Ärzte ohne Grenzen behandelt viele Verletzte nach Kämpfen in Kundus

29.09.2015
Unter den 171 Verletzten sind auch 46 Kinder.
Ärzte ohne Grenzen Klinik in Kunduz-Afghanistan
MSF

Kabul/Wien, am 29. September 2015 – Nach dem Ausbruch heftiger Kämpfe zwischen Regierungstruppen und Oppositionskräften in Kundus wurden Dutzende Verletzte in das Krankenhaus von Ärzte ohne Grenzen/Médecins Sans Frontières (MSF) in der Stadt gebracht. Die medizinischen Teams haben seit Montag früh 171 Verletzte behandelt, darunter 46 Kinder. 50 der Verwundeten waren in einem kritischen Zustand. Der Großteil der Patienten erlitt Schusswunden; Chirurgen behandelten hauptsächlich Verletzungen im Bauchbereich, an den Gliedmaßen sowie Kopfwunden.

"Überwältigt"

„Das Krankenhaus ist vom Patientenansturm regelrecht überwältigt worden“, sagt Guilhem Molinie, Landeskoordinator von Ärzte ohne Grenzen in Afghanistan. „Wir haben die Bettenanzahl rasch von 92 auf 110 aufgestockt, um mit den nie dagewesenen Patientenzahlen zurechtzukommen; doch es kommen immer noch mehr Patienten. Wir haben derzeit 130 Patienten in allen Abteilungen untergebracht, in den Gängen und sogar in den Büroräumen. Das Krankenhaus hat sein Limit erreicht, die Kämpfe gehen aber weiter. Deshalb sind wir besorgt, wie wir mit einem möglichen erneuten Ansturm von Verletzten zurechtkommen.“

Das Team von Ärzte ohne Grenzen, bestehend aus internationalen und afghanischen Mitarbeitern, arbeitet ununterbrochen, um eine medizinische Versorgung zu gewährleisten. Am Montag führte das Team bis spät in die Nacht hinein 43 chirurgische Eingriffe durch. Am Dienstag wurden weitere Verletzte eingeliefert; auch aus einer rund 15 Kilometer entfernten Klinik von Ärzte ohne Grenzen im Bezirk Chardara, von wo Patienten in einem kritischen Zustand überstellt wurden. Um die Hilfe für die Verletzten aufrecht zu erhalten und um auf einen eventuellen weiteren Patientenansturm vorbereitet zu sein, wurden auf dem Landweg und per Flugzeug Medikamente und medizinischer Nachschub nach Kundus geschickt.

Zusicherung von Konfliktparteien

„Wir sind mit allen Konfliktparteien in Kontakt. Uns wurde versichert, dass unser medizinisches Personal, die Patienten, das Krankenhaus und die Krankenwagen respektiert werden“, erklärt Molinie. „Da das staatliche Provinz-Krankenhaus derzeit nicht in Betrieb ist, ist das Spital von Ärzte ohne Grenzen das einzige in Kundus, in dem Verletzte dringend benötigte medizinische Behandlungen erhalten.“

Das Krankenhaus von Ärzte ohne Grenzen in Kundus ist die einzige Einrichtung dieser Art im Nordosten von Afghanistan. In dem Spital werden kostenlose, lebensrettende Trauma-Behandlungen angeboten, häufig zur Erhaltung von Gliedmaßen. Die Ärzte behandeln jeden Patienten, ungeachtet seiner ethnischen Herkunft und religiösen oder politischen Überzeugung.

Ärzte ohne Grenzen in Afghanistan

Ärzte ohne Grenzen ist seit 1980 in Afghanistan tätig. Wie im ganzen Land arbeiten in Kundus einheimische und internationale Mitarbeiter zusammen, um eine gute medizinische Versorgung zu gewährleisten. Ärzte ohne Grenzen unterstützt auch das Gesundheitsministerium im Ahmad-Shah-Baba-Krankenhaus im Osten Kabuls, in der Frauenklinik Dasht-e-Barchi im Westen Kabuls und im Boost-Krankenhaus in Lashkar Gah in der Provinz Helmand. In Khost im Osten des Landes betreibt Ärzte ohne Grenzen eine eigene  Mutter-Kind-Klinik. Ärzte ohne Grenzen verwendet für seine Arbeit in Afghanistan ausschließlich private Mittel und nimmt keinerlei Gelder von Regierungen an.