Fünf Jahre Syrien-Krieg: Gräuel an Zivilisten wie 2015 dürfen sich nicht wiederholen

15.03.2016
Ärzte ohne Grenzen ruft dazu auf, weitere Gewalt gegen die Zivilbevölkerung zu vermeiden und medizinische Hilfe für Menschen in belagerten Gebieten zuzulassen.
MSF-supported hospital in northern Syria destroyed in attack
MSF
The MSF-supported hospital in Ma’arat Al Numan before it was attacked and destroyed on Monday 15th Feb. At least 25 people were killed, including nine staff members. The 30-bed hospital had 54 staff, two operating theatres, an outpatient department and an emergency room. The outpatient department treated around 1500 people a month, the ER carried out an average of 1,100 consultations a month, and around 140 operations a month, mainly orthopaedic and general surgery, were carried out in the operating theatres. MSF has been supporting this hospital since September 2015 and covered all the needs of the facility including provision of medical supplies and running costs.

Amman/Brüssel/Wien, am 15. März 2016 – Anlässlich des fünften Jahrestages des Syrien-Krieges ruft Ärzte ohne Grenzen/Médecins Sans Frontières (MSF) die Konfliktparteien und ihre Verbündeten dazu auf, weitere Gewalt gegen die Zivilbevölkerung zu vermeiden und medizinische Hilfe für Menschen in belagerten Gebieten zuzulassen. Das Ausmaß der Gewalt aus dem Vorjahr dürfe nicht wieder erreicht werden, warnt die internationale medizinische Hilfsorganisation.

„Wir begrüßen jede Entwicklung hin zu einem Rückgang der Gewalt – so auch die Ankündigung Russlands, Truppen aus Syrien abzuziehen. Dies kann aber nur ein erster Schritt sein“, sagt Mario Thaler, der Geschäftsführer von Ärzte ohne Grenzen Österreich. „Nach wie vor sitzen fast zwei Millionen Menschen in belagerten Gebieten fest und haben kaum Zugang zu medizinischer Hilfe. Bei Hilfslieferungen in die belagerten Gebiete werden medizinische Güter regelmäßig blockiert. Dazu gehören unter anderem chirurgisches Material, Antibiotika, Medikamente für chronische Krankheiten und sogar Material zur Durchführung von Kaiserschnitten. Schwangere Frauen sind dadurch einem besonders hohen Risiko ausgesetzt.“

Ärzte ohne Grenzen warnt, dass eine Rückkehr zum Ausmaß der Gewalt des Jahres 2015 und speziell der vergangenen Monate dringend vermieden werden muss. Dies müsse im Mittelpunkt der derzeitigen Friedensverhandlungen in Genf stehen, so Thaler. Ein Bericht der Organisation, der auf medizinischen Daten aus 69 im Vorjahr von Ärzte ohne Grenzen unterstützten Krankenhäusern und Kliniken in Syrien basiert, dokumentiert insgesamt 154.647 Kriegsverletzte und 7.009 Kriegstote in diesen Gesundheitseinrichtungen. Zwischen 30 und 40 Prozent der Opfer waren Frauen und Kinder. Der Bericht wurde im Februar erstveröffentlicht (PDF-Download).

Gezielte, willkürliche Angriffe auf zivile Ziele

„Die medizinischen Daten enthüllen eine erschreckende Realität“, sagt Joanne Liu, die internationale Präsidentin von Ärzte ohne Grenzen. „Die konstant hohen Opferzahlen unter Frauen und Kindern – mehr als 900 Verwundeten pro Woche – belegen, dass bei den militärischen Kampagnen des vergangenen Jahres zivile Gebiete und zivile Infrastruktur gezielt oder willkürlich angegriffen wurden. Der Bericht zeigt schwarz auf weiß, welch schreckliche Folgen der Konflikt nach sich zieht, und erinnert uns daran, dass wir nicht zum Ausmaß der Gewalt des Vorjahres zurückkehren dürfen.“

Die von Ärzte ohne Grenzen veröffentlichten Daten aus dem Jahr 2015 zeigen außerdem, dass 23 syrische medizinische Fachkräfte getötet und 58 verletzt wurden. Bei 94 unterschiedlichen Gelegenheiten wurden 63 von Ärzte ohne Grenzen unterstützte Krankenhäuser und Kliniken bombardiert oder beschossen, dabei wurden zwölf Einrichtungen zerstört. Seit Jahresbeginn erfolgten bereits sieben weitere Angriffe auf sechs von Ärzte ohne Grenzen unterstützte Krankenhäuser.

„Die ständigen Mitglieder des UN-Sicherheitsrates, von denen vier aktiv am Krieg in Syrien beteiligt sind, müssen sich dafür verantworten, ihre eigenen Resolutionen nicht eingehalten zu haben. Sie müssen jetzt gewährleisten, dass sich die Gräuel von 2015 nicht wiederholen“, fordert Liu.