Syrien: Medizinische Hilfe zwischen drei Frontlinien

26.03.2015
Die syrische Stadt Anadan liegt nahe Aleppo und befindet sich zwischen drei Frontlinien. Krankenhausdirektor Dr. Hassan Hamsho erklärt, wie im von Rebellen kontrollierten Gebiet die medizinische Versorgung aufrechterhalten wird.

Die syrische Stadt Anadan liegt nahe Aleppo und befindet sich zwischen drei Frontlinien. Dr. Hassan Hamsho ist der Direktor des Krankenhauses in Anadan und erklärt, wie im von Rebellen kontrollierten Gebiet die medizinische Versorgung aufrechterhalten wird. Ärzte ohne Grenzen unterstützt das Spital mit Medikamenten und medizinischem Material.

„Die Stadt Anadan und unser Krankenhaus hier liegen 13 Kilometer nordwestlich von Aleppo zwischen drei Frontlinien. Das Hauptproblem in den beiden Städten ist die schwierige Sicherheitslage. Ständig und überall kommt es zu Artilleriebeschuss, Bombardements und Raketenangriffen. Die Menschen sind terrorisiert.

Das zweite Problem betrifft die Wirtschaftslage. Früher haben hunderte von Fabriken in Aleppo eine Menge Arbeitsplätze geschaffen. Es gab Beamte und Händler. Heute liegt die Arbeitslosigkeit bei 90 Prozent. Die Menschen können nicht mehr die Dinge tun, die sie früher taten, als die Lage noch normal war.

Augenarzt genauso wichtig wie ein Chirurg

Am Anfang mussten wir keine spezialisierte medizinische Hilfe anbieten. Wir behandelten nur die Verletzten in Feldspitälern – denn sie wären verhaftet worden, hätten wir sie an öffentliche Krankenhäuser überstellt. Die Bewohner von Anadan gingen in die Gebiete, die von der Regierung kontrolliert wurden, um klassische medizinische Probleme behandeln zu lassen. Doch das wurde zur Unmöglichkeit. Für die Menschen ist ein Augenarzt oder ein anderer Spezialist genauso wichtig wie ein Chirurg. Doch jetzt ist die Region völlig isoliert und es dauert fünf oder sechs Stunden, um nach Aleppo zu kommen. Du musst einen riesigen Umweg in Kauf nehmen, um das Regierungsgebiet zu umfahren, und es ist sehr gefährlich.

Ich begann meine medizinische Arbeit, nachdem ich 74 Tage lang in einem Gefängnis des Geheimdienstes eingesperrt war. Ich wurde am 21. August 2011 verhaftet – man warf mir vor, ich hätte Demonstrationen organisiert. Danach wurde mir klar, dass sich die Dinge nicht zum Positiven hin entwickelten. Also bauten einige von uns ein Feldspital in einem privaten Haus auf, inklusive Operationssaal und Notaufnahme.

Krankenhäuser niedergebrannt und bombardiert

Als das Militär am 5. April 2012 in Anadan einmarschierte, brannten sie das Krankenhaus nieder. Wir eröffneten ein anderes, das wiederum bombardiert wurde. Danach bauten wir eines für zwei Monate außerhalb der Stadt auf. Schlussendlich eröffneten wir am 2. Jänner 2013 ein Spital in einem unfertigen Haus – mit drei Operationssälen, zwei Notaufnahmen und zwei Stationsräumen mit je elf Betten.

Heute haben wir eine Station für Gynäkologie und Geburtshilfe, eine Kardiologie, eine Notfallstation und drei Operationssäle wo wir allgemeine und orthopädische Eingriffe durchführen können. Wir haben auch eine Klinik, wo Patienten und Patientinnen ambulant behandelt werden können, und einen Augenarzt. Mit Radiologie, Labor, Apotheke und vier Räumen mit je drei Betten für die postoperative Betreuung können wir viele medizinische Bedürfnisse abdecken.

Aber wir haben zum Beispiel keine normale Heizung! Wir arbeiten nur mit ein paar Kerosin-Heizgeräten."

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