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UN-Generalsekretär António Guterres ist gestern zu einem Besuch in Bangladesch eingetroffen, um in Vertriebenenlagern in Cox's Bazar geflüchtete Rohingya zu treffen. Sein Besuch findet zu einem Zeitpunkt statt, an dem extreme Kürzungen der Lebensmittelrationen drohen. Das Welternährungsprogramm (WFP) hat angekündigt, die Rationen für die Rohingya in den Lagern in Cox's Bazar bald halbieren zu müssen, sollte eine gemeldete Finanzierungslücke von 81 Millionen US-Dollar nicht geschlossen werden. Das hätte zur Folge, dass die monatlichen Lebensmittelrationen ab April drastisch von 12 US-Dollar pro Person auf 6 US-Dollar sinken. Vickie Hawkins Generaldirektorin von Ärzte ohne Grenzen Amsterdam, befürchtet eine akute Mangelernährungskrise.
„Während die Auswirkungen von Kürzungen im humanitären Sektor auf der ganzen Welt zu spüren sind, müssen mehr als eine Million geflüchtete Rohingya weiterhin in den Lagern in Cox's Bazar ausharren. Vergangene Woche hat das Welternährungsprogramm die alarmierende Ankündigung gemacht, dass es aufgrund von Finanzierungsengpässen plant, die Lebensmittelrationen um die Hälfte zu kürzen. Wir sprechen hier von mehr als einer Million staatenloser Menschen, die kein Recht auf Arbeit, kein Land und keine anderen legalen Möglichkeiten haben, selbst für ihre Ernährung zu sorgen. Wir sind äußerst besorgt, dass die Kürzung der Lebensmittelrationen die Krise der Rohingya und das Gefühl der Verzweiflung, das in den Lagern bereits vorherrscht, weiter verschärfen wird. Wir wissen, was eine solche Verzweiflung und der Umstand, in diesem geschlossenen Lager sein Überleben sichern zu müssen, an Gewalt und Ausbeutung mit sich bringt; insbesondere Frauen und Kinder riskieren ausgebeutet zu werden. Viele Geflüchtete sagen uns, dass sie befürchten, dass die Situation sich weiter verschlimmert.
Kleine Kinder sind besonders gefährdet, langfristige Folgen von solchen Lebensumständen davonzutragen. Aufgrund mangelnder Nahrung kommt ihr Wachstum praktisch zum Stillstand, Mangelernährung führt außerdem dazu, dass sie anfälliger für Krankheiten sind. Viele Erwachsene müssen sich um Kinder oder ältere Familienmitglieder kümmern. Sie werden wahrscheinlich gezwungen sein, negative Bewältigungsmechanismen anzuwenden wie beispielsweise selbst weniger zu essen, um ihre Familien zu ernähren. Um sich ein Einkommen zu verschaffen, könnten sie gezwungen sein, auch ausbeuterische Tätigkeiten ausüben.
Die Ankündigung der Lebensmittelkürzungen kommt zu einer Zeit, in der erst kürzlich im Lager angekommene Geflüchtete bereits von den Lebensmittelrationen anderer Menschen abhängig sind, um zu überleben. Rahima, die vor kurzem vor der Gewalt in Myanmar geflohen ist und bei ihrer Großfamilie in den Lagern Zuflucht sucht, sagt: ‚Ich bin eine Last für sie. Sie teilen ihr spärliches Essen mit mir.‘
Masuda, eine andere Rohingya-Frau, erzählte uns, dass die Rationen, die sie und ihre Familie bekommen, schon jetzt nicht ausreichen.
Die Rohingya sind in Abhängigkeit gefangen. Geber:innenorganisationen wie auch Regierungen und internationale Institutionen müssen helfen, die Finanzierungslücke von 81 Millionen US-Dollar zu schliessen. Wir appellieren an die Geber, bis April Soforthilfe zu leisten, um die lebensnotwendigen Nahrungsmittelrationen für Geflüchtete zu sichern. Regierungen sollen die kurzfristige humanitäre Hilfe aufstocken, um den dringenden Bedarf zu decken. Internationalen Organisationen sollen sich mit den Agenturen für Ernährungssicherheit und Ernährung zusammentun, um eine rasche und transparente Bereitstellung der Mittel zu gewährleisten.
Wir wissen, dass es heute schwieriger ist als je zuvor, diese Ressourcen zu mobilisieren, aber es muss eine Lösung gefunden werden. Einer Bevölkerung humanitäre Hilfe vorzuenthalten, die vorsätzlich von ihr abhängig gemacht wurde, ist wirklich unverzeihlich.“
Schätzungsweise mehr als 1 Million Rohingya werden in den Lagern in Cox's Bazar festgehalten, wohin sie auf der Flucht vor der Gewalt im benachbarten Myanmar gekommen sind. Hinzu kommen schätzungsweise mehr als 60.000 Menschen, die seit Januar 2024 nach erneuten Gewaltausbrüchen in Myanmar angekommen sind. Die Rohingya sind in Bangladesch fast vollständig von humanitärer Hilfe abhängig. Dies gilt auch für die Versorgung mit Lebensmitteln, da sich Rohingya außerhalb der Lager kaum frei bewegen können, ihnen eine formelle Beschäftigung untersagt ist und sie keine alternativen legalen Einkommensquellen haben.
Vor der militärischen Razzia im August 2017 lebten etwa 1,1 Millionen Rohingya in Myanmar. 247.783 Rohingya sind heute noch im Bundesstaat Rakhine, darunter 140.000 Personen, die in Vertriebenenlagern festgehalten werden. Insgesamt leben über 2 Millionen Rohingya als Vertriebene – hauptsächlich in Asien und im Nahen Osten. Nach myanmarischem Recht wird den Rohingya die Staatsbürgerschaft verweigert, was ihre prekäre Existenz weiter verschlimmert.
