EU-Asylpläne: Ärzte ohne Grenzen Österreich fordert Schutzsuchende ins Zentrum zu stellen

06.06.2023
Im Vorfeld des Treffens der EU-Innenminister:innen am 8. Juni 2023 in Luxemburg betont Ärzte ohne Grenzen Österreich:

„Es ist schockierend, mit welcher Selbstverständlichkeit sich eine Verrohung im Umgang mit Schutzsuchenden in der Praxis und im Diskurs breitmacht. Wenn die EU-Innenminister:innen am Donnerstag in Luxemburg über die Reform des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems beraten, fordern wir sie daher dringend auf, das Wesentliche im Blick zu haben: Es geht um Menschen. 

Aktuell scheint die Tendenz, immer unverhohlener darüber zu diskutieren, unter welchen Ausnahmebedingungen die EU-Grundrechtscharta und die Flüchtlingskonvention ausgehebelt werden könnten. Die Instrumentalisierungsrichtlinie oder die Auslagerung von Asylzentren außerhalb der EU sind so eine Aushöhlung der Grundrechtsbestände. Ebenso die Diskussion um Sekundärmigration, die einer Legalisierung von Pushbacks und in Folge Kettenabschiebungen von einem Land ins nächste gleichkäme. 

Unsere medizinischen Teams weisen immer wieder auf die schwerwiegenden Folgen der Gewalt an den EU-Außengrenzen hin. In ihren Einsätzen behandeln unsere Mitarbeiter:innen Menschen, deren physische und psychische Gesundheit massiv Schaden erlitten hat. Erst kürzlich hat die Berichterstattung in der New York Times in der Video-Material eines gewaltsamen Pushbacks von Griechenland in die Türkei veröffentlicht wurde für Aufsehen gesorgt. Die EU-Innenminister:innen  müssen sich klar gegen solche Praktiken aussprechen und eine Aufarbeitung dieser Gewalt leisten.

Der Umgang mit Schutzsuchenden wird immer unmenschlicher und brutaler. Wir sehen die Auswirkungen dessen in unserer täglichen Arbeit an den EU-Außengrenzen. Sei es am Westbalkan, an den belarussischen Grenzen mit Lettland, Litauen und Polen, am Mittelmeer und in Italien sowie in Griechenland. Unsere Teams erleben immer wieder, wie Menschen auf der Flucht im Meer ertrinken, an den Grenzen abgefangen und zurückgedrängt werden, ihnen humanitäre Hilfe verweigert wird. Sie werden in ihrer Hoffnung auf Schutz zunehmend kriminalisiert. Zusätzlich beobachten wir auch eine wachsende Kriminalisierung der humanitären Hilfe, die uns Sorge bereitet. 

Es darf nicht salonfähig werden, dass der Rechtsgedanke nicht mehr im Vordergrund ist. Die EU-Innenminister:innen müssen sich dringend daran erinnern worum es eigentlich geht: nämlich um Menschenrechte und Menschenwürde, die geschützt werden müssen und nicht bürokratisch oder technokratisch ausgehebelt werden dürfen. Menschenleben dürfen nicht zum Spielball der Politik werden.“