Cholera und Mangelernährung gefährden tausende Vertriebene rund um Pieri

02.06.2017
Seit Mitte Februar sind über 27.000 Menschen aus Yuai und Waat nach Kämpfen in die Region um Pieri geflohen. Ärzte ohne Grenzen warnt, dass die Gesundheit der Vertriebenen in Gefahr ist.
South-Sudan: thousands at risk of cholera and malnutrition in Pieri
Amandine Colin/MSF
On the 9th of May 2017, the first suspected cases of cholera have been reported among a general increase of patients with watery diarrhoea. MSF set up a cholera treatment unit in Pieri, where around 20 cases have already been treated on the 24th of May 2017.

Seit Mitte Februar sind über 27.000 Menschen aus Yuai und Waat nach Kämpfen zwischen der Sudanesischen Volksbefreiungsarmee (SPLA) und Oppositionsgruppen in die Region um Pieri geflohen. Unter den Menschen, die dort im Buschland Schutz suchen, treten vermehrt Mangelernährung und Cholera-Verdachtsfälle auf. Ärzte ohne Grenzen/Médecins Sans Frontières (MSF) warnt, dass die Gesundheit tausender Vertriebener in Gefahr ist.

„Wir mussten überstürzt flüchten. Es blieb keine Zeit, etwas mitzunehmen“, sagt William N., 41. Der Vater von fünf Kindern ist am 15. Februar aus Yuai geflohen. „Sie haben mit ihren Gewehren geschossen. Sie haben Frauen und Mädchen ebenso getötet wie Männer. Sie haben Frauen vergewaltigt. Sie haben manche der Hütten niedergebrannt, das Vieh mitgenommen und die Brunnen zerstört.“

William N. und seine Familie sind aus Yuai nach Pieri geflohen und haben nun Angst, dass sie auch hier angegriffen werden könnten. Sie leben unter einem Baum in einem Dorf rund zwei Stunden Gehzeit von der Stadt Pieri entfernt. Es fehlt ihnen an Nahrung, Wasser und Unterkunft. Die Familie überlebt von Blättern und den wenigen Nahrungsmitteln, die Hilfsorganisationen verteilen. Sein fünfjähriger Sohn ist letzte Woche verstorben, vermutlich an Cholera.

Cholera-Behandlungszentrum eröffnet

Die ersten Cholera-Verdachtsfälle wurden am 9. Mai nach einem Anstieg von akuten wässrigen Durchfall-Erkrankungen gemeldet. Ärzte ohne Grenzen hat ein Cholera-Behandlungszentrum in Piero eröffnet. Bisher wurden 30 Patienten und Patientinnen behandelt. Ebenfalls errichtet wurden sieben Stationen zur Rehydrierung von Patienten und Patientinnen sowie Anschlüsse mit chloriertem Wasser.

Amandine Colin/MSF
Pieri, Südsudan, 19.05.2017: Im Cholera-Behandlungszentrum in Piero wurden bisher 30 Patienten und Patientinnen versorgt.

Das südsudanesische Team von Ärzte ohne Grenzen, das zuvor im Krankenhaus in Yuai tätig war, ist mit den Menschen gemeinsam geflohen und betreibt nun drei Gesundheitszentren rund um Pieri. Mitte Mai dokumentierten sie einen Anstieg der Mangelernährungsraten unter Kindern unter fünf Jahren: 32 Prozent sind akut mangelernährt, 12 Prozent leiden unter schwerer lebensbedrohlicher Mangelernährung.

Humanitäre Hilfe muss dringend ausgeweitet werden

Ärzte ohne Grenzen verteilt therapeutische Fertignahrung an mangelernährte Kinder und behandelt Cholera-Patienten und -Patientinnen. Die humanitäre Hilfe muss aber dringend ausgeweitet werden. Ärzte ohne Grenzen fordert, dass die Lebensbedingungen der Vertriebenen rasch verbessert werden, bevor sich die Situation massiv verschlechtert.

„Wir haben vor zwei Wochen ein paar Nahrungsmittel erhalten”, erklärt Elisabeth, 45, aus Yuai. „Aber es reicht nicht aus. Das, was wir bekommen, teilen wir mit Menschen, die während der Nahrungsmittelverteilungen nichts erhalten haben. Wenn es nichts mehr zu essen gibt, essen wir die Blätter von den Bäumen.“

Sicherheitssituation erschwert Zugang für Helfer

Aufgrund der Unsicherheit in der Region ist es für Hilfsorganisationen schwierig, die Menschen zu erreichen. Es braucht aber dringend großflächigere Nahrungsmittelverteilungen an die lokale Bevölkerung sowie die Vertriebenen rund um Pieri.

„All das passiert in einer Region, in der nur eingeschränkt Hilfe für die Bevölkerung verfügbar und kaum medizinische Infrastruktur vorhanden ist. Die humanitäre Lage war bereits vorher sehr ernst,“ erklärt Michael Keizer, stellvertretender Einsatzleiter von Ärzte ohne Grenzen im Südsudan. „Angesichts der Lebensbedingungen der Menschen und ihres eingeschränkten Zugangs zu Wasser befürchten wir, dass sich die Lage weiter verschlimmern wird. In der bevorstehenden Regenzeit wird es noch komplizierter, humanitäre Hilfe zu leisten, und die Bedürfnisse der Menschen werden steigen.“

Weitere Informationen zum Südsudan finden Sie auch in unserer aktuellen Diagnose.