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Immer mehr Vertriebene im Nordosten Nigerias brauchen humanitäre Hilfe
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Gewalt und eine prekäre Sicherheitslage zwingen zahlreiche Menschen im Nordosten Nigerias weiterhin, ihre Häuser zu verlassen und in entlegenen Ortschaften im Bundesstaat Borno Zuflucht zu suchen. Sie sind hier auf humanitäre Hilfe angewiesen. Gleichzeitig werden nigerianische Flüchtlinge unter Zwang aus Kamerun zurück nach Nigeria geschickt, berichtet Ärzte ohne Grenzen.
Seit Januar sind 11.300 Menschen in die Ortschaft Pulka, die an der Grenze zu Kamerun liegt, gekommen. Damit stieg die Einwohnerzahl um mehr als ein Drittel auf 42.000 an, was die bereits knapp bemessenen lokalen Ressourcen unter Druck setzt und den Hilfsbedarf weiter zuspitzt. In der Stadt Banki, die ebenfalls im Grenzgebiet liegt, sprach Ärzte ohne Grenzen mit nigerianischen Flüchtlingen, die das kamerunische Militär zwischen 2016 und 2017 aus Kamerun nach Nigeria zurückgeschickt hatte.
„Wir waren seit über einem Jahr in Kolofata. Eines Tages haben sie beschlossen, uns nach Nigeria zurückzuschicken, ohne Erklärung. Wir hatten nicht darum gebeten, zurückgebracht zu werden, wir hatten keine andere Wahl“, erzählt ein nigerianischer Flüchtling in Banki. Patienten und Patientinnen in Pulka berichteten Ärzte ohne Grenzen, sie seien selbstständig aus Kamerun zurückgekehrt, weil sie befürchteten, gewaltsam abgeschoben zu werden.
In der entlegenen Ortschaft Rann kommen täglich Geflüchtete und Vertriebene an, sodass die Einwohnerzahl in den letzten drei Monaten um mindestens 10.000 gewachsen ist. In Dikwa, einer Ortschaft im Nordosten von Borno, wurden allein in den letzten zwei Wochen im März 2.000 Neuankömmlinge registriert.
„Die Angriffe durch Boko Haram und die Gegenschläge des Militärs sowie der Mangel an Nahrungsmitteln und Grundversorgung treiben täglich zahlreiche Menschen in die Flucht“, sagt Himedan Mohamed, Landeskoordinator von Ärzte ohne Grenzen in Nigeria.
Bewegungsfreiheit durch Militär stark eingeschränkt
Die Menschen kommen aus Gebieten, die von humanitärer Hilfe völlig abgeschnitten sind, in die größeren Ortschaften wie Pulka, Rann oder Dikwa. Sie sind bereits sehr mitgenommen, häufig bei schlechter Gesundheit und auf Hilfe angewiesen. Zusätzlich ist ihre Bewegungsfreiheit auch hier stark durch das Militär eingeschränkt, was eine landwirtschaftliche Tätigkeit praktisch unmöglich macht.
„Immer mehr Menschen brauchen ein Dach über den Kopf, Essen und Wasser. Wenn nichts getan wird und der Zustrom von Menschen nicht nachlässt, wird sich die Lage sehr schnell zuspitzen“, befürchtet Garbiel Sánchez, operativer Leiter von Ärzte ohne Grenzen für Nigeria.
Aufgrund der prekären Sicherheitslage ist der Großteil der östlichen Gebiete im Bundesstaat Borno, mit Ausnahme einiger weniger Ortschaften, weitgehend von humanitärer Hilfe abgeschnitten. Die meisten Hilfsorganisationen sind in Maiduguri, der Hauptstadt von Borno, aktiv und nur einzelne können dauerhaft in den östlichen Teilen des Bundesstaats arbeiten, wo humanitäre Hilfe jedoch am dringendsten notwendig ist.
„Es fehlt den Menschen hier an allem“, sagt Silas Adamou, Projektkoordinator von Ärzte ohne Grenzen in Rann. „Pro Kopf und Tag gibt es nur fünf Liter Wasser. Die Menschen sind gezwungen, Wasser aus Pfützen zu nehmen.“
Ärzte ohne Grenzen in Nigeria
Ärzte ohne Grenzen ist seit Mitte 2014 im Nordosten Nigerias vertreten, um die Lokalbevölkerung sowie die hierher Geflüchteten medizinisch zu versorgen. Im Bundesstaat Borno betreibt die Hilfsorganisation zurzeit zwölf medizinische Einrichtungen in sieben Ortschaften (Maiduguri, Monguno, Damboa, Gwoza, Pulka, Ngala und Benisheikh) und bietet in vier weiteren regelmäßig medizinische Hilfe an.
In anderen Teilen des Landes, wie Zamfara, Port Harcourt und Jahun, arbeitet Ärzte ohne Grenzen an umfassenden Projekten mit dem Fokus auf Pädiatrie, sexuelle Gesundheit und Geburtshilfe. Weitere Einsätze von Ärzte ohne Grenzen betreffen medizinische Nothilfe zur Eindämmung von Meningitis- oder Masern-Epidemien. Im zweiten Halbjahr 2016 führten die Teams von Ärzte ohne Grenzen im Bundesstaat Borno insgesamt 175.877 ambulante Sprechstunden durch, impften 146.650 Kinder gegen Masern, betreuten 3.218 Entbindungen und verteilten Nahrungsmittelpakete an 32.365 Menschen.