Evakuierung von Migranten, Migrantinnen und Flüchtlingen dringend notwendig

07.09.2018
Ärzte ohne Grenzen fordert, dass tausende Migranten, Migrantinnen und Flüchtlinge, die willkürlich in den Internierungslagern in Libyen inhaftiert sind, dringend entlassen und außer Landes in Sicherheit gebracht werden.
Tripoli damaged building
MOHAME BEN KHALIFA
Damaged building in Bin Ashour area consequence of a rocket fired by unknown militia during the fighting that erupted in Tripoli on 26th of August.

Die internationale Hilfsorganisation Ärzte ohne Grenzen fordert, dass tausende Migranten, Migrantinnen und Flüchtlinge, die willkürlich in den Internierungslagern in Libyen inhaftiert sind, dringend entlassen und außer Landes in Sicherheit gebracht werden.

„Einige Internierungslager in Tripolis liegen entlang der Frontlinie und Tausende von verzweifelten Menschen sind immer noch darin gefangen. Es besteht eine reale Gefahr, dass es aufgrund von wahllosem Beschuss und Artilleriefeuer zu einer großen Anzahl von Verletzten kommt. Die Versorgung mit Nahrung und Wasser ist zusammengebrochen und wird derzeit nur punktuell durchgeführt. Die medizinische Versorgung ist unzureichend und wird fast nur durch internationale Organisationen geleistet, deren Aktivitäten derzeit jedoch durch die schlechte Sicherheitslage gefährdet sind“, sagt Ibrahim Younis, Einsatzleiter von Ärzte ohne Grenzen in Libyen.

Mehr als 60 Menschen bei den Kämpfen getötet

Die Kämpfe in Tripolis waren die schwersten seit Jahren. Mehr als 60 Menschen wurden laut Schätzungen des libyschen Gesundheitsministeriums bei Schusswechseln in bewohnten Gebieten getötet, Hunderte verletzt. Die Wohnhäuser des libyschen Gesundheitspersonals, das von Ärzte ohne Grenzen beschäftigt wird, wurden bei Schusswechseln getroffen. Die Teams von Ärzte ohne Grenzen hatten vom ersten Tag der Gewalt an keinen Zugang zu den Migranten, Migrantinnen und Flüchtlingen in einem der größten Internierungslager mit rund 700 Menschen, da die Kämpfe gefährlich nahe stattfanden. Raketen landeten neben den Internierungslagern, rundherum waren Feuer ausgebrochen.

Aufgrund der Intensivierung des Konflikts hatte Ärzte ohne Grenzen keinen Zugang zu weiteren vier Internierungslagern, wo die Teams mittels mobiler Kliniken regelmäßig Gesundheitsversorgung leisteten. Als Folge der Gewalt war Ärzte ohne Grenzen gezwungen, die regulären Hilfsaktivitäten einzustellen und das Team zu reduzieren. Derzeit kann Ärzte ohne Grenzen in den Internierungslagern in Tripolis nur sehr eingeschränkt Hilfe leisten, Notfälle werden transferiert und Nahrungsmittel, Wasser und Hygieneartikel verteilt. Außerhalb von Tripolis in der Region von Khoms, Misrata und Zliten leistet Ärzte ohne Grenzen nach wie vor medizinische Hilfe.

Obwohl etwa 300 Migranten, Migrantinnen und Flüchtlinge, die im Internierungslager Ain Zara festgehalten wurden und durch die Kampfhandlungen gefährdet waren, letzte Woche von internationalen Organisationen „evakuiert“ wurden, wurden sie nicht außer Landes gebracht sondern einige Kilometer weiter in das Abu Salim Lager in Tripoli verlegt, das ebenfalls in der Schusslinie liegt. „Die Verlegung von Menschen von einem Internierungslager in ein anderes innerhalb derselben Konfliktzone kann man nicht als Evakuierung bezeichnen und ist sicherlich keine Lösung”, erklärt Ibrahim Younis. „Die Ressourcen und Mechanismen, um diese Menschen in Drittländer zu bringen, in denen sie Asyl oder eine Rückführung beantragen können, sind vorhanden. Das muss daher ohne Verzögerung passieren. Es geht um Menschenleben.”

Ärzte ohne Grenzen fordert dringend:

  • dass das UNHCR und sichere Länder so schnell wie möglich die Evakuierung von Flüchtenden und Asylwerbern aus Libyen durchführen und ihre Umsiedlung vorantreiben.
  • dass die IOM (Internationale Organisation für Migration) und Herkunftsländer die Evakuierung und Rückführung von Migranten und Migrantinnen in Libyen, die in ihre Heimatländer zurück wollen, vorantreiben.
  • dass EU-Länder und libysche Behörden damit aufhören, Menschen, die über das Meer flüchten, abzufangen und sie nach Libyen zurückzuschicken, um sie von Europa fernzuhalten. Schiffe der libyschen Küstenwache, die von der EU unterstützt wird, haben in diesem Jahr eine sehr große Zahl an Menschen abgefangen, nur um sie zurück nach Libyen zu schicken. Im ganzen Land sind Migranten, Migrantinnen und Flüchtende mit einem alarmierend hohen Niveau an Gewalt, Folter und Ausbeutung konfrontiert. Viele berichten von der weit verbreiteten Praxis des Kidnapping. Viele Menschen sind Opfer von sexueller Gewalt, Menschenhandel, Folter und Misshandlung.