Nigeria: Kinder mit Bleivergiftungen benötigen sofortige Behandlung

11.06.2010
Bereits 50 Kinder in Behandlung

Im Nordwesten Nigerias behandeln Ärzte ohne Grenzen und die nigerianischen Gesundheitsbehörden 50 an Bleivergiftung erkrankte Kinder. Die Vergiftungen, die durch lokale Praktiken in den Minen verursacht wurden, sind bislang für zwei Dörfer bestätigt - für vier weitere Dörfer besteht Verdacht, womit bis zu 10.000 Menschen betroffen wären.

"Das ist eine beispiellose und tragische Situation. In einem Dorf sind im vergangenen Jahr 30 Prozent der Kinder unter fünf Jahren gestorben. Eine auf längere Sicht koordinierte, groß angelegte Notfallreaktion ist nötig, um sicherzustellen, dass die kontaminierten Dörfer gesäubert werden. Die Bedürftigsten müssen die dringend benötigte Behandlung erhalten und effektive Gesundheitsaufklärung muss gewährleisten, dass Wohngebiete nicht erneut verseucht werden", erklärt Lauren Cooney, Notfallkoordinatorin von Ärzte ohne Grenzen in Nigeria.

Die Bleivergiftungen resultieren aus den Praktiken der lokalen Bevölkerung, die in geringem Umfang aus Bleierz Gold extrahiert. Dabei wird das Bleierz zerstoßen und getrocknet. Bei der Zerkleinerung entsteht Staub, der große Mengen Blei enthält. Die Dorfbewohner führen die Trocknung oft in ihren Hütten durch. Das erhöht das Risiko, dass Kinder eine Bleivergiftung davontragen. Kinder unter fünf Jahren sind am meisten gefährdet, weil sie ein geringes Körpergewicht haben und sich in einer entscheidenden Phase des Wachstums und der Gehirnentwicklung befinden.

Bleivergiftungen können schwerwiegende Folgen haben und zum Tod führen

Von der Vergiftung ist aber die gesamte Bevölkerung betroffen, die dem Staub ausgesetzt ist, der bei der Zerkleinerung entsteht. Zudem sickert er anschließend in die Erde und in Wasserquellen. Bleivergiftungen können zu Appetitverlust, Anämie, Schwäche und Nierenschäden führen. Die Betroffenen leiden an schwerwiegende Folgen wie Krämpfen oder Bewusstlosigkeit und können schließlich sterben.

Ärzte ohne Grenzen hat in Zusammenarbeit mit den lokalen Gesundheitsbehörden ein Behandlungszentrum eingerichtet, das sich in sicherer Entfernung zum kontaminierten Gebiet befindet. Seit Anfang Juni wurden dort 50 Kinder eingeliefert - es wird erwartet, dass mindestens 100 Kinder in der Einrichtung aufgenommen werden. Stillende Mütter werden ebenfalls behandelt, da Kinder das Blei über die Muttermilch aufnehmen. Die Behandlung erfolgt über ein Medikament, das das Schwermetall im Blut des Patienten bindet. Es wird anschließend mit dem Urin ausgeschieden. Die Behandlung dauert 28 Tage - in extremen Fällen muss sie mehrmals wiederholt werden.

Ärzte ohne Grenzen arbeitet daran, ein zweites Behandlungszentrum aufzubauen, um auch Kinder aus anderen betroffenen Dörfern behandeln zu können. Zudem arbeiten unsere Teams an einer Aufklärungskampagne, um die Bevölkerung über die Gefahren der Goldextraktion und das Behandlungsprogramm von Ärzte ohne Grenzen zu informieren. Die Informationskampagne ist sehr wichtig, um zu verhindern, dass sich die Menschen erneut vergiften.