Das war der 4. Humanitäre Kongress in Wien

08.03.2017
"STAND UP! Power will not save us, people can!" - Nachbericht zur Diskussionsveranstaltung am 3. März 2017 in der Universität Wien. Ein Kommentar von Franz Luef.

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Am 3. März 2017 fand in Wien der 4. Humanitäre Kongress statt. Sieben hochkarätig besetzte Diskussionspanels widmeten sich heuer dem Thema Flucht, zahlreiche Organisationen stellten ihre Arbeit im Kontext der weltweiten humanitären Hilfe vor. Unser humanitärer Koordinator Franz Luef fasst seine Eindrücke zusammen: "STAND UP! Power will not save us, people can!"

Mit dieser doch radikalen Aufforderung beendete Fr. Kate Gilmore, stellvertretende UN-Hochkommisarin für Menschenrechte, ihre beeindruckende Rede am Panel zu „The Erosion of Internal Law – Who cares?", am Humanitären Kongress (Live-Mitschnitt auf YouTube). Und eben diesen Aufruf an die Zivilgesellschaft, diese starke Forderung an uns alle, sich für Humanitäres Recht und für eine humane Politik einzusetzen, nehme ich von diesem spannenden Kongress mit, der in Wien stattgefunden hat.

 

Hanna Spegel/MSF
Alle Diskussionen wurden via Livestream auf Facebook und YouTube übertragen. Die Mitschnitte sind ab sofort jederzeit abrufbar!

Herausforderungen und Ursachen der Flucht

Nach mehr als 13 Monaten der Vorbereitungen und des Brainstormings war es am 3. März soweit, der 4. Humanitäre Kongress Wien zum Thema „Forced to flee – Humanity on the run“ konnte stattfinden. In einer Reihe von interessanten Diskussionen, mit einer vielfältigen Auswahl an Panellisten, beeindruckenden, berührenden & persönlichen Erzählungen wie der des syrischen Arztes Mustafa Maalbawi und anregenden Gesprächen, stellten wir uns Fragen rund um die Herausforderungen und Ursachen der Flucht. Thematisiert wurden auch die humanitären Folgen der Migrationspolitik auf nationaler und internationaler Ebene.

Jerzt: Panel "Why are people forced to flee?" mit u.a. Hernan de Valle von #MSF & Mustafa Maalbawi, Arzt aus #Syrien #huco2017 pic.twitter.com/Q3j8JUG3Sj

— Ärzte ohne Grenzen (@MSF_austria) 3. März 2017

Am Vorabend der Veranstaltung halfen rund 40 Freiwillige bei einem Mapathon von Ärzte ohne Grenzen und dem Österreichischen Roten Kreuz, vernachlässigte Krisenregionen auf die Landkarte zu setzen. Während des Kongresstages stellten dann in den Bereichen rund um die Festsäle der Universität Wien auch zahlreiche Organisationen ihre Arbeit vor. Beim Stand von Ärzte ohne Grenzen gab es nicht nur Informationen über die Einsatzmitarbeit und moderne Technologien, sondern auch die Möglichkeit, Einsatzteams vor Ort im Libanon oder in Tansania zu besuchen: Mit 360°-Videos auf einem Virtual-Reality-Set von #3hilft. Mehr Info über #3hilft

 

Hanna Spegel/MSF
"Wie, wenn man dort wäre!" - ein virtueller Ausflug nach Tansania oder in den Libanon mit VR-Sets von #3hilft.

Von der Eröffnungsrede von Volker Türk, dem stv. Hochkommisar für Flüchtlingsschutz (UNHCR), über die Rolle der Zivilgesellschaft bis hin zum „Reality Check“ zur Situation in Libyen und der finalen „Closing Session“, kristallisierten sich für mich die folgenden Schlussfolgerungen heraus:

  1. Wir, die aus dem humanitären Bereich bzw. aus dem Bereich der Menschenrechte, bleiben zu oft in unserer eigenen Blase. Um Änderungen zu bewirken, müssen wir aus unserer Komfortzone raus, wir müssen uns auf jene einlassen und begeistern, die von der allgemeinen Politik der Furcht/Angst und des Misstrauens voreingenommen sind.
  2. Es bedarf einer gemeinsamen Lösung („ whole-of-society approach“). Wir müssen uns alle der Realität der Flucht und Migration stellen und gemeinsam nach praktikablen Lösungen suchen (im Kleinen – Stadt/Gemeinde – und im Großen – Region / Staat),  ohne dabei die Errungenschaften im Bereich der Menschenrechte bzw. die Menschlichkeit, Fairness und die Solidarität aus den Augen zu verlieren (z.B. sichere und legale Möglichkeiten um Int. Schutz ansuchen zu können).
  3. Hierbei kommt der Zivilgesellschaft eine große Bedeutung zu. Zum einen ein ständiges wachsames Auge auf proaktives Engagement an den Tag zu legen. Aber auch, und dies hat uns sicherlich das Jahr 2015 gezeigt, ein „positive Story-telling“  zu forcieren, den Kontakt zu den Betroffenen zu suchen und ihnen auch eine Stimme, ein Gesicht zu verleihen.
  4. Zu guter Letzt,  das wurde klar und deutlich festgehalten: Das Internationale Menschenrecht leidet an keinen Verschleißerscheinungen, der Respekt vor diesen jedoch sehr wohl. Es liegt an uns zu entscheiden, ob wir uns mit Lippenbekenntnissen zum Internationalen Menschenrecht bereits zufrieden geben, wenn uns eben diese Menschenrechte wichtig, und nicht egal sind.

Es war ein spannender Kongress, von dem ich viele interessante, neue Gedanken mitnehme. Herzlichen Dank an die mehr als 400 BesucherInnen, unsere KollegInnen und allen HelferInnen!

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