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Sei geduldig, sei flexibel!
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Der Tiroler Arzt Dr. Jakob Krösslhuber ist seit Februar auf seinem ersten Einsatz mit Ärzte ohne Grenzen in Afghanistan. Dort ist er sechs Monate lang für die Betreuung der neonatalogischen Intensivstation in einem Bezirkskrankenhaus in West-Kabul zuständig. Ärzte ohne Grenzten unterstützt das Spital, denn spezialisierte medizinische Hilfe ist in Afghanistan für viele Menschen kaum erreichbar. In einer „Email aus dem Einsatz“ berichtet er über den Alltag im Spital, kulturelle Unterschiede und die drei ‚goldenen Regeln‘ während eines Einsatzes.
Nun bin ich schon seit drei Monaten hier in Afghanistan – Zeit für einen Zwischenbericht!
Ende Jänner hatte ich noch die Vorbereitungswoche in Wien und am 1. Februar ging´s dann los: Von Wien mit einigen Vorgesprächen Sonntagabend nach Paris. Am nächsten Tag weitere Vorbereitungen, über Nacht dann nach Istanbul und Kabul. Am Tag darauf ging‘s dann zum Projekt von Ärzte ohne Grenzen in Dasht-e-Barshi, einem Bezirk in West-Kabul. Im Gästehaus traf ich die anderen: Ein Ehepaar (Sudanese und Japanerin), eine Dänin, noch eine Japanerin, eine Argentinierin und eine Französin. Man hilft sich wo man kann. Im Keller unserer Unterkunft gibt’s neben dem Fitnessraum auch einen Bunker – für den Fall der Fälle.
Die Frauen tragen alle einen Schal, um den Kopf zu bedecken. Hier ist man sehr liberal, denn man darf die Haare sehen. Handgeben ist jedoch nur gleichgeschlechtlich erlaubt, um auch im Auto gilt eine strikte Sitzordnung: Männer und Frauen getrennt.
Überraschungen auf der Station
Dann endlich ins Krankenhaus: Auf der neonatalogischen Intensivstation (kurz „NICU“ für „Neonatal Intensive Care Unit“) gibt es plötzlich 12 statt 8 Betten und 6 statt 5 Betten auf der Station für „Kanguru Mother Care“ zum Füttern der Frühchen – und noch mehr Babys auf der normalen Geburtenstation. Zum Glück war in der ersten Woche nicht viel los, und ich konnte erstmal sehen, wie gearbeitet wird.
Im Krankenhaus bin ich mehr Beobachter, da ich das Glück habe, auf einer „funktionierenden“ Station zu arbeiten. Die Protokolle werden befolgt und das tägliche Geschäft läuft. Meine Aufgaben bestehen darin, das bestehende Team und neue Ärzte zu trainieren, Hebammen und Schwestern zu schulen, die Protokolle zu überprüfen und gegebenenfalls zu überarbeiten – aber auch Fehler zu finden und zu verbessern. Ich arbeite meistens von 7:30 bis 17:00 und bin rund um die Uhr am Telefon erreichbar. Das Handy ist mein bester Freund: Bei Notfällen wird man darüber verständigt. Gelegentlich werde ich auch nachts angerufen, aber bis jetzt musste ich nur ca. ein Mal pro Woche in der Nacht ins Spital. Also sind meine Arbeitszeiten besser als in Österreich.
Arbeitsalltag im Krankenhaus
Normalerweise läutet mein Wecker um 6:30 Uhr, und nach dem Frühstück geht es um ca. 7:15 Uhr zum Auto, meist mit dem gesamten medizinischen Team. Im Krankenhaus beginnt nach dem Umziehen mein Arbeitstag in der neonatalogischen Intensivstation. In 10 bis 15 Minuten sollte ich alles über alle Patienten wissen, um dann um 7:45 Uhr in der Morgenbesprechung alles zu berichten.
Mein Tag geht weiter mit Besprechungen, was mit welchen Patienten geschieht und wie wir weiter vorgehen. Wenn ich dazwischen Zeit habe, gehe ich ins Büro und arbeite an Protokollen für die Intensivstation oder an Trainings für das Team. Ich bemühe mich, mindestens einmal pro Woche eine Präsentation oder eine Weiterbildung anzubieten. Zwischenzeitlich wird man in den Kreissaal oder den Operationssaal gerufen. Bei Null Grad Außentemperatur wiederhole ich wie eine tibetische Gebetsmühle, die Neugeborenen gut abzutrocknen und gut einzupacken.
Das Highlight bisher: Die Drillinge. Alle gut auf und zwischen 2,2 und 1,2kg!
Zu Mittag es zurück ins Gästehaus, um etwas zu essen. Saifulla, unser Koch, war vorher in einem sehr bekannten französischen Restaurant, was uns sehr gutes Essen beschert. Angeblich das beste Essen in allen Projekten von Ärzte ohne Grenzen in Afghanistan. Schmeckt gut – aber man isst zu viel. Danach zurück ins Krankenhaus, Probleme lösen und Computerarbeit, Organisation und Personalagenden.
Das Wochenende ist hier am Donnerstag und Freitag. Das ist noch etwas gewöhnungsbedürftig, aber wird immer selbstverständlicher. An diesen Tagen sollten wir eigentlich nicht ins Krankenhaus, aber bisher hatte ich erst einen Tag frei. Normalerweise sollte ich gar nicht arbeiten am Wochenende, aber es gibt immer was zu tun und selten ausreichend Abwechslung.
Habe auch die drei goldenen Regeln von Ärzte ohne Grenzen für den Einsatz gelernt:
- Be patient (Sei geduldig.)
- Be flexible (Sei flexibel.)
- Eat everything what is tasty (Iss alles, was gut schmeckt.)
Denke die dritte Regel ist kein Problem und mit den anderen zwei werde ich immer besser.
Bis bald!
Asalam,
Jakob
Ärzte ohne Grenzen ist seit 1981 in Afghanistan tätig. Das Team in Dasht-e-Barchi arbeitet eng mit dem Gesundheitsministerium zusammen, um die Entbindungsstation im Bezirkskrankenhaus zu unterstützen. Die Organisation unterstützt auch das öffentliche Krankenhaus in Ahmad Shah Baba in Ost-Kabul und das Boost-Krankenhaus in Lashkar Gah in der Provinz Helmand. In Kundus betreibt Ärzte ohne Grenzen ein Unfallkrankenhaus und in Khost im Osten des Landes eine Mutter-Kind-Klinik. In allen Einrichtungen bietet Ärzte ohne Grenzen die lebensrettende medizinische Versorgung kostenlos an. Wir akzeptieren für die Arbeit in Afghanistan keine staatlichen Gelder. Die Aktivitäten werden ausschließlich aus privaten Spenden finanziert.
Lesen Sie hier einen weiteren Blogpost aus Afghanistan von unserem Projektkoordinator Marcus Bachmann: "Wenn sich Patienten Betten teilen…"
Haha... sei geduldig, sei flexibel.. dass hab ich auch bei MSF gelernt und lebe danach.. dann geht alles a bisserl einfacher im leben und vorallem im einsatz.
Hab noch eine schöne und erfolgreiche monate in Afghanistan.
Vorallem take care and stay safe
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