„Meinem Baby steht ein Leben in Not bevor.“

23.02.2017
In den Flüchtlingslagern im Nordwesten Tansanias leben mehr als 290.000 Menschen - die meisten von ihnen flohen vor den Unruhen im benachbarten Burundi. So wie Aisha und ihre Familie...
Eleanor Weber Ballard/MSF
Kigoma, Tansania, 07.01.2017: Das Leben im Flüchtlingslager ist hart, die Menschen sind mit zahlreichen Schwierigkeiten in Sachen Unterkunft, Hygiene, Nahrung und Wasser konfrontiert.

In den Flüchtlingslagern der Region Kigoma im Nordwesten Tansanias leben mehr als 290.000 Menschen. Die meisten von ihnen sind aus dem benachbarten Burundi hierher geflüchtet. Jeden Tag kommen weitere Flüchtlinge über die burundische Grenze nach Tansania – allein im Januar waren es laut UNHCR nahezu 19.000. Eine der Betroffenen gibt Einblick in das Leben im Lager und die Schwierigkeiten, mit denen sie dort konfrontiert ist.

Hygienemängel und Überfüllung, insbesondere in den beengten Massenunterkünften für Neuankömmlinge, sorgen für gesundheitliche Probleme wie Durchfall, Atemwegsinfektionen und Hauterkrankungen. Besonders anfällig für Krankheiten sind dabei Kinder sowie werdende und junge Mütter. Eine der größten Gefahren für die Bewohner ist Malaria, die sich insbesondere zur Regenzeit verbreitet, wenn stehendes Wasser zur perfekten Brutstätte für Moskitos wird. Allein im Januar 2017 hat Ärzte ohne Grenzen über 31.200 Malariatests durchgeführt und die 16.812 positiv getesteten Patienten gegen die Tropenkrankheit behandelt.

Eleanor Weber Ballard/MSF
Aisha (23) lebt mit ihrem Mann und zwei Kindern im Flüchtlingslager Nduta.

"Welche Hoffnung bleibt schon einem Kind, das in einem Flüchtlingslager geboren ist?"

Die 23-jährige Aisha und ihr Ehemann leben mit ihren zwei Kindern im Flüchtlingslager Nduta. Vor Kurzem hat sie in der Geburtsklinik von Ärzte ohne Grenzen im Lager ihr drittes Kind zur Welt gebracht und gehört damit zu den 3.005 Frauen, die 2016 in einer unserer Einrichtungen in Nduta entbunden haben. Aufgrund von Komplikationen bei der Geburt ist Aishas Baby zur weiteren Behandlung und Beobachtung noch im Spital.

"Ich bin voller Freude über die Geburt meines Sohnes, sorge mich aber gleichzeitig um seine Zukunft. Aufgrund von fetalem Stress während der Geburt kann er nicht richtig atmen. Er hat sich bisher weder von allein bewegt, noch geweint oder sonstige Babylaute von sich gegeben. Weil er nicht normal trinken kann, muss er außerdem über eine Sonde ernährt werden. Er ist erst fünf Tage alt und hat in seinem kurzen Leben schon so viel durchmachen müssen. Ich weiß, dass ihm ein Leben in Not bevorsteht – welche Hoffnung bleibt schon einem Kind, das in einem Flüchtlingslager geboren ist?

Wenn ich an die Zukunft denke, werde ich traurig. Ich habe weder finanzielle noch sonstige Mittel, um für mein Baby und seine beiden Geschwister zu sorgen. Ich bin jetzt seit zehn Monaten hier im Lager und Essen ist nach wie vor ein Problem. Die verteilten Lebensmittelrationen sind meistens längst aufgebraucht, bevor wir wieder Nachschub bekommen, und mir fehlen schlicht die Zutaten, um etwas Nahrhaftes zuzubereiten. Ich tue mein Bestes für die Kinder, aber sie bekommen nicht genug zu essen und es fehlt ihnen an Kleidung.

Ich hatte früher so viele Träume, die ich aber mittlerweile, so gut es geht, verdränge – ich habe hier einfach keinerlei Möglichkeiten, Pläne zu schmieden oder mir etwas aufzubauen. Ich fühle mich eingesperrt und würde gerne an einen friedlichen Ort fliehen können. Aber ich habe keine Alternativen. Wenn ich daran denke, was mir in meiner Heimat zugestoßen ist, bleibe ich lieber in Nduta. Da ich nie wieder in meine Heimat zurückkehren werde, muss ich jetzt zusehen, wie ich hier weitermachen kann."