Geflüchtete durch Kämpfe in Tripolis gefährdet

31.08.2018
Ärzte ohne Grenzen betont einmal mehr, dass Libyen kein sicheres Land ist. Die Lebensbedingungen der Menschen im Land und der besonders gefährdeten Gruppe der dort inhaftierten Migranten, Migrantinnen und Flüchtlinge haben sich in den letzten 72 Stunden nach einem Ausbruch von Gewalt in Tripolis weiter verschlechtert.

Die internationale Hilfsorganisation Ärzte ohne Grenzen betont einmal mehr, dass Libyen kein sicheres Land ist. Die Lebensbedingungen der Menschen im Land und der besonders gefährdeten Gruppe der dort inhaftierten Migranten, Migrantinnen und Flüchtlinge haben sich in den letzten 72 Stunden nach einem Ausbruch von Gewalt in Tripolis weiter verschlechtert. Die europäischen Regierungen müssen ihre Verantwortung wahrnehmen und den in Libyen gefangenen Menschen helfen.

Am Sonntag den 26. August brachen Auseinandersetzungen zwischen rivalisierenden Gruppen in Tripolis aus. Schwere Schusswechsel in bewohnten Gebieten haben zu einer unbestimmten Anzahl von Opfern geführt. Die Kämpfe haben auch das Leben der rund 8.000 Migranten, Migrantinnen und Flüchtlinge gefährdet, die in Internierungslagern in der Stadt gefangen sind. Manche waren über 48 Stunden ohne Nahrung eingesperrt. Andere wurden entlassen und mussten in benachbarte Viertel fliehen; dabei liefen sie Gefahr, bei Schusswechseln getroffen zu werden.

„Diese neuerliche Gewalt zeigt einmal mehr, dass Libyen kein sicherer Platz für Flüchtlinge und Migranten ist“, sagt Ibrahim Younis, Einsatzleiter von Ärzte ohne Grenzen in Libyen. „Viele sind aus kriegszerrütteten Ländern geflohen oder haben Monate in furchtbarsten Zuständen verbracht, nachdem sie von Menschenhändlern eingesperrt und in die Internierungslager gebracht worden waren. Diese Menschen sind bereits sehr gefährdet und finden sich nun in diesem neuen Konflikt wieder, ohne Möglichkeit zu entkommen. Sie dürfen nicht eingesperrt werden, nur weil sie auf der Suche nach Sicherheit oder einem besseren Leben waren. Sie sollten umgehend entlassen und in Länder evakuiert werden, in denen sie sicher sind.“

Extrem hoher Bedarf an humanitärer Hilfe

Seit Ausbruch der Kämpfe ist der bereits zuvor extrem hohe Bedarf an humanitärer Hilfe innerhalb und außerhalb der Lager noch weiter angewachsen. Die Teams von Ärzte ohne Grenzen haben nun erste medizinische Hilfe wieder aufgenommen und verteilen Nahrung und Wasser an manche Menschen, die noch in den Internierungslagern gefangen sind. Ärzte ohne Grenzen und andere humanitäre Organisationen haben allerdings nur sehr eingeschränkten Zugang zu jenen, die dringend Hilfe benötigen. Auch die libysche Bevölkerung ist von den Kämpfen betroffen und hat kaum Zugang zum Gesundheitssystem.

Nach Angaben des Flüchtlingshilfswerks der Vereinten Nationen (UNHCR) handelt es sich bei rund der Hälfte der Menschen, die derzeit in den Internierungslagern gefangen gehalten werden, um Flüchtlinge aus Konfliktregionen wie Eritrea, Äthiopien, Somalia und dem Sudan. Diese Menschen haben nach internationalem Recht Anspruch auf Schutz. Doch die libyschen Behörden, Regierungen von sicheren Staaten sowie die Vereinten Nationen haben keinerlei Möglichkeiten für diese Menschen geschaffen, Asylanträge zu stellen. Europäische Staaten haben stattdessen sogar Mechanismen geschaffen, die Asylwerber und Asylwerberinnen davon abhalten sollen, Libyen zu verlassen.

Libyen ist kein sicheres Land

Dabei geht es ihnen unter anderem darum zu verhindern, dass Menschen das Mittelmeer überqueren, indem die von Europa unterstützte libysche Küstenwache auf dem Meer Gerettete an die libysche Küste zurückbringt. So handelt es sich bei der großen Mehrheit derjenigen, die sich derzeit in libyschen Internierungslagern befinden, um Menschen, die auf See aufgegriffen und nach Libyen zurückgebracht wurden. Die ohnehin schlechten Lebensbedingungen in den völlig überfüllten Lagern in Tripolis wurden auf diese Weise noch verschlimmert. Es gibt zu wenig Trinkwasser, Sanitäranlagern und medizinische Versorgung, was zu körperlichen und seelischen Erkrankungen der Menschen in den Lagern führt.

Ärzte ohne Grenzen fordert die europäischen Regierungen auf anzuerkennen, dass Libyen kein sicherer Ort ist. Sie müssen mehr tun, um Menschen, die in Libyen gefangen sind, zu helfen, das Land sicher verlassen zu können.

Ärzte ohne Grenzen ist seit 2011 in Libyen tätig. Seit 2016 leisten die Teams in Internierungslagern in Tripolis  medizinische Grundversorgung sowie psychosoziale Betreuung und unterstützen die Wasser- und Sanitäranlagen. Ärzte ohne Grenzen ist zudem die einzige Organisation, die Migranten, Migrantinnen und Flüchtlinge aus den Internierungslagern in Notfällen in Krankenhäuser überweist. Ärzte ohne Grenzen ist ebenfalls in Internierungslagern in Homs, Zliten und Misrata tätig und leistet medizinische Versorgung in Bani Walid.