„Wenn die Krankheit zuschlägt, bedeutet das Leben oder Tod“

19.10.2011
Cholera-Patient Moïse erzählt

Themengebiete:

Haiti 2011
Yann Libessart/MSF
Delmas, Haiti, 11.05.2011: Ein Patient im Cholera-Behandlungszentrum von Ärzte ohne Grenzen.

Moïse ist 33 Jahre alt. Er ist vor ein paar Stunden hier im Cholera-Behandlungszentrum in Thomassique, einer kleiner Stadt im Departement Centre in Haiti, angekommen. Sein Zustand ist ernst. Er wird sofort mithilfe eines Tropfes und oral mit Flüssigkeit versorgt, also rehydriert. Sein Zustand verbessert sich innerhalb kürzester Zeit; wenn er keinen Rückschlag erleidet wird er sich innerhalb von drei Tagen erholen.

Ärzte ohne Grenzen unterstützt seit fünf Wochen dieses Behandlungszentrum, seit es zu einem neuerlichen schweren Ausbruch der Cholera in dieser Gegend gekommen ist und das bestehende Zentrum den Zustrom an Patientinnen und Patienten nicht mehr bewältigen konnte. Ohne Unterstützung und genügend geschultes Personal war es nicht möglich die Patientinnen und Patienten entsprechend zu behandeln. Deswegen errichtete das Team von Ärzte ohne Grenzen ein Zentrum zur adäquaten Behandlung der Erkrankten. Außerdem wurden lokale medizinische Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die für die Einhaltung der Hygienemaßnahmen verantwortlich sind, engagiert und eingeschult. Ärzte ohne Grenzen kann das Zentrum nun langsam einer anderen Organisation übergeben, die die Arbeit in den nächsten Monaten entsprechend fortsetzen kann.

 

Moïses Geschichte

 

„Ich komme aus Bogbanique. Ich wurde krank als ich gerade in meinem Garten arbeitete. Es begann alles sehr plötzlich. Ich wusste nicht, was geschieht. Ich verlor das Bewusstsein. Es kamen mir ein paar Leute zu Hilfe, holten mich ab und brachten mich in die Klinik – die Klinik in Bogbanique. Dort wurde ich an einen Tropf angeschlossen. Ich erinnere mich daran, dass ich wieder zu Bewusstsein kam. Aber das medizinische Zentrum dort hatte nicht die Medikamente, um mich behandeln zu können. So wurde ich auf ein Motorrad gesetzt und nach Thomassique gebracht. Ich wurde wieder ohnmächtig. Ich kann mich nicht an die Ankunft hier erinnern, aber jetzt, wo ich wieder bei Bewusstsein bin, fühle ich mich besser.

Meine Frau hat mich begleitet und mein Schwager das Motorrad gelenkt. Es war eine sehr lange Fahrt.

Ich bin ein Pflanzer. Ich pflanze alles an, Getreide, Erbsen, alles. Dann verkaufe ich die Produkte auf dem Markt. Ich habe fünf Kinder daheim, meine Mutter kümmert sich zur Zeit um sie. Ich habe ein wenig Getreide auf die Seite legen können, denn man weiß nie, was passiert, wenn man krank wird. Ich habe gerade ein Feld gepachtet, um es zu bewirtschaften. Ich musste weinen bei dem Gedanken daran, dass ich das Geld nicht zurückzahlen kann, weil ich krank bin. Wann werde ich nach Hause zu meiner Arbeit zurückkehren können?

Ich habe auch andere gesehen, die die Cholera erwischt hat. Ich glaube nicht, dass es mir schlechter als anderen geht, aber ich bin auch nicht besser dran. Wenn die Krankheit zuschlägt, dann bedeutet das Leben oder Tod. Nur Gott kann den Menschen helfen, nicht krank zu werden und nach Hause zurück zu kehren.“

Seit Beginn der Choleraepidemie im Oktober 2010, gab es 465.000 Cholerafälle in Haiti. 6.500 von ihnen sind gestorben. Teams von Ärzte ohne Grenzen betreiben und unterstützen Cholera-Behandlungszentren und –einheiten in Port-au-Prince und in folgenden Provinzen: Martissant, Carrefour, Delmas, Choscal, Drouillard. Ebenso in folgenden Departements: Ouest, Nord, Nord-Ouest, Artibonite and Centre. Seit Ausbruch der Epidemie hat Ärzte ohne Grenzen mehr als 160.000 Patientinnen und Patienten gegen Cholera behandelt.