Covid-19: Fehlende Beatmungskapazitäten werden tödliche Folgen im globalen Süden haben

24.04.2020
Wir sorgen uns um den mangelnden Zugang zu Beatmungsgeräten für Menschen in ärmeren Ländern.
MSF intervention in Lodi
Davide Arcuri
Stefano is an anaesthetist. When MSF starts its intervention in Lombardy, he works closely with local staff in Lodi hospital. First of all, he had to learn from his colleague involved since the beginning. Then he puts in practice his skills for the covid patients like the intubation. It’s quite challenging to operate in a ward which was not dedicated to these kinds of medical practices. Today as a doctor, he’s one of the rare human contact for the patients.

Aufgrund von mangelndem Zugang zu medizinischem Sauerstoff und zu Beatmungsgeräten werden Menschen in ärmeren Ländern in den nächsten Wochen und Monaten der Covid-19-Pandemie hoffnungslos ausgesetzt sein – mit tödlichen Folgen.

Hierzu Christopher Stokes, Experte für humanitäre Fragen bei Ärzte ohne Grenzen/Médecins Sans Frontières (MSF):

„Die Belastung durch Covid-19 hat selbst gut ausgestattete Gesundheitssysteme in Europa an ihre Grenzen gebracht. In Gaza aber beispielsweise gibt es derzeit nur etwa zwanzig Beatmungsgeräte für zwei Millionen Menschen, in der Zentralafrikanischen Republik sind es drei Geräte für ein Land mit fünf Millionen Einwohnern, und in Burkina Faso gibt es überhaupt nur zwölf Intensivbetten für 20 Millionen potenzielle Patienten.

Wir dürfen diese Kluft, diese sozioökonomische Triage, nicht akzeptieren, bei der Minderheiten, gefährdete Gruppen, Slumbewohner und in einigen Fällen ganze Bevölkerungen keinen Zugang zu medizinischer Versorgung und Sauerstoff haben werden.

Wir müssen uns gegen eine Politik wehren, die erwartet, dass sich der Süden mit Seife und Flugblättern zum richtigen Händewaschen zufrieden gibt. Wir müssen uns weigern zu akzeptieren, dass Tausende von Menschen, die an Covid-19 erkranken, sterben müssen - wegen Sauerstoffmangels.

Medizinische Ausrüstung über Landesgrenzen hinweg

Die Bewegungs- und Reisemöglichkeiten von medizinischem Hilfspersonal müssen erleichtert und medizinische Ausrüstung, Medikamente sowie Schutzausrüstung für Gesundheitspersonal über Landesgrenzen hinweg zur Verfügung gestellt werden.

In den meisten Ländern des globalen Südens leiden viele Menschen bereits an Tuberkulose, HIV/Aids, verschiedenen nichtübertragbaren Krankheiten und Infektionen wie Cholera, Masern oder Malaria. Covid-19 und diese Erkrankungen könnten sich als eine tödliche Kombination erweisen.

Vorerst wird davon ausgegangen, dass das Muster schwerer Infektionen in diesen Ländern dem in Asien und Europa entspricht: Etwa 20 Prozent der Erkrankten müssten dann ins Krankenhaus. Die meisten von ihnen werden eine Sauerstofftherapie benötigen, und ein Viertel davon mechanische Beatmung.

Medizinischer Sauerstoff in den meisten Krankenhäuser des globalen Südens nicht selbstverständlich

Doch während in Ländern mit hohem Einkommen medizinischer Sauerstoff als selbstverständlich angesehen und über ausgeklügelte Rohrleitungssysteme in die Wände jedes Krankenhauszimmers eingebaut wird, ist dies in den allermeisten Krankenhäusern, in denen wir von Ärzte ohne Grenzen arbeiten, nicht der Fall. Sauerstoffkonzentratoren erfordern eine stabile Stromversorgung. Oder wir müssen Sauerstoff in Flaschen beziehen, was keine praktische Lösung für eine Krankheit ist, bei der die Patienten ihn tage- oder wochenlang benötigen.”

Ärzte ohne Grenzen versucht derzeit in einigen Ländern die Möglichkeiten der Intensivpflege auszubauen. In Burkina Faso soll eine neue Produktionsanlage Sauerstoff in großen Mengen für mehrere Dutzend Patienten gleichzeitig produzieren. Wo es nur geringe Intensivpflegekapazitäten gibt, besteht eine zentrale Herausforderung darin, Patienten ohne den Einsatz invasiver Techniken mit ausreichend Sauerstoff zu versorgen. Im Krankenhaus Point G in Mali beispielsweise soll ein an die Wand montiertes Versorgungssystem Sauerstoff direkt an das Bett der Patienten liefern.

Ärzte ohne Grenzen in mehr als 50 Ländern gegen Covid-19 im Einsatz

Die Teams von Ärzte ohne Grenzen haben mittlerweile in mehr als 50 Ländern weltweit spezifische Hilfsprogramme gegen das neuartige Coronavirus gestartet - zur Prävention von Covid-19, zur Infektionskontrolle, zur Behandlung von Patienten und zur Sicherstellung einer Corona-sicheren regulären Gesundheitsversorgung. In allen der mehr als 70 Einsatzländer weltweit haben sie ihre laufenden medizinischen Programme an die neue Situation angepasst und helfen somit Menschen im Kampf gegen Covid-19.