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Amnesty International und Ärzte ohne Grenzen: Patente auf COVID-19-Impfstoffe behindern Kampf gegen Pandemie
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In einem offenen Brief fordern Amnesty International und Ärzte ohne Grenzen die österreichische Bundesregierung auf, sich dafür einzusetzen, die geistigen Eigentumsrechte für Medikamente, Hilfsmittel und Impfstoffe gegen COVID-19 für die Dauer der Pandemie auszusetzen. So könnten COVID-19-Impfstoffe weltweit dezentral, schneller und in größeren Mengen produziert und Menschenleben gerettet werden.
Klicken Sie hier, um den kompletten offenen Brief im Original zu lesen.
Am 10. und 11. März findet die nächste Verhandlungsrunde der Welthandelsorganisation (WTO) zur Aussetzung von Patenten auf COVID-19-Hilfsmittel statt. Diese Gespräche fallen mit dem 11. März auf den Tag, an dem vor einem Jahr COVID-19 zur Pandemie erklärt wurde. Amnesty International Österreich und Ärzte ohne Grenzen Österreich fordern von der österreichischen Bundesregierung, sich bei der WTO und auch auf EU-Ebene dafür einzusetzen, dass die geltenden internationalen Regeln zum Schutz des geistigen Eigentums vorübergehend aufgehoben werden. Pharmafirmen müssen ihr Know-How und Technologien für die Dauer der Pandemie teilen, um eine raschere globale Versorgung mit Impfstoffen und Medikamenten gegen COVID-19 zu ermöglichen.
„Pharmafirmen haben es in der Hand, den Kampf gegen COVID-19 massiv zu beschleunigen. Doch im Zentrum der Pandemiebekämpfung dürfen nicht Profite stehen, sondern die Menschen, ihr Leben und ihre Gesundheit, die jeden Tag am Spiel steht. Danach sollen sich unsere Lösungen auch ausrichten. COVID-19 ist eine globale Krise und wir werden sie erst überwinden, wenn alle Menschen eine faire Dosis Impfstoff bekommen", sagt Annemarie Schlack, Geschäftsführerin von Amnesty International Österreich.
Dringend mehr Impfstoffe benötigt
Weltweit gibt es zu wenig COVID-19 Impfstoffe und die Produktion, die derzeit bei einigen wenigen Pharmafirmen liegt, kann den globalen Bedarf bei weitem nicht rasch genug abdecken. Aus diesem Grund wird derzeit überall auf der Welt zu langsam geimpft. Hinzu kommt, dass jene Länder, die es sich leisten können, sich bereits vorab mithilfe bilateraler Abkommen den Großteil der knappen Impfstoffe gesichert haben. Ärmere Länder müssen deshalb noch mehrere Monate oder sogar Jahre auf eine ausreichende Versorgung mit Impfstoffen warten.
„Alle Menschen weltweit müssen den gleichen Zugang zu lebensrettenden Medikamenten, Hilfsmitteln und Impfstoffen im Kampf gegen COVID-19 haben. Wenn nicht inmitten einer globalen Pandemie, wann treffen wir dann mutige und solidarische Entscheidungen”, fragt Laura Leyser, Geschäftsführerin von Ärzte ohne Grenzen Österreich.
Österreich und die EU müssen jetzt Ausnahmeregelung vom TRIPS-Abkommen unterstützen
Die Regierungen von Indien und Südafrika haben bereits 2020 bei der Welthandelsorganisation in Genf einen Antrag eingereicht, bei dem es um eine Klausel im sogenannten TRIPS – Abkommen (Abkommen über handelsbezogene Aspekte der Rechte des geistigen Eigentums) geht. Diese Klausel würde es erlauben, für die Dauer der Pandemie den Schutz der geistigen Eigentumsrechte auszusetzen. Der Antrag zielt darauf ab, Ländern die Möglichkeit zu geben, Patente und andere Exklusivrechte, die die Produktion und Lieferung von COVID-19-Impfstoffen und Medikamenten behindern könnten, nicht durchzusetzen, bis eine globale Herdenimmunität erreicht ist. Die vorgeschlagene Ausnahmeregelung wird inzwischen offiziell von 58 Ländern mitgesponsert, insgesamt 100 unterstützen den Vorschlag bereits.
„Würde der Kampf gegen die Pandemie nach gesundheitlichen Prioritäten und unter Einhaltung der Menschenrechte geführt, müsste als erstes dringend eine gerechte, bedarfsorientierte globale Verteilung von Impfstoffen sichergestellt werden. Dabei müssen Gesundheitspersonal und Risikogruppen nicht nur in Europa, sondern überall auf der Welt priorisiert werden”, so Annemarie Schlack von Amnesty International Österreich.
Leider blockieren aber immer noch einige Länder die wegweisende Resolution, darunter auch Österreich und die EU. Dabei ist es höchste Zeit solidarische Lösungen für alle Menschen weltweit umzusetzen.
Eine Ausweitung der Produktionskapazitäten von COVID-19-Impfstoffen wäre möglich – auch wenn Pharmaunternehmen nicht müde werden, das Gegenteil zu behaupten. „Es gibt weltweit vier Dutzend Unternehmen, die in der Lage sind, Impfstoffe zu produzieren – gerade in Indien etwa werden bereits jetzt Impfstoffe nach hohen Qualitätskriterien für den Rest der Welt hergestellt. Wenn deren Kapazitäten alle genützt würden, gäbe es bald keine Engpässe mehr“, betont Laura Leyser von Ärzte ohne Grenzen Österreich: „Eine Pandemie ist erst dann beendet, wenn sie überall beendet ist. Die österreichische Bundesregierung muss jetzt Verantwortung übernehmen und das Recht auf Gesundheit aller Menschen in den Vordergrund stellen und dieses richtungsweisende Abkommen unterstützen.“