Dadaab: Gewalt und Drohungen zwingen Ärzte ohne Grenzen zum Abzug von Personal

28.05.2015
Wegen steigender Gewalt und Drohungen im Nordosten Kenias mussten 42 Mitarbeiter aus den Flüchtlingslagern abgezogen werden.
Kenya - Dadaab refugee camp
Tom Maruko
Dadaab, Kenia, 05.03.2015: Die Mutter-Kind-Station im Krankenhaus von Ärzte ohne Grenzen im Flüchtlingslager Dagahaley in Dadaab. 2014 wurden hier 3.240 Babies geboren.

Genf/Wien, am 28. Mai 2015 – Infolge steigender Gewalt und Drohungen im Nordosten Kenias hat die internationale medizinische Hilfsorganisation Ärzte ohne Grenzen/ Médecins Sans Frontières (MSF) 42 ihrer Mitarbeiter aus den Flüchtlingslagern von Dadaab abgezogen und nach Nairobi gebracht. Diese Sicherheitsmaßnahme hat direkte Auswirkungen auf die medizinischen Hilfeleistungen der Organisation für somalische Flüchtlinge in Dadaab. Zwei der vier Gesundheitsposten von Ärzte ohne Grenzen wurden geschlossen, die Schwangerenvorsorge eingestellt. Die radikale Personalreduzierung gefährdet auch weitere ärztliche Leistungen.

Appell an bewaffnete Gruppen

„Die Flüchtlinge und das medizinische Personal sind die größten Leidtragenden der zunehmend schlechteren Sicherheitsbedingungen“, betont Charles Gaudry, der Einsatzleiter von Ärzte ohne Grenzen in Kenia. „Die gegenwärtige Sicherheitslage schränkt die Möglichkeiten unseres Personals, dringend benötigte medizinische Hilfe zu leisten, massiv ein.“ Ärzte ohne Grenzen ruft bewaffnete Gruppen deshalb auf, medizinische Einrichtungen und deren Personal zu respektieren, damit der Betrieb schnellstmöglich wieder zur Gänze aufgenommen werden kann. 

Die Flüchtlingslager von Dadaab, die derzeit schätzungsweise 350.000 Menschen beherbergen, bilden den größten Flüchtlingslagerkomplex der Welt. Seit mehr als 20 Jahren sind die Lager das Zuhause von mehreren Generationen von Somaliern, die aus ihrem vom Konflikt zerrütteten Land geflohen sind. Ärzte ohne Grenzen betreibt ein Krankenhaus mit 100 Betten sowie nunmehr zwei Gesundheitsposten in Dagahaley, einem der fünf Lager von Dadaab.

Hilfe stetig verringert

Wegen der Verschlechterung der Sicherheitslage und Kürzungen der finanziellen Mittel wurde die humanitäre Hilfe in den vergangenen Jahren von vielen Organisationen stetig abgebaut. Dennoch bleibt Dadaab ein sicherer Ort als Somalia. Ärzte ohne Grenzen wird die Lage jetzt laufend evaluieren. Erst wenn die Sicherheit für Patienten und Personal in den Lagern wieder gewährleistet ist, wird die Organisation eine Wiederaufnahme sämtlicher Tätigkeiten in Betracht ziehen.

Ärzte ohne Grenzen ist seit 20 Jahren in Dadaab tätig und trägt derzeit alleine die medizinische Versorgung im Lager Dagahaley. Die Organisation betreibt mit kenianischem Personal ein Krankenhaus mit 100 Betten sowie nunmehr zwei Gesundheitsposten. Das Spital bietet ambulante und stationäre medizinische Behandlungen. Die Hilfe beinhaltet Chirurgie, eine Entbindungsstation, die Behandlung von HIV und Tuberkulose sowie eine stationäre Abteilung für mangelernährte Kinder. 2014 führte Ärzte ohne Grenzen hier 180.000 ambulante Behandlungen durch, nahm 12.000 Patienten stationär auf, führte 12.000 Schwangerschaftsuntersuchungen durch und begleitete 3.240 Geburten. Nach dem Angriff auf die Universität in Garissa vom 2. April 2015 half ein Team von Ärzte ohne Grenzen im Spital bei der Behandlung der Verwundeten.