Antibiotikaresistenz: Eine weltweite Herausforderung

19.11.2019
ABR
Die Zahl der Krankheitserreger, gegen die gängige Antibiotika wirkungslos sind, steigt. Besonders groß ist das Problem in ressourcenarmen Ländern mit instabilen Gesundheitssystemen. Darauf weist Ärzte ohne Grenzen anlässlich der Weltantibiotikawoche 2019 hin. Um effektiver zu helfen, hat die medizinische Nothilfeorganisation ein mobiles Labor und eine Diagnose-App entwickelt.
Tackling antibiotic resistance in Mosul
Candida Lobes/MSF
Olivera Novakovic, MSF psychologist during a session of psychological support with Ali Monir, a 12-year old patient staying in isolation room due to a multidrug resistant infection.“Many researches show that people who are put in contact isolation experience higher levels of anxiety, depression, and anger. In Mosul, you can see it even more, because people who are here already lived traumatic experiences. Some events that they experienced start coming back. So they become naturally more upset simply because they have more time to think about it” explains Olivera. “The most important part of our mental health program is psycho-education. Because, if the patient understands why he’s put in contact isolation and what drug resistance is, then naturally he will become more compliant with the treatment”.

Die Zahl der Krankheitserreger, gegen die gängige Antibiotika wirkungslos sind, steigt. Die potenziell tödlichen, antibiotikaresistente Bakterien sind auf der ganzen Welt eine medizinische Herausforderung. Besonders groß ist das Problem in ressourcenarmen Ländern mit instabilen Gesundheitssystemen. Darauf weist Ärzte ohne Grenzen anlässlich der Weltantibiotikawoche 2019 hin. Um künftig noch rascher und effektiver zu helfen, hat die medizinische Nothilfeorganisation ein mobiles Labor und eine Diagnose-App entwickelt.


Wien, 19.11.2019. - Übermäßiger und falscher Gebrauch von Breitbandantibiotika hat die Entwicklung von Krankheitserregern gefördert, die gegen gängige Medikamente immun sind. Rund 90 Jahre, nachdem die Erfindung des Penicillins die Erfolgsgeschichte der Antibiotika einleitete, droht damit in Zukunft eine Zunahme von potenziell tödlichen Infektionen. Die WHO geht davon aus, dass Antibiotikaresistenzen in 50 Jahren die häufigste Todesursache sein werden.

Falsche Medikamente

Antibiotikaresistenz ist ein weltweites Problem. Die Suche nach einem im Einzelfall geeigneten Medikament erfordert oft aufwändige mikrobiologische Tests. Umso mehr trifft das Problem Menschen in abgelegenen Regionen mit schwacher medizinischer Infrastruktur. Besonders stark betroffen ist der Nahe Osten: Bewaffnete Konflikte führen zu schweren Verletzungen, die gefährliche Infektionen begünstigen. Da auch die Gesundheitsversorgung unter den Konflikten leidet, verschlimmern sich nicht nur die Hygienebedingungen. Oft werden auch falsche Antibiotika oder solche von minderer Qualität verschrieben. Die Folgen können tödlich sein. Darauf weist die humanitäre Nothilfeorganisation Médecins sans frontières/Ärzte ohne Grenzen (MSF) anlässlich der Weltantibiotikawoche 2019 von 18. bis 24. November hin.

Take Waleed, ein Patient in einer auf rekonstruktive Chirurgie spezialisierten Klinik von Ärzte ohne Grenzen in der jordanischen Hauptstadt Amman ist einer der Betroffenen. 2016 wurde er in der jemenitischen Stadt Ibb bei einem Angriff schwer verletzt. Zahlreiche Frakturen sowie eine Behandlung mit falschen Medikamenten führten zu einer Knocheninfektion mit antibiotikaresistenten Bakterien, von der er sich erst jetzt langsam erholt.
 

Isolation verhindert Ansteckung

„Fast alle Infektionen, die wir hier behandeln, sind antibiotikaresistent“, sagt May Al Asmar, Leiter des Labors in der Spezialklinik von Ärzte ohne Grenzen. Es ist eine von wenigen medizinischen Einrichtungen der Region, die über ein zur Behandlung notwendiges mikrobiologisches Labor verfügen. Die Behandlung erfordert in vielen Fällen drastische Maßnahmen, etwa die Isolation der Patientin oder des Patienten, um die Ansteckung anderer zu verhindern.

Um die medizinische Versorgung von Betroffenen in noch abgelegeneren Regionen zu gewährleisten, entwickelt Ärzte ohne Grenzen derzeit ein Mini-Lab genanntes mobiles Labor, in dem professionelle mikrobiologische Untersuchungen durchgeführt werden können. Das Labor funktioniert im Ernstfall auch ohne Strom. Der erste Prototyp des Mini-Labs wird kommendes Jahr serienreif sein. ASTApp, eine Smartphone-App, die mittels künstlicher Intelligenz bei der Schnellauswertung von Antibiotikaresistenzen hilft, wird derzeit bereits getestet.

Ärzte ohne Grenzen Österreich  hat medizinanthropologische Einzelstudien in vier unterschiedlichen Ländern zu den Ursachen und Auswirkungen von Antibiotikaresistenzen durchgeführt. Verantwortlich für die Studien ist Alena Koscalova, Ärztin und Leiterin der Evaluation Unit von Ärzte ohne Grenzen Österreich.