Urban Survivors – Ein Blick auf die humanitäre Krisen in Slums

04.01.2012
Neue Webdokumentation zum Thema

Themengebiet:

Bangladesch 2010
Julie Rémy
Dhaka, Bangladesch, 19.08.2010: Frauen warten mit ihren Kindern vor der Klinik von Ärzte ohne Grenzen im Slumgebiet Kamrangirchar.

Schnelle und dauerhafte Urbanisierung hat die bestehenden Slums anschwellen und in vielen Städten auf der ganzen Welt neue entstehen lassen. Einer von zehn Menschen lebt heutzutage in einem Slum, Tendenz steigend. Um die gravierenden humanitären und medizinischen Missstände, die in Slums weltweit herrschen, aufzuzeigen, hat Ärzte ohne Grenzen in Zusammenarbeit mit der Fotoagentur NOOR und Darjeeling Productions die Multimediakampagne  Urban Survivors  ins Leben gerufen.

„Bewohnerinnen und Bewohner eines Slums leben in einem Zustand ständiger Gefährdung“, erklärt Loris de Filippi, Operational Director von Ärzte ohne Grenzen. „Nicht nur dass sie in einem menschenunwürdigen Umfeld leben müssen, sie sind auch ständiger gesellschaftlicher Diskriminierung und Missachtung ausgesetzt. Über das Projekt Urban Survivors wollen wir diesen Menschen ein Gesicht verleihen.“

Das Multimediaprojekt „Urban Survivors“ nimmt die Besucherinnen und Besucher mit auf eine virtuelle Tour durch fünf Slums in Dhaka (Bangladesch), Karatschi (Pakistan), Johannesburg (Südafrika), Port-au-Prince (Haiti) und Nairobi (Kenia). In allen diesen Städten betreibt Ärzte ohne Grenzen Projekte. Mithilfe des Fotomaterials der preisgekrönten Fotoagentur NOOR zeigt Urban Survivors seinen Besucherinnen und Besuchern das tägliche Leben der betroffenen Menschen in den Slums und die humanitären Herausforderungen, mit denen sie konfrontiert sind. Die virtuelle Tour dokumentiert auch die Aktivitäten von Ärzte ohne Grenzen, um diesen Problemen entgegenzutreten.

Grundlegende Bedürfnisse

Khurshed lebt in Kamrangirchar, einem der 5000 Slumgebiete von Dhaka, der Hauptstadt von Bangladesch. Um sich und seine Familie ernähren zu können, arbeitet er hart und zieht jeden Tag der Woche seine Rikscha durch die engen Straßen des Viertels. Starke Umweltverschmutzung und schlechte hygienische Lebensbedingungen sind hier – so wie in allen anderen Slums weltweit – der ideale Nährboden für Durchfall- und Atemwegserkrankungen. Untersuchungen von Ärzte ohne Grenzen haben gezeigt, dass über 50 Prozent der Kinder in Kamrangirchar an chronischer Mangelernährung leiden. 

„Die Menschen hier sind arm, sie kämpfen darum, ihre grundlegenden Bedürfnisse erfüllen zu können“, erzählt Khurshed. „Die Menschen hier verdienen so wenig, dass sogar das Kaufen von Kleidung zum Wechseln zu einer großen Herausforderung wird. Medizinische Behandlung, Nahrungsmittel oder Medikamente zu bekommen und die Versorgung bei Krankheit stellen große Probleme dar.“

Gewalt ist Alltag

Slumbewohnerinnen und –bewohner müssen sich oft an das Leben in Armut in Gegenden mit viel Gewalt und hoher Kriminalität anpassen. Dina lebt im Slum Martissant in Port-au-Prince. Seit sie vergewaltigt wurde leidet sie an schlimmen Albträumen und Panikattacken. „Die Gegend in der ich lebe ist sehr benachteiligt. Überall herrscht ein Klima der Gewalt. Es ist gefährlich, abends hinaus zu gehen“, erzählt sie.

In Martissant kommen häufig Vergewaltigungen unter Waffengewalt vor. Laut einer Studie von Ärzte ohne Grenzen aus dem Jahr 2009, war Gewalt – vor allem Schießereien und häusliche Gewalt – die Haupttodesursache von Erwachsenen in Martissant (23 Prozent aller Todesfälle in der Gegend). 2010 behandelten die medizinischen Teams von Ärzte ohne Grenzen über 3000 Traumaopfer.

Weltweite Projekte von Ärzte ohne Grenzen

Während der letzten Jahrzehnte hat Ärzte ohne Grenzen auf die Gesundheitsprobleme in Städten auf verschiedene Arten reagiert. Einige Beispiele: Versorgung gefährdeter Migrantinnen und Migranten in Johannesburg, die Behandlung von HIV-Patientinnen und-Patienten in den benachteiligtesten Vierteln Nairobis oder Hilfe für Flutopfer in den Straßen Karatschis. In vielen dieser Slums ist Ärzte ohne Grenzen die einzige Organisation, die kostenlose Gesundheitsversorgung zur Verfügung stellt.

„Durch diese Arbeit im städtischen Umfeld in den letzten Jahrzehnten hat Ärzte ohne Grenzen miterlebt, wie eine wachsende städtische Bevölkerung auch einen erhöhten Bedarf an humanitärer Hilfe in Slum-Umgebungen geschaffen hat“, sagt De Filippi. „Ärzte ohne Grenzen hat daraufhin die Ressourcen erhöht, um die Arbeit in solchen Gebieten zu verstärken und betreibt nun Projekte in über 20 Städten weltweit.“

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