“Mehr als 200 Babys werden hier jeden Monat geboren“

02.03.2010
Geburtshilfe in einem Land mit hoher Mütter- und Neugeborenensterblichkeit
Burundi 2009
Sune Juul-Sorensen
Burundi, 30.11.2009: Burundi 2009: Im Zentrum für Geburtshilfe in Kabezi bietet Ärzte ohne Grenzen kostenlose Vorsorge während der Schwangerschaft sowie Geburtshilfe an.

Schwangerschaft und Geburt sind in Burundi mit großen Risiken verbunden. Die Mütter- und Säuglingssterblichkeitsraten sind hoch. Laut Weltgesundheitsorganisation liegt die Müttersterblichkeit bei 1.100 von 100.000 Lebendgeburten, die Neugeborenensterblichkeit bei 41 von 1.000. Ärzte ohne Grenzen betreibt deshalb seit 2009 in Kabezi, einer Stadt südlich der Hauptstadt Bujumbura, ein Zentrum für Geburtshilfe. Hier erhalten Frauen während Schwangerschaft und Geburt kostenlose medizinische Versorgung. Im Durchschnitt 250 Frauen werden hier im Monat behandelt.

"Mehr als 200 Babys kommen hier jeden Monat zur Welt. Das Ziel des Projekts ist es, die Muttersterblichkeit zu verringern", erklärt Ann van Haver, die als Hebamme für Ärzte ohne Grenzen arbeitet. "In den meisten Fällen sterben werdende Mütter an Komplikationen während der Geburt oder in der ersten Woche danach."

Im Zentrum können verschiedene Komplikationen behandelt werden und dort kommen auch einige Frühgeburten zur Welt. "Für Frühgeburten wird unter anderem die Känguru-Methode angewendet, bei der die Kinder eng an die Brust der Mutter gebunden werden. Der Körperkontakt wärmt das Baby, was praktisch einen Brutkasteneffekt hat. Gleichzeitig wirkt das auf das Kind beruhigend und regt die Milchproduktion an", fügt Ann van Haver hinzu.

Ambulanzen stehen rund um die Uhr bereit

Das Zentrum in Kabezi bietet Hilfe für eine Bevölkerung von 600.000 Menschen an. Die Frauen werden von ihren lokalen Gesundheitszentrum mit Ambulanzfahrzeugen von Ärzte ohne Grenzen, die 24 Stunden am Tag bereitstehen, nach Kabezi gebracht. Wegen der schlechten Straßen können einige entlegene Gesundheitszentren nach Einbruch der Dunkelheit nicht erreicht werden. Stattdessen werden Frauen mit einem Risiko für Komplikationen in ein nahe gelegenes Gesundheitszentrum mit stationärer Aufnahme gebracht, so dass sie bei Komplikationen leicht nach Kabezi verlegt werden können.

Eine mögliche Auswirkung von unbehandelten Komplikationen während der Geburt sind Fisteln. Sie entstehen, wenn eine Schwangere über lange Zeit - manchmal sogar Tage - in den Wehen liegt. Der Druck des kindlichen Kopfes führt dabei zum Absterben von Gewebe im Unterleib und damit zu einer unnatürlichen Verbindung zwischen Scheide und Blase, manchmal auch zwischen Scheide und Darm oder sogar Scheide, Blase und Darm. Betroffene Frauen können dadurch den Urin oder Stuhlgang nicht mehr kontrollieren; das heißt, sie sind inkontinent und werden so zu Außenseitern. Die geburtshilfliche Notfallversorgung von  Ärzte ohne Grenzen kann helfen, die Entstehung von Fisteln zu verhindern.

Rund 10.000 Frauen sind in Burundi von unbehandelten Fisteln betroffen und etwa 1.000 kommen jedes Jahr hinzu. Daher bietet Ärzte ohne Grenzen betroffenen Frauen operative Hilfe und organisierte im Jahr 2009 als Pilotprojekt eine chirurgische Kampagne, während der 30 Frauen operiert wurden. Der Erfolg dieser Kampagne hat Ärzte ohne Grenzen dazu bewegt, in der zentral in Burundi gelegenen Stadt Gitega eine Fistula-Klinik zu eröffnen. Dort wird ein Team mindestens 350 Frauen im Jahr behandeln. Nach einer Operation können die Frauen in ihr normales Leben zurückkehren und wieder Teil der Gesellschaft werden.

Kostenlose Behandlung für alle

Das Gesundheitssystem in Burundi leidet noch an den Konsequenzen des von 1993 bis 2006 dauernden Bürgerkriegs. Da es kein funktionierendes Referenzsystem für Notfälle gibt und weil die Frauen für medizinische Behandlungen nicht bezahlen können, erhält nur etwa die Hälfte von ihnen professionelle Unterstützung bei der Geburt. Zudem ist entsprechende Hilfe für sie nicht immer erreichbar und die Qualität oft unzureichend. Daher bietet das Projekt in Kabezi, in dem 115 burundische und acht internationale Mitarbeiter arbeiten, kostenlose Nothilfe für Frauen in der Provinz.