rund um den Ort Atmeh in der Provinz Idlib liegt. Allein 225 weitere Familien sind in der vergangenen Woche dort angekommen.

Sinkende Temperaturen erfordern dringend angemessene Unterkünfte

„Nach mehr als vier Jahren Krieg bin ich nach wie vor entgeistert angesichts der Tatsache, dass das humanitäre Völkerrecht so leicht von allen Konfliktparteien missachtet wird", sagt Sylvain Groulx, Landeskoordinator von Ärzte ohne Grenzen in Syrien. „So viele humanitäre und medizinische Akteure, darunter Ärzte ohne Grenzen, haben wiederholt einen sofortigen landesweiten Stopp dieser Angriffe gefordert und fordern ihn weiterhin. Aber werden unsere Stimmen gehört?"

Bei den sinkenden Temperaturen angemessene Unterkünfte zu finden, ist jetzt Priorität. Dies kommt als weiteres Problem zu dem bereits schwierigen Zugang zur Gesundheitsversorgung für die Vertriebenen. Die Möglichkeit, die bestehenden Camps für den massiven Menschenzustrom zu erweitern oder neue zu bauen, ist begrenzt. Einige der vertriebenen Familien teilen Zelte, während andere Zuflucht in Moscheen und Schulen finden.

Verteilung von Hilfsgütern

„Neben der Bereitstellung von zusätzlicher medizinischer Unterstützung mithilfe einer mobilen Klinik im Süden Aleppos, prüfen wir die Bereitstellung von Hilfsgütern wie Zelten", sagt Groulx. „Wir werden auch andere Hilfsgüter wie Decken verteilen und die Menschen damit für den bevorstehenden Winter versorgen. Aber diese Unterstützung ist nur ein Tropfen auf den heißen Stein, wenn man bedenkt, was die vertriebenen Familien wirklich brauchen. Sie brauchen Sicherheit. Sie brauchen Schutz. Sie müssen aufhören, nur von einem Moment auf den anderen zu leben, und sich zu fragen, wann die nächste Bombe fallen wird."

Ärzte ohne Grenzen betreibt sechs medizinischen Einrichtungen in Syrien und unterstützt mehr als 150 Kliniken und Gesundheitsstationen direkt. Ärzte ohne Grenzen versorgt auch Patienten aus Syrien, die nach Jordanien, Libanon und in den Irak geflohen sind.