Welt-Aids-Tag: Weniger Finanzierung und teurere Medikamente gefährden Behandlungserfolge

29.11.2010
„Der Preis für neuere Medikamente, die wir benötigen, steigt derzeit rapide an, gleichzeitig haben Geldgeber entschieden, sich zurückzuziehen“
Südafrika 2010
REUTERS / Finbarr O'Reilly
Südafrika, 14.02.2010: Nandi Makhele, 25, ist HIV-positiv und Mitglied der Treatment Action Campaign, die sich in der Erziehungsarbeit über die Krankheit engagiert. Alleine in Südafrika leben 5,5 Millionen Menschen mit HIV/Aids. Seit 2001 betreibt Ärzte ohne Grenzen in dem Land ein umfassendes HIV/Aids-Programm.

Genf/Wien, 29. November 2010. Geringe Finanzierungszusagen und teurere Medikamente gefährden die Behandlung von HIV/Aids in ärmeren Ländern.  „Der Preis für neuere Medikamente, die wir benötigen, steigt derzeit rapide an, gleichzeitig haben Geldgeber entschieden, sich zurückzuziehen“, sagt Dr. Gilles van Cutsem, medizinischer Koordinator von Ärzte ohne Grenzen für Südafrika und Lesotho, zwei Tage vor dem diesjährigen Welt-Aids-Tag. Dabei zeigen aktuelle Untersuchungen von UNAIDS, dass sich die Investitionen in Aids-Programme auszuzahlen beginnen. Die Zahl der Neuinfektionen und Todesfälle sinkt.

 

 

„Wir behandelnden Ärzte haben das Gefühl, dass uns die Hände gebunden werden“, so van Cutsem. Die Weltgesundheitsorganisation WHO empfiehlt, Menschen mit HIV/Aids früher und mit neuen, besser verträglichen Medikamenten als bisher zu behandeln. Im Behandlungsprogramm von Ärzte ohne Grenzen in Lesotho hat die neue frühe Behandlung die Zahl der Todesfälle um 68 Prozent und die der neuen opportunistischen Infektionen um 27 Prozent reduziert. Diese Behandlungsstrategie hilft aber nicht nur einzelnen Patienten, sondern der ganzen Gesellschaft, denn sie senkt auch die Gefahr einer Weitergabe des Virus’. „Doch gerade jetzt, da wir sehen wie vielversprechend die neuen Empfehlungen sind, frieren die Geldgeber die Finanzierung der Programme ein.“

 

 

 

Fehlende Mittel

 

Dem Globalen Fonds, dem wichtigsten internationalen Finanzierungsinstrument im Kampf gegen Aids, Tuberkulose und Malaria, wurden für die kommenden drei Jahre nur 11,7 Milliarden Dollar statt der benötigten 20 Milliarden Dollar zugesagt. Die Gelder für das von den USA finanzierte Aids-Programm PEPFAR, das mindestens die Hälfte aller HIV/Aids-Behandlungen in ärmeren Ländern unterstützt, wurden seit drei Jahren nicht erhöht.

 

Zugang zu kostengünstigen Generika in Gefahr

 

Gleichzeitig arbeiten die reichen Länder daran, die Möglichkeiten zur Generika-Produktion einzuschränken, was zu höheren Medikamentenpreisen führen würde. In den Verhandlungen um ein Freihandelsabkommen mit Indien will die Europäische Union Klauseln wie die so genannte Datenexklusivität durchsetzen. Dies würde bedeuten, dass Generika-Produzenten ihre kostengünstigen Medikamente künftig noch schwieriger auf den Markt bringen können. Derzeit stammen jedoch mehr als 80 Prozent der Aids-Medikamente, die mit internationalen Geldern finanziert werden, von Generika-Produzenten aus Indien. Auch 80 Prozent der Aids-Medikamente, mit denen Ärzte ohne Grenzen 160.000 HIV/Aids-Patienten behandelt, kommen aus der so genannten „Apotheke der Armen“.

Setzt sich die EU durch, steht der Zugang zu kostengünstigen generischen Versionen neuer Medikamente zur Bekämpfung von HIV/Aids auf dem Spiel. „Wir rufen die Menschen auf, deutlich zu machen, dass sie mit der Politik der Europäische Kommission diesbezüglich nicht einverstanden sind“, so Franz Neunteufl, Geschäftsführer von Ärzte ohne Grenzen Österreich.  Gegen den Vorstoß der EU hat Ärzte ohne Grenzen die Kampagne “ Europa! Hände weg von unseren Medikamenten “ gestartet.