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Unterernährung bei Kindern: Bessere Qualität der internationalen Nahrungsmittelhilfe dringend notwendig
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Ärzte ohne Grenzen fordert die Top-Geberländer auf, nicht mehr mit zweierlei Maß zu messen und bei Ernährungskrisen keine Substandard-Nahrungsmittel für kleine Kinder mehr einzusetzen.
Genf/Wien, 14. Oktober 2010. Die Top-Geberländer der internationalen Nahrungsmittelhilfe, einschließlich der USA, Kanada, Japan und der Europäischen Union, liefern nach wie vor Substandard-Nahrungsmittel in Entwicklungsländer, obwohl wissenschaftlich nachgewiesen wurde, dass sie keine Reduktion der kindlichen Unterernährung bewirken, erklärt die internationale medizinische Hilfsorganisation Ärzte ohne Grenzen/Médecins Sans Frontières (MSF) im Vorfeld des Welternährungstages am 16. Oktober.
Unterernährung ist vermeidbar und behandelbar und betrifft dennoch 195 Millionen Kinder weltweit. Die Mehrheit dieser Kinder lebt in Regionen, in denen kein Krieg herrscht. Unterernährung ist die eigentliche Ursache für mindestens ein Drittel der acht Millionen jährlichen Todesfälle von Kindern unter fünf Jahren. Unterernährung ist nicht nur die Folge von zu wenig Nahrung: Die ersten beiden Jahre des Lebens sind ein kritisches Zeitfenster, in dem Kinder eine Ernährung benötigen, die aus hochwertigem Eiweiß, essentiellen Fettsäuren, Kohlenhydraten, Vitaminen und Mineralien besteht, um Wachstums- und Entwicklungsstörungen zu vermeiden und das Risiko, an verbreiteten Krankheiten zu sterben, zu reduzieren. Die gängige Nahrungsmittelhilfe berücksichtigt diese wesentlichen Faktoren für Wachstum und Entwicklung großteils nicht.
„Die Geberländer der Nahrungsmittelhilfe müssen den Nährstoffbedarf von kleinen Kindern in das Zentrum ihrer Politik zur Bekämpfung von Unterernährung bei Kindern stellen“ erklärt Dr. Unni Karunakara, der internationale Präsident von Ärzte ohne Grenzen. Die große Mehrheit von Ernährungsprogrammen für Kinder in Entwicklungsländern, die von der internationalen Nahrungsmittelhilfe unterstützt werden, setzen fast ausschließlich auf Getreidegemische wie Mais-Soja-Mischungen. Diese Getreidemischungen entsprechen nicht dem internationalen Standard für den Ernährungsbedarf von Kindern unter zwei Jahren.
„Nahrungsmittel, die wir nie unseren eigenen Kindern geben würden, werden als Nahrungsmittelhilfe für die schwächsten Kinder nach Subsahara-Afrika und Asien verschickt“ erklärt Karunakara. „Dieses zweierlei Maß muss aufhören.“
Länder, die Unterernährung bei kleinen Kindern erfolgreich senken konnten, einschließlich Mexiko, Thailand, USA und viele europäischen Länder – haben dies durch Programme erreicht, die sicherstellen, dass auch Babys und kleine Kinder aus den ärmsten Familien mit qualitativ hochwertigen Nahrungsmitteln wie Milch und Eiern versorgt werden. Die internationale Nahrungsmittelhilfe hält nicht mit den Fortschritten der Ernährungswissenschaften im Bereich kindliche Entwicklung mit. Im Oktober 2008 haben Ernährungsexperten der WHO zugegeben, dass Mais-Soja-Gemische zur Behandlung von unterernährten Kindern ungeeignet sind, auch weil sie die Aufnahme wichtiger Proteine und anderer Nährstoffe hemmen, die für die Genesung eines unterernährten, kleinen Kindes wesentlich sind.
„Trotz eines Konsens auf internationaler Ebene, was den idealen Nährstoffgehalt von Nahrungsmitteln für unterernährte Kinder betrifft, subventionieren die Geberländer nach wie vor ein Universal-Produkt, von dem wir wissen, dass es diesen Standard nicht erreicht und das Risiko, an Mangelernährung zu sterben, nicht senkt“ erklärt Dr. Susan Sheperd, Ernährungsexpertin von Ärzte ohne Grenzen. „Wir haben Riesen-Fortschritte darin erzielt, Kinder vor Unter- und Mangelernährung zu schützen. Kein Kind sollte sich am Rande des Todes befinden, um Zugang zu den Nahrungsmitteln zu haben, das es braucht, um zu wachsen und sich gut zu entwickeln.“
Die medizinischen Teams von Ärzte ohne Grenzen sind weltweit immer wieder mit den verheerenden Folgen von Unterernährung konfrontiert. 2009 hat Ärzte ohne Grenzen 250.000 Kinder in 116 Programmen in 34 Ländern behandelt, die unter akuter Mangelernährung litten. Ärzte ohne Grenzen hat daher die internationale Kampagne „Starved for Attention“ gestartet, um die größten Geberländer der internationalen Nahrungsmittelhilfe - einschließlich die USA, Kanada, die Europäische Union und Japan – dazu aufzurufen, adäquate Nahrungsmittel und Ressourcen für Ernährungsprogramme in jenen Ländern zur Verfügung zu stellen, die am stärksten von Unterernährung betroffen sind. Ärzte ohne Grenzen/Médecins Sans Frontières (MSF) versendet Briefe an diese Regierungen und ruft darin zu einer Reform ihrer Nahrungsmittelhilfe auf. Zehntausende Unterstützer haben außerdem bereits die Petition auf www.starvedforattention.org unterzeichnet, die den Staats- und Regierungschefs vor dem G8-Gipfel in Frankreich 2011 überreicht werden soll.