14.02.2025
In den Vertriebenenlagern in und um die Stadt Goma in der Provinz Nord-Kivu kam es in den vergangenen Wochen zu extrem gewalttätigen Übergriffen. Nun verlassen viele die Lager. Ärzte ohne Grenzen setzt mobile Kliniken ein, um die Gesundheitsversorgung zu sichern.

In den Vertriebenenlagern in und um die Stadt Goma in der Provinz Nord-Kivu kam es in den vergangenen Wochen zu extrem gewalttätigen Übergriffen. Hunderttausende Menschen hatten dort Zuflucht gesucht. Nun verlassen viele die Lager, wie Teams von Ärzte ohne Grenzen berichten. Die medizinische Hilfsorganisation fordert, dass dies nur freiwillig geschehen darf. Humanitäre Hilfe muss diejenigen erreichen, die sie am dringendsten benötigen.

Seit die Kampfhandlungen in Goma nachgelassen haben und die M23/AFC (Alliance Fleuve Congo) Teile der Region kontrolliert, gibt es viel Bewegung in den Vertriebenenlagern und auf den Straßen. Einige Lager leeren sich schnell, und zahlreiche Menschen machen sich auf den Weg in benachbarte Gebiete, oder in ihre Herkunftsorte. Mitarbeiter:innen von Ärzte ohne Grenzen haben auch Vertriebene beobachtet, die sich auf den Weg in die Stadt Goma machen, während einige Vertriebene aus zerstörten Lagern in andere, verbliebene Lager westlich von Goma gehen. 

„In dieser Woche haben sich einige Lager innerhalb weniger Stunden weitgehend geleert“, sagt Thierry Allafort-Duverger, Notfallkoordinator von Ärzte ohne Grenzen in Goma. “Die Menschen verlassen die Camps mit dem Wenigen, das sie haben. Wir wissen nicht, unter welchen Bedingungen sie nach Hause reisen oder was sie dort vorfinden werden. Es ist jedoch von entscheidender Bedeutung, dass ihre Bewegungen freiwillig erfolgen und dass die Aufnahmebedingungen in den Rückkehrgebieten sicher sind.“ 

Unterschiedliche Botschaften an die Schutzsuchenden 
Die Vertriebenen verlassen die Lager aus verschiedenen Gründen. Viele sprechen von Evakuierungsbefehlen, die Berichten zufolge von Mitgliedern der M23 erteilt wurden. Andere erhalten Nachrichten, die das Gegenteil besagen. Wieder andere haben den Wunsch, nach Jahren des Überlebens unter prekären Bedingungen zu gehen. Einige Menschen entscheiden sich jedoch dafür, in den Lagern zu bleiben, da sie wenig über die Sicherheitslage in ihren Heimatorten wissen. 

Humanitäre Hilfe unter schwierigsten Bedingungen 
„Die Botschaften bleiben verwirrend und unklar. Sicher ist, dass die Bevölkerung sehr besorgt ist und zwischen Gerüchten und der Realität schwankt“, sagt Allafort. “Familien sind extrem gefährdet – sowohl diejenigen, die gehen, als auch diejenigen, die bleiben, benötigen dringend humanitäre Hilfe. Leider sehen wir, dass einige Hilfsorganisationen nicht in der Lage waren, ihre Aktivitäten wieder aufzunehmen oder ihre Dienste eingestellt haben und ihre Strukturen in den Lagern abbauen.“ 

Die Verwundbarkeit und Hilfsbedürftigkeit der Bevölkerung der Region ist enorm groß. Das zeigt sich auch daran, dass Teams von Ärzte ohne Grenzen in den letzten Tagen miterlebten, wie einige Menschen humanitäre Einrichtungen abbauten und alles mitnahmen, was potenziell von Nutzen sein könnte: Stühle Metallbleche, Planen, Seile und ähnliches. Andere wiederum versuchten, die Einrichtungen von Ärzte ohne Grenzen vor Plünderungen zu schützen. 

„Dies geschah an mehreren Orten, an denen Ärzte ohne Grenzen tätig war, etwa in Lushagala, wo am Montag innerhalb weniger Stunden eine Klinik und ein Cholera-Behandlungszentrum von Ärzte ohne Grenzen verschwanden“, sagt Allafort. 

Gesundheitseinrichtungen kaum funktionsfähig  
In den vergangenen Jahren haben die Menschen unter schrecklichen Bedingungen in den Lagern um Goma gelebt. Die Situation in den Rückkehrgebieten wird wahrscheinlich ebenso katastrophal sein, wenn Hilfsorganisationen, UN-Organisationen und Behörden nicht das Mindestmaß an grundlegenden Dienstleistungen bereitstellen. Ärzte ohne Grenzen ist besonders besorgt über den Zugang zur Gesundheitsversorgung für Menschen, die die Lager verlassen und sich an anderen Orten niederlassen. In den Kriegsjahren wurden viele Gesundheitseinrichtungen geplündert oder verlassen. Sie können keine angemessene medizinische Versorgung bieten – weder jetzt noch auf längere Sicht. Deshalb muss humanitären Organisationen der Zugang zu allen Rückkehrgebieten garantiert werden. Rückkehrende brauchen zumindest eine grundlegende Gesundheitsversorgung, einschließlich Unterstützung für Überlebende sexualisierter Gewalt. 

Mobile Kliniken entlang der Straßen 
Um ein Mindestmaß an Gesundheitsversorgung für Vertriebene in den Rückkehrgebieten sicherzustellen, hat Ärzte ohne Grenzen mobile Kliniken an den Straßen eingerichtet, die von Goma nach Osten und Norden führen. Diese Möglichkeit wird auch für die Rückkehrgebiete geprüft. Auch wenn sich die Lage in Goma schnell ändert, leisten die Teams von Ärzte ohne Grenzen weiterhin lebenswichtige Hilfe für die Menschen, die noch in den Lagern leben. Dazu gehören medizinische Versorgung, Behandlung von Mangelernährung und Cholera, wie auch die Betreuung von Überlebenden sexualisierter Gewalt. Ärzte ohne Grenzen verteilt außerdem Lebensmittel, sauberes Wasser und sorgt für die Verbesserung der sanitären Einrichtungen in den Lagern. In der Zwischenzeit versorgen die medizinischen Teams von Ärzte ohne Grenzen Verwundete in den Krankenhäusern Kyeshero und Virunga in Goma. 

Werner Reiter | Ärzte ohne Grenzen

Werner Reiter

Press Officer