Tuberkulose: Neue Medikamente allein sind nicht genug

30.10.2013
Anlässlich der Weltkonferenz zur Lungengesundheit fordert Ärzte ohne Grenzen neue Ansätze im Kampf gegen medikamentenresistente Tuberkulose.
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Wendy Marijnissen
Dushanbe, Tadschikistan, 17.09.2013: Sarbinos, eine 17-jährige Patientin des pädiatrischen Tuberkuloseprogramms im Krankenhaus Dushanbe.

Wien/Paris, am 30. Oktober 2013. Der Herausforderung, welche die Ausbreitung medikamentenresistenter Formen von Tuberkulose (DR-TB) weltweit darstellt, kann nur mit neuen Ansätzen für Forschung und Entwicklung sowie mit neuen Mechanismen zur Preisgestaltung begegnet werden. Ohne diese wird es keine besseren Behandlungsregime gegen DR-TB geben, warnt die internationale Hilfsorganisation Ärzte ohne Grenzen/Médecins Sans Frontières (MSF) zum heutigen Auftakt der Weltkonferenz zur Lungengesundheit in Paris.

Das neue Medikament Bedaquilin, das zum Jahreswechsel als erstes Arzneimittel seit 50 Jahren auf den Markt kam, ist zwar ein Meilenstein – für die Behandlung von DR-TB werden aber neue Kombinationspräparate zu niedrigeren Preisen benötigt. Bis es diese gibt muss die Behandlung mit den gegebenen Möglichkeiten deutlich ausgebaut werden. 

 

Appell an Österreichs neue Regierung

 

Damit der Kampf gegen Tuberkulose und speziell gegen die medikamentenresistenten Formen der Krankheit fortgeführt und verstärkt werden kann, fordert Ärzte ohne Grenzen säumige Länder wie Österreich auf, den Globalen Fonds zur Bekämpfung von Aids, Tuberkulose und Malaria zu unterstützen. Der Globale Fonds ist das wichtigste weltweite Instrument gegen Tuberkulose. „Am 3. Dezember findet in Washington die vierte Konferenz zur Aufstockung des Globalen Fonds statt. Wir rufen die neue österreichische Bundesregierung dringend dazu auf, diese Möglichkeit, die globalen Bemühungen gegen Tuberkulose zu unterstützen, wahrzunehmen“, fordert Reinhard Dörflinger, Präsident von Ärzte ohne Grenzen Österreich. Während andere vergleichbare Länder den Globalen Fonds regelmäßig mit zwei- bis dreistelligen Millionenbeträgen unterstützen, hat Österreich bisher nur eine einmalige Zahlung von 1 Million US-Dollar im Jahr 2001 geleistet. „Angesichts der 15 Milliarden Dollar, die der Globale Fonds für die nächsten drei Jahre benötigt, um die am stärksten betroffenen Länder zu unterstützen, ist das völlig unangemessen“, so Dörflinger.

 

Schwierige Behandlung

 

Philipp Frisch, der Koordinator der Medikamentenkampagne von Ärzte ohne Grenzen in Deutschland, zu den größten Herausforderungen im Kampf gegen medikamentenresistente Tuberkulose: „Es gibt aktuell zwar Hoffnung auf ein besseres Behandlungsregime für DR-TB-Patienten, doch wir wissen noch nicht, wie genau wir die neuen Medikamente verwenden können. Die Menschen, die heute betroffen sind, brauchen aber umgehend Hilfe und bezahlbare Medikamente. Und die Länder, in denen die Patienten leben, brauchen Unterstützung; zum Beispiel durch einen voll finanzierten Globalen Fonds.“

Die Weltgesundheitsorganisation WHO schätzt, dass weniger als 20 Prozent der weltweiten Fälle von DR-TB diagnostiziert und behandelt werden. Die derzeitige Behandlung ist lang, mühsam, teuer und hat eine Heilungsrate von nur 50 Prozent.

Für bessere Behandlungsregime braucht es einen Paradigmenwechsel in der Forschungspolitik. „An die Stelle des bislang vorherrschenden Silodenkens der Industrie müssen Formen der Zusammenarbeit in allen Forschungsphasen treten“, fordert Frisch. Dazu braucht es ein massives Engagement der globalen Forschungsgemeinschaft, sowie eine deutliche Erhöhung der öffentlichen Mittel. Gleichzeitig müssen neue Behandlungsformen erschwinglich sein. Das neue Medikament Bedaquilin kostet heute in Ländern mit mittlerem Einkommen – von denen einige zu den am stärksten von DR-TB betroffenen zählen – 3.000 US-Dollar für eine 6-monatige Behandlung. Und Bedaquilin ist nur einer von mehreren für eine wirksame Behandlung von DR-TB erforderlichen Wirkstoffe.

Ärzte ohne Grenzen hat im vergangenen Jahr 29.000 Tuberkulose-Patienten in 30 Ländern und 1.780 Patienten mit medikamentenresistenter TB (DR-TB) in 18 Ländern behandelt.