Ärzte ohne Grenzen fordert Evakuierung syrischer Kriegsverletzter nach Jordanien

21.07.2016
Eine neue chirurgische Station im Traumazentrum wurde von Ärzte ohne Grenzen im Regierungskrankenhaus in Ramtha eröffnet.
Aufwachraum der neu eröffneten chirurgischen Station im Traumazentrum von Ärzte ohne Grenzen im Regierungskrankenhaus in Ramtha.
Maya Abu Ata/MSF
Ramtha, Jordanien, 20.07.2016:  Aufwachraum der neu eröffneten chirurgischen Station im Traumazentrum von Ärzte ohne Grenzen im Regierungskrankenhaus in Ramtha.

Ärzte ohne Grenzen/Médecins Sans Frontières (MSF) fordert die Evakuierung von Kriegsverletzten aus Syrien über die derzeit geschlossene Grenze zu Jordanien. Die internationale medizinische Hilfsorganisation hat eine neue chirurgische Station im Traumazentrum von Ärzte ohne Grenzen im Regierungskrankenhaus in Ramtha eröffnet. Die Einrichtung liegt nur fünf Kilometer von der syrischen Grenze entfernt und soll helfen, die vielen Verletzten aus dem Kriegsgebiet zu versorgen.

Am 21. Juni 2016 war die nördliche Grenze von Jordanien zu Syrien geschlossen worden, nachdem bei einem Selbstmordattentat an der nordöstlichen Grenze sieben jordanische Soldaten getötet wurden. Seitdem haben nur mehr wenige Verletzte die Notaufnahme von Ärzte ohne Grenzen im Spital in Ramtha erreicht. „Die Grenzschließung führt dazu, dass die Opfer des Konflikts, die durch den Krieg schwer verletzt wurden, keine Chance mehr haben, zu überleben“, erklärt Luis Eguiluz, Einsatzleiter von Ärzte ohne Grenzen in Jordanien. „Es ist für sie unmöglich, die lebensrettende medizinische Hilfe zu erhalten, die sie so dringend brauchen, solange es keinen Zugang zu Jordanien gibt.“

Ärzte ohne Grenzen ist seit September 2013 in Ramtha tätig. Die neue Station wurde gebaut, nachdem aufgrund der vermehrten Kämpfe im südlichen Syrien immer mehr syrische Patienten mit sehr schweren Verletzungen nach Ramtha kamen. Mit der Einrichtung soll die Qualität der lebensrettenden chirurgischen und wiederherstellenden post-operativen Versorgung weiter verbessert werden. Seit dem Start des Projekts in Ramtha im Jahr 2013 hat Ärzte ohne Grenzen in enger Zusammenarbeit mit dem jordanischen Gesundheitsministerium insgesamt 1.062 syrische Patienten versorgt – davon 23 Prozent Frauen und 36 Prozent Kinder. Darüber hinaus wurden mehr als 800 größere Operationen durchgeführt.

Verletzten wird Zugang verwehrt

Durch die Schließung der nördlichen Grenze Jordaniens wird den Verletzten aus dem Kriegsgebiet der Zugang zu medizinischer Hilfe verwehrt, da auch das Gesundheitssystem innerhalb Syriens während der vergangenen fünf Jahre zerstört wurde. „Wir rufen die zuständigen Behörden auf, ihre Solidarität für die Kriegsverletzten aufrechtzuerhalten – eine Solidarität, die das Leben vieler syrischer Kinder, Frauen und Männer gerettet hat“, so Eguiluz.

Ärzte ohne Grenzen hat mit der neuen chirurgischen Station in Ramtha die Möglichkeit geschaffen, Schwerverletzte aus dem Kriegsgebiet zu versorgen. Doch auch die Menschen rund um Ramtha erhalten dadurch bessere medizinische Hilfe. „Die alten Operationssäle, die die Teams von Ärzte ohne Grenzen bisher verwendet haben, werden dem Krankenhaus in Ramtha übergeben und von der Abteilung für Geburtshilfe genutzt“, sagt Michael Talotti, Koordinator des Projekts in Ramtha. „Diese Übergabe wird den jordanischen Frauen mehr Privatsphäre und Schutz bieten.“

Seit Konfliktbeginn haben über vier Millionen Syrer Zuflucht in den Nachbarländern gesucht, viele davon sind nach Jordanien gekommen. Ärzte ohne Grenzen arbeitet seit August 2006 in Jordanien und hat ein Programm für wiederherstellende Chirurgie in der Hauptstadt Amman aufgebaut. Seit 2013 betreibt die Organisation das Traumazentrum im Krankenhaus von Ramtha sowie ein Mutter-Kind-Spital. Ärzte ohne Grenzen betreibt außerdem zwei Projekte für nicht-übertragbare Krankheiten in Irbid und Ramtha, um syrischen Flüchtlingen und Betroffenen aus Jordanien zu helfen.